piwik no script img

Luxemburg bleibt Steueroase55.000 Briefkastenfirmen

Aus LuxLeaks nichts gelernt: Auf luxemburgischen Konten haben Steuerflüchtige 6,5 Billionen Euro gebunkert. Die EU-Kommission äußerte sich ausweichend.

Luxemburg ist nach wie vor eine Steueroase Foto: Vincent Isore/imago

Brüssel taz | Sieben Jahre nach dem Finanzskandal um die „LuxLeaks“ steht Luxemburg erneut am Pranger. Diesmal geht es um den Vorwurf, die „Steueroase Luxemburg“ erlaube es Großkonzernen und vermögenden Personen, Milliardengewinne in das Großherzogtum zu verschieben und Steuern zu sparen. Die Regierung Luxemburgs wies die Vorwürfe zurück, die Brüsseler EU-Kommission gab sich überrascht.

Die „LuxLeaks“ waren 2014 kurz nach Amtsbeginn des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker bekannt geworden. Sie zeigten, dass Firmen wie Apple, Amazon oder die Deutsche Bank in Luxemburg aggressive Steuervermeidungsmodelle aufgebaut hatten. Juncker und seine Behörde gelobten nach dem Skandal Besserung und führten eine „schwarze Liste“ mit Steuerparadiesen ein.

Doch auf dieser Liste stehen nur Länder außerhalb der EU. Luxemburg, die Niederlande oder Malta, die oft wegen besonders vorteilhafter Konditionen für Kleinanleger und Großkonzerne auffallen, sind nicht gelistet. Brüssel drückt bei seinen eigenen Mitgliedstaaten ein Auge zu – was nach Auffassung von Kritikern zu massiven Steuerausfällen und einer Verzerrung des Wettbewerbs führt.

Mehrere europäische Zeitungen, darunter die Süddeutsche, haben sich nun Luxemburg vorgeknöpft. Bei ihrer Recherche haben sie herausgefunden, dass 55.000 Briefkastenfirmen im Großherzogtum Anlagen im Gesamtwert von mindestens 6.500 Milliarden Euro in Sicherheit gebracht haben.

Intransparentes Transparenzregister

Diese Summe übersteigt das Bruttoinlandsprodukt Luxemburgs von 2019 um mehr als das Hundertfache. Deutschland entgingen so Steuern in Milliardenhöhe, schreibt die Zeitung. Auch Belgien blutet finanziell aus. Rund 10.000 Belgier haben der Recherche zufolge eine oder mehrere „Offshore“-Firmen in Luxemburg gegründet. Das sind doppelt so viele wie die 4.600 Deutschen, die sich im Großherzogtum tummeln.

Die Zahlen stützen sich auf ein Transparenzregister, das Luxemburg nach den „LuxLeaks“ angelegt hat. Allerdings seien die Angaben oft fehlerhaft, moniert die Süddeutsche. Darüber hinaus fänden sich etliche „fragwürdige Gestalten als Firmeneigentümer“, etwa ein Waffenhändler, der Anführer einer der größten russischen Mafia-Clans oder Menschen mit Verbindungen zur italienischen ’Ndrangheta.

Luxemburg wies die Vorwürfe „entschieden“ zurück. Die Gesetzgebung stehe „in vollem Einklang mit allen internationalen Vorschriften und Transparenzstandards“. Die Autoren von „OpenLux“ hätten „eine Reihe von unbegründeten Behauptungen“ über die luxemburgische Wirtschaft und den Finanzplatz aufgestellt. Im Übrigen habe die EU keine schädlichen Steuerpraktiken festgestellt.

Die EU-Kommission äußerte sich ausweichend. Man werde sich die Enthüllungen genau anschauen, sagte der Sprecher von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie enthielten „wichtige Elemente“, für eine Bewertung sei es aber zu früh. Die Kommission betonte, sie gehe „proaktiv“ gegen Steuervermeidung vor und verteidige international die „höchsten Standards“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Das kann ja kaum illegal sein.

    Sonst würde wohl ein Sturm der Entrüstung dieses Konstrukt mitsamt den Unterstützen und den Erhaltern und Gründern wegfegen.

    Eine auf Recht gegründete demokratisch Gesellschaft würde sich das niemals bieten lassen.

    Denn diese Machenschaft würde die Reichen auf Kosten der Steuerzahler fett machen.

  • Ich habe VOR den Panama Papers eine wissenschaftliche Hausarbeit darüber geschrieben, dass Junker als EU-Kommissar eigentlich gegen sich selbst als Luxemburgischer Staatschef hätte ermitteln müssen. Ich kam zu den selben Ergebnissen wie später in den Panama Papers: Politisch gewollter Betrug der Eliten an der Bevölkerung. Mein damaliger Dozent - ein leidenschaftlicher Transatlantiker - lies mich durchfallen, da Steuervermeidung in der EU "kein politikwissenschaftliches Thema sei". Er wollte mich aussieben. Ich war ihm zu links.

    Die Korruption hat ein Ausmaß erreicht, dass Kinder zum ersten Mal ärmer sein werden als Ihre Eltern. Ich zumindest. Die Motivation jeden Tag für einen Haufen kognitiv dissonanter Narzissten sich zehn Stunden in die Arbeit zu schleppen hält sich aber auch in Grenzen. Seien es Hedgefonds mit Milisekunden Trades, Steuervermeider, Geheimdienste mit Schwarzgeldkonten oder die Sache mit Gamestop... Wir sind triebgesteuerte Tiere. Fressen und noch mehr Fressen. Und sich dann auf "Liberalität und Legalität" berufen...

    • @Maximilian:

      Fast in jeder Staatshymne findet man Wörter wie Freiheit ...



      In unserem Land ist man für die Armut gezwungen...



      Jeder Cent wird besteuert...



      Meine Kinder sind verlorene Genaration



      mit Schulden die sie nicht freiwillig angenommen haben...

  • Ich sach's mal so: Manchmal hat eben Bewährtes auch Bestand.

    • @Rainer B.:

      Bewährt für wen?



      Steuerhinterzieher?

      • @Mainzerin:

        Genau!