Machtkampf in der CSU: Seehofer vs. Söder
Beim Parteitag im November könnte es zum Showdown zwischen Horst Seehofer und Markus Söder kommen. Für beide birgt das große Risiken.
„Söder, übernehmen Sie!“ Seit Jahren wartet Bayerns Finanzminister Markus Söder auf diesen Ruf. Nach der Niederlage der CSU bei der Bundestagswahl ertönt er nun endlich – bislang nur von besonders treuen Gefolgsleuten, aber bis zum Parteitag im November könnte er lauter werden. Söder selbst gibt sich bislang bedeckt: „Wir wollen jetzt nicht persönliche Fragen klären“, sagt er im Bayerischen Rundfunk. Man müsse sich zunächst fragen, was falsch gelaufen sei. „Das kann man jetzt nicht mit einer Personalie beantworten, das muss man erst mal mit einer klugen Analyse beantworten.“
Dass Söder auf die Posten des bayerischen Ministerpräsidenten und des CSU-Chefs schielt, ist bekannt. Doch ob es für die Karriereplanung dienlich wäre, schon jetzt den Parteivorsitz zu übernehmen und 2018 als Spitzenkandidat in die Landtagswahl zu gehen, ist fraglich. Ein Einzug der AfD in den Landtag ist sehr wahrscheinlich. Für Söder wäre es praktisch, wenn dieses Wahlergebnis noch auf Seehofers Konto ginge.
In jedem Fall wird die künftige Parteiführung, die Basis wieder hinter sich scharen müssen. Ein strammrechter Kurs allein wird dafür nicht ausreichen. Das wird klar, wenn man sich zum Beispiel mit Elisabeth Koch unterhält. In Garmisch-Partenkirchen führt sie die CSU-Fraktion im Gemeinderat. Wochenlang hat sie Straßenwahlkampf gemacht, sich die Sorgen der Wähler angehört. Das desaströse Wahlergebnis der CSU führt Koch nicht nur darauf zurück, dass die Flanke zur AfD hin offen gewesen sei. Man habe ja auch Wähler an die FDP verloren. Sondern: „Wir sind nicht mehr glaubwürdig. Die Leute wissen nicht mehr, woran sie mit uns sind.“
Der nächste Vorsitzende werde es in keinem Fall leicht haben, prophezeit Ursula Münch, die Leiterin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. „Das Grundproblem der CSU ist aktuell ihre Schwesterpartei.“ Die Frage sei: Wie geht die CSU künftig mit der CDU um? Die CSU habe ihre Bedeutung in der Vergangenheit immer auch aus ihrem Einfluss im Bund gezogen. „Früher galt die CSU in Berlin mal als durchsetzungsstark. Heute ist sie die Partei, die die Maut durchgesetzt hat.“
Für Seehofer bedeutet das: Nur wenn er es schafft, sich bei den Koalitionsverhandlungen zu profilieren, wird er auf dem Parteitag überzeugen. Allzu leicht dürfte das nicht werden. „Der Hin-und-her-Kurs hat der Partei sehr geschadet“, sagt Akademiedirektorin Münch. Seehofer habe sich in eine verfahrene Situation manövriert. „Die Obergrenze ist zu etwas völlig Statischem geworden. Die CSU hat sich damit selbst den Verhandlungsspielraum genommen.“
Denkbar wäre es daher, dass Seehofer gar nicht unbedingt am Zustandekommen einer Jamaika-Koalition interessiert ist. Ein sehr gewagtes Szenario sähe so aus: Die CSU lässt Koalitions-verhandlungen an der Obergrenze scheitern und schiebt die Schuld an Neuwahlen den Parteien in die Schuhe, die sich gegen die Obergrenze gesperrt haben. Die CDU würde sodann Merkel abservieren und durch einen Kandidaten nach dem Geschmack der CSU ersetzen. Um für den nötigen Drive zu sorgen, würde Seehofer schließlich noch Karl-Theodor zu Guttenberg als CSU-Spitzenkandidat in die Bundestagswahl schicken.
Das Szenario ist nicht nur höchst spekulativ, sondern wäre zudem sehr riskant, denn am Ende könnte auch die AfD gestärkt aus der Neuwahl hervorgehen. Ein Vabanquespiel also – aber keines, das man Seehofer nicht zutrauen würde. Und am Ende könnte dann doch Söder dabei herauskommen.
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