Machtkampf in Venezuela: Guaidó plant Marsch auf Caracas
Der selbsternannte Interimspräsident erhöht den Druck auf Staatschef Maduro. Guaidó ruft Regierungsgegner aus ganz Venezuela auf, in die Hauptstadt zu kommen.
„Es kommen harte Tage auf uns zu. Das Regime wird versuchen, uns zu spalten“, sagte er bei einer Kundgebung in der venezolanischen Hauptstadt. „In diesem Kampf ist es fundamental, dass wir weiter auf die Straße gehen.“ In den kommenden Tage wolle er mit oppositionellen Abgeordneten durch das Land ziehen und in der Provinz die Menschen für einen Marsch auf Caracas gewinnen.
„Die Eroberung der Räume wird friedlich, verfassungsgemäß und geordnet sein“, schrieb er auf Twitter. Allerdings machte er auch deutlich, dass die Zeit für den „falschen Dialog“ abgelaufen sein. In den vergangenen Jahren hatten Regierung und Opposition mehrfach versucht, die Krise mit Gesprächen beizulegen. Die Verhandlungen verliefen aber stets im Sande.
Guaidó hatte sich bereits am 23. Januar selbst zum Interimspräsidenten erklärt und damit den in einer umstrittenen Abstimmungen wiedergewählten Staatschef Maduro offen herausgefordert. Zwar erkennen zahlreiche Länder Guaido mittlerweile als rechtmäßigen Übergangspräsidenten an, allerdings konnte er auch wegen der Treue des Militärs zu Maduro in Venezuela selbst noch keine echte Machtposition aufbauen.
Machtfrage wird auf der Straße entschieden
Der wochenlange Machtkampf lähmt das Land, zuletzt wurde der Krisenstaat zudem von einem massiven Stromausfall lahmgelegt. Teile des Landes waren seit Donnerstagabend von der Elektrizitätsversorgung abgeschnitten. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Médicos por la Salud (Mediziner für die Gesundheit) starben während des Stromausfalls in den Krankenhäusern des Landes mindestens 17 Patienten. Guaidó hatte zuvor sogar von mindestens 79 Todesopfern gesprochen.
Die Regierung machte einen von den USA geplanten Cyberangriff auf die Energieversorgung des Landes für den Stromausfall verantwortlich. Außerdem seien die Elektrizitätswerke von Regierungsgegnern infiltriert worden. „Wir befinden uns in schwierigen Zeiten“, sagte Staatschef Maduro am Samstag. „Aber wir haben in den vergangenen Jahren bereits große Herausforderungen gemeistert, mit revolutionärem Mut werden wir auch diese schaffen.“
Seine Anhänger marschierten durch die Innenstadt zum Präsidentenpalast Miraflores. „Wir sind ein Volk, das Widerstand leistet. Deshalb werden wir die Schwierigkeiten hinter uns lassen“, sagte Außenminister Jorge Arreaza auf der Kundgebung. Der Präsident der regierungstreuen Verfassungsgebenden Versammlung, Diosdado Cabello, beschwor den Zusammenhalt zwischen der Bevölkerung und den Streitkräften. „Diese Einheit wird jeden Tag stärker“, sagte er.
Guaidó sicherte sich bereits internationale Unterstützung, hat Zugang zu Auslandskonten und versucht immer wieder, das Militär auf seine Seite zu ziehen. Doch die Machtfrage wird letztlich auf den Straßen von Caracas entschieden. Um Maduro in die Knie zu zwingen, muss er den Druck erhöhen.
Der Ärger vieler Venezolaner über die Stromausfälle könnte ihm dabei in die Karten spielen. „Damit die Finsternis, der Hunger und das Elend enden, muss die unrechtmäßige Machtübernahme aufhören“, sagte er bei der Kundgebung.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott