Machtkampf in Venezuela: Guaidó will Notstand erklären
Venezuelas selbsternannter Übergangspräsident will im Machtkampf die Wut auf den Stromausfall nutzen und eine Entscheidung erzwingen.
Der Notstand soll den Weg für internationale Hilfe ebnen. Allerdings hätte die Erklärung zunächst wohl vor allem symbolische Bedeutung. Zwar sehen viele Länder die Nationalversammlung als einzige demokratisch legitimierte Institution des Landes an. Jedoch hat Staatschef Nicolás Maduro das von der Opposition kontrollierte Parlament entmachten und dessen Kompetenzen auf die regierungstreue Verfassungsgebende Versammlung übertragen lassen.
Teile des Landes sind bereits seit Donnerstag von der Elektrizitätsversorgung abgeschnitten. Zahlreiche Geschäfte blieben wegen des Stromausfalls geschlossen, in Caracas funktionierte die Metro nicht, am internationalen Flughafen fielen zahlreiche Flüge aus. Am Montag sollten Beamte, Arbeiter und Schüler erneut zu Hause bleiben.
Guaidó bat unter anderem Deutschland um technische Hilfe und Beratung. „Im Einklang mit meinen Befugnissen als Übergangspräsident habe ich mich mit Energieexperten in Deutschland, Brasilien, Japan und Kolumbien in Verbindung gesetzt, um sie um technische Unterstützung zu bitten und einen Ausweg aus der Krise zu finden“, sagte Guaidó.
Streit um Ursachen des Stromausfalls
Nach Angaben der Opposition hatte ein Buschfeuer nahe einer wichtigen Hochspannungsleitung das Stromnetz kollabieren lassen. Daraufhin schalteten sich die Turbinen im Wasserkraftwerk Guri ab. Die sozialistische Regierung von Maduro hingegen machte einen von den USA geplanten Cyberangriff für den Stromausfall verantwortlich.
„Die Beratungen mit Deutschland und Japan haben es uns erlaubt, einen Plan zu entwerfen, um die Venezolaner aus der Dunkelheit zu holen“, sagte Guaidó.
Er dürfte nun versuchen, die Wut vieler Venezolaner über den Stromausfall zu nutzen, um seiner Bewegung im Machtkampf mit Maduro neuen Schwung zu verleihen. Demnächst will er Regierungsgegner aus dem ganzen Land auf einen Marsch nach Caracas führen.
Gleichzeitig rief der selbst ernannte Interimspräsident das Militär erneut dazu auf, seine Gegenregierung zu unterstützen. „Männer der Streitkräfte: Es ist an der Zeit, das Volk zu beschützen“, sagte Guaidó.
Bislang halten die Soldaten Maduro noch die Treue. „Das Militär kann nicht länger Komplize des Thronräubers im (Präsidentenpalast) Miraflores sein. Sie können ihn nicht weiter verstecken, weil es mit ihm keine Lösung gibt“, sagte Guaidó.
Buhlen ums Militär
Nach Einschätzung der USA verhandelt das Militär längst hinter den Kulissen mit der Opposition über einen Seitenwechsel. „Es gibt zahlreiche Gespräche zwischen Mitgliedern des Parlaments und des Militärs in Venezuela. Gespräche darüber, was kommen wird, wie sie die Opposition unterstützen können“, sagte der US-Sicherheitsberater John Bolton am Sonntag in einem Interview des Fernsehsenders ABC.
Am Sonntag bekräftigte der venezolanische Verteidigungsminister Vladimir Padrino López allerdings noch einmal seine Loyalität zu Maduro. Auf Befehl des Präsidenten seien seine Soldaten im ganzen Land ausgeschwärmt, um nach dem Stromausfall das Elektrizitätsnetz des südamerikanischen Landes zu beschützen, sagte er.
Das Militär ist der entscheidende Faktor in dem seit Wochen wogenden Machtkampf in Venezuela: Zwar haben zahlreiche Länder, darunter die USA und Deutschland, Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt. Allerdings ist es dem 35-Jährigen bislang nicht gelungen, Staatschef Maduro wirklich gefährlich zu werden. Sollten sich die Soldaten tatsächlich auf seine Seite schlagen, würden die Karten neu gemischt.
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