piwik no script img

Machtkampf in VenezuelaGuaidó will Notstand erklären

Venezuelas selbsternannter Übergangspräsident will im Machtkampf die Wut auf den Stromausfall nutzen und eine Entscheidung erzwingen.

Venezualas Versorgungsprobleme: Anstehen zum Kauf von Trinkwasser in Puerto Ordaz Foto: William Urdaneta/Reuters

Caracas dpa | Nach dem tagelangen Stromausfall in Venezuela will der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó den Notstand erklären lassen. Am Montag sollten die Abgeordneten des Parlaments auf einer außerordentlichen Sitzung den Nationalen Notstand erklären. „Wir können nicht den Blick verschließen vor der Tragödie, die unser Land erlebt“, sagte Guaidó am Sonntag.

Der Notstand soll den Weg für internationale Hilfe ebnen. Allerdings hätte die Erklärung zunächst wohl vor allem symbolische Bedeutung. Zwar sehen viele Länder die Nationalversammlung als einzige demokratisch legitimierte Institution des Landes an. Jedoch hat Staatschef Nicolás Maduro das von der Opposition kontrollierte Parlament entmachten und dessen Kompetenzen auf die regierungstreue Verfassungsgebende Versammlung übertragen lassen.

Teile des Landes sind bereits seit Donnerstag von der Elektrizitätsversorgung abgeschnitten. Zahlreiche Geschäfte blieben wegen des Stromausfalls geschlossen, in Caracas funktionierte die Metro nicht, am internationalen Flughafen fielen zahlreiche Flüge aus. Am Montag sollten Beamte, Arbeiter und Schüler erneut zu Hause bleiben.

Guaidó bat unter anderem Deutschland um technische Hilfe und Beratung. „Im Einklang mit meinen Befugnissen als Übergangspräsident habe ich mich mit Energieexperten in Deutschland, Brasilien, Japan und Kolumbien in Verbindung gesetzt, um sie um technische Unterstützung zu bitten und einen Ausweg aus der Krise zu finden“, sagte Guaidó.

Streit um Ursachen des Stromausfalls

Nach Angaben der Opposition hatte ein Buschfeuer nahe einer wichtigen Hochspannungsleitung das Stromnetz kollabieren lassen. Daraufhin schalteten sich die Turbinen im Wasserkraftwerk Guri ab. Die sozialistische Regierung von Maduro hingegen machte einen von den USA geplanten Cyberangriff für den Stromausfall verantwortlich.

„Die Beratungen mit Deutschland und Japan haben es uns erlaubt, einen Plan zu entwerfen, um die Venezolaner aus der Dunkelheit zu holen“, sagte Guaidó.

Er dürfte nun versuchen, die Wut vieler Venezolaner über den Stromausfall zu nutzen, um seiner Bewegung im Machtkampf mit Maduro neuen Schwung zu verleihen. Demnächst will er Regierungsgegner aus dem ganzen Land auf einen Marsch nach Caracas führen.

Gleichzeitig rief der selbst ernannte Interimspräsident das Militär erneut dazu auf, seine Gegenregierung zu unterstützen. „Männer der Streitkräfte: Es ist an der Zeit, das Volk zu beschützen“, sagte Guaidó.

Bislang halten die Soldaten Maduro noch die Treue. „Das Militär kann nicht länger Komplize des Thronräubers im (Präsidentenpalast) Miraflores sein. Sie können ihn nicht weiter verstecken, weil es mit ihm keine Lösung gibt“, sagte Guaidó.

Buhlen ums Militär

Nach Einschätzung der USA verhandelt das Militär längst hinter den Kulissen mit der Opposition über einen Seitenwechsel. „Es gibt zahlreiche Gespräche zwischen Mitgliedern des Parlaments und des Militärs in Venezuela. Gespräche darüber, was kommen wird, wie sie die Opposition unterstützen können“, sagte der US-Sicherheitsberater John Bolton am Sonntag in einem Interview des Fernsehsenders ABC.

Am Sonntag bekräftigte der venezolanische Verteidigungsminister Vladimir Padrino López allerdings noch einmal seine Loyalität zu Maduro. Auf Befehl des Präsidenten seien seine Soldaten im ganzen Land ausgeschwärmt, um nach dem Stromausfall das Elektrizitätsnetz des südamerikanischen Landes zu beschützen, sagte er.

Das Militär ist der entscheidende Faktor in dem seit Wochen wogenden Machtkampf in Venezuela: Zwar haben zahlreiche Länder, darunter die USA und Deutschland, Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt. Allerdings ist es dem 35-Jährigen bislang nicht gelungen, Staatschef Maduro wirklich gefährlich zu werden. Sollten sich die Soldaten tatsächlich auf seine Seite schlagen, würden die Karten neu gemischt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare