Machtverteilung in der Ukraine: Kommunistische Partei vor dem Aus

Wegen angeblicher Unterstützung des Separatismus in der Ostukraine hat die Regierung ein Verbot der Kommunistischen Partei (KPU) beantragt.

„Jetzt wollen sie auch noch die Kommunisten mundtot machen“: Petro Simonenko über die Regierung in Kiew. Bild: imago/IPON

BERLIN taz | An dem „nationalistisch-faschistischen Regime“, wie er die Regierung in Kiew bezeichnet, lässt der Chef der ukrainischen Kommunisten, Petro Simonenko, kein gutes Haar. Der neue Präsident Petro Poroschenko sei dabei, die gesamte Macht im Staat zu usurpieren. Die Regierung fahre eine Kampagne gegen Andersdenkende. „Jetzt wollen sie auch noch die Kommunisten mundtot machen“, sagte er vergangenen Dienstag vor Journalisten in Berlin.

Der Groll auf die neuen Machthaber in Kiew kommt nicht von ungefähr. Denn Simonenko und seinen Mitstreitern steht das Wasser bis zum Hals. Am Donnerstag wurde in Kiew die vorläufige Anhörung zu einer Klage des Justizministeriums und des Staatlichen Registrationsdienstes gegen die Kommunistische Partei der Ukraine (KPU) fortgesetzt. Verhandelt wurde über eine Aufhebung der Zulassung der Partei, was de facto einem Verbot gleichkäme.

Für die KPU, die der Russischen Kommunistischen Partei nahesteht, wäre das nicht die erste Erfahrung dieser Art. Im August 1991, nach dem gescheiterten Putsch in Moskau, wurde die KPU verboten und zwei Jahre später in der Donbass-Metropole Donezk als eigenständige ukrainische Partei wiederbegründet.

Nach dem Sturz von Präsident Wiktor Janukowitsch im vergangenen Februar wurde die Kommunistische Partei mehrfach von Unterstützern des Euromaidan angegriffen. So war die Parteizentrale in Kiew zeitweise besetzt, regionale KPU-Büros wurden verwüstet und mit Molotowcocktails in Brand gesetzt.

Einem Ausschluss der KPU-Fraktion von einer Parlamentssitzung Anfang Mai wegen angeblicher Unterstützung des Separatismus in der Ostukraine folgte am 8. Juli ein Antrag des Justizministeriums auf ein Verbot der Partei mit derselben Begründung.

Zudem, so das Ministerium, könnten auch noch einzelne Mitglieder strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Am 24. Juli – und damit zwei Tage nach einer Gesetzesänderung über die Mindeststärke einer Fraktion – erklärte Parlamentspräsident Alexander Turtschinow die KPU-Fraktion für aufgelöst. Und sagte: „Dieses ist ein historisches Ereignis. Ich hoffe, dass es im Parlament niemals mehr eine kommunistische Fraktion geben wird.“ Für Simonenko, der mehrfach im Parlament tätlich angegriffen wurde, ist klar, dass die Regierung durch das Verbot der KPU auch deren Teilnahme an den vorgezogenen Parlamentswahlen im Oktober verhindern will.

„Die wirtschaftliche Lage ist katastrophal. Wir sind die einzige Kraft, die soziale Proteste anführen könnte, doch das will die Macht nicht zulassen“, sagte er in Berlin. Die Frage, wie er nach einem etwaigen Verbot der Partei weiter vorgehen wolle, blieb unbeantwortet.

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