Macher von „Drømmer“: Dag Johan Haugerud liebt Bilder wie auch Bücher
Der Berlinale-Gewinner Dag hat auch Romane veröffenticht. Sein Film „Träume“ ist feministisch und queer, ohne offensiv politisch zu sein.
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taz |
„Drømmer“ heißt der Film, Träume zu deutsch, dessen Hauptrollen alle weiblich besetzt sind und in dem Männer kaum Sprechrollen haben. Im Zentrum der Erzählung stehen neben Johanne noch ihre Mutter und ihre Oma, die irgendwann ebenfalls Johannes eigentlich bloß für sich selbst geschriebenes literarisches Debüt lesen und, nach anfänglicher Verstörung, als literarisches Werk zu diskutieren beginnen. Sexualität, Emanzipation und Feminismus spielen in ihren Gesprächen eine wichtige Rolle, werden aus Sicht der unterschiedlichen Generationen aber völlig verschieden eingeschätzt.
Ein klassischer, zugleich sehr aktueller Film, der politisch ist, ohne dabei offensiv politisch aufzutreten. Dass die Lehrerin als Figur mit Migrationsgeschichte angelegt ist, sieht man zwar zum Beispiel – es spielt ansonsten aber keine weitere Rolle für die Handlung. Der Regisseur Dag Johan Haugerud bekam für seinen Beitrag im Wettbewerb der Berlinale am Sonnabend den Goldenen Bären für den besten Film verliehen.
Ein Newcomer und doch nicht unbekannt
Wer ist Dag Johan Haugerud? Im vergangenen Jahr auf der Berlinale äußerten sich viele Filmkritiker sehr anerkennend über einen Film mit zwei Schornsteinfegern als Hauptfiguren, die viel über Sex sprechen. „Sex“ hieß er denn auch folgerichtig und bildete für Dag Johan Daugerud den Auftakt zu einer Trilogie, die auf Deutsch mit dem Zusatz „Oslo Stories“ im Titel eine Klammer bildet. Der zweite Teil, „Kjærlighet“ (Love), lief im vergangenen September im Wettbewerb von Venedig, mit „Drømmer“ folgte jetzt der Abschluss. Alle drei Filme sollen im Frühling in Deutschland ins Kino kommen.
Zuvor hatte man von Dag Johan Haugerud hierzulande nicht viel zu sehen bekommen, dabei ist er alles andere als ein Newcomer. Der 60-Jährige ist in Norwegen nicht allein als Filmemacher bekannt, sondern auch als Schriftsteller. Den Auftakt für seine Laufbahn als Filmemacher bildete der vierminütige Kurzfilm „16 levende klisjeer“ aus dem Jahr 1998. Bevor er dann seine ersten abendfüllenden Filme drehte, veröffentlichte er etwa die Romane „Noe med natur“ (1999) und „Den som er veldig sterk, må også være veldig snill“ (2002). Für seine Filme „Wie du mich siehst“ (2012) und „Barn“ (2019) erhielt er in Skandinavien diverse Preise.
Haugerud ist damit in einem ganz direkten Sinn Autorenfilmer. Und er hat beruflich auch noch ganz anders mit Büchern zu tun, schließlich arbeitet er in einer Osloer Musikbibliothek. Diese Art von Unabhängigkeit hilft im Zweifel, seine eigene künstlerische Haltung zu entwickeln, ohne allzu viele Kompromisse eingehen zu müssen. Bei der Abschlussgala zeigte sich Haugerud in seiner Dankesrede gerührt und bescheiden, dazu leicht erstaunt über seine Ehrung. Und er hatte etwas zu sagen, was als Rat im Grunde für alle hilfreich sein dürfte: „Schreibt mehr und lest mehr, denn das erweitert den Geist, und das tut uns allen gut.“
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