Luxusbau an der East Side Gallery: Der Schatten hinter der Mauer
Die East Side Gallery könnte zum Gartenzaun für einen neuen Hotelbau verkommen. Eine Onlinepetition dagegen findet regen Zulauf.
„Einen sofortigen Baustopp für das Luxushotel-Projekt Pier 61|63“ sowie „keinen weiteren Teilabriss der East Side Gallery!“ fordert seit einer Woche eine von Clubcommission-Chef Sascha Disselkamp gestartete Onlinepetition. Etwa 30.000 Menschen haben bis Montagnachmittag bereits unterschrieben.
Doch gegen eine bestehende Baugenehmigung werden die Unterschriften womöglich nicht helfen. Selbst ein erneuter Hasselhoff-Einsatz verspräche wenig Hoffnung. 2013 hatte er am Grenzstreifen geträllert – dennoch wurden Teile der Mauer für den Bau des inzwischen errichteten Wohnturms „Living Levels“ demontiert.
Das jetzt geplante Gebäude soll in direkter Nachbarschaft zum Luxus-Hochhaus entstehen und, wie könnte es auch anders sein, Hotel und Eigentumswohnungen beherbergen. Also genau das, was Friedrichshain-Kreuzberg für seine gesunde Entwicklung so gar nicht braucht. Im R2G-Vertrag steht daher: „Die Koalition setzt sich für den durchgehenden Erhalt der Mauerreste und der Grünfläche im Bereich der East Side Gallery sowie für Verhandlungen mit den Investor*innen über Ausgleichsgrundstücke ein.“ Bislang jedoch geschah nichts.
Trockland kann auf sein Baurecht verweisen und einen ehemals mit Klaus Wowereit ausgehandelten Kompromiss. Für die Zusage auf einen eigenen Zugang, also einen weiteren Mauerdurchbruch, zu verzichten, gab es eine Genehmigung für zwei zusätzliche Stockwerke.
Sollte die Politik machtlos gegen verfehlte Entscheidungen der Vergangenheit bleiben, gibt es einen letzten Hoffnungsschimmer: die Eigentümer von Living Levels. Die wollen sich ihren exklusiven Standort nämlich nicht nehmen lassen und gegen den Neubau klagen. In seiner geplanten Höhe nehme ihnen dieser die Sonne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance