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Lufthansa in der KriseTausende Stellen auf der Kippe

Trotz des Milliardenkredits vom Staat will die Airline 22.000 Stellen abbauen. Beschäftigte müssen sich auf herbe Einschnitte einstellen.

Stillgelegte Lufthansa-Maschinen auf dem Frankfurter Flughafen: 22.000 Stellen sind in Gefahr Foto: dpa

Frankfurt/Main dpa | Die Lufthansa und die Gewerkschaften ringen weiter um ein Sparpaket für die angeschlagene Fluggesellschaft. Tausende Stellen stehen auf der Kippe. Die Lufthansa bezifferte den rechnerischen Überhang auf 22.000 Vollzeitstellen, wie das Unternehmen am Mittwoch nach einem Tarifgipfel mit den Gewerkschaften Vereinigung Cockpit, Ufo und Verdi mitteilte. Zuletzt war von deutlich mehr als 10.000 Stellen die Rede. Ziel sei es, durch Kurzarbeit und Krisenvereinbarungen möglichst betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, erklärte die Lufthansa.

„Ohne signifikante Senkung der Personalkosten während der Krise verpassen wir die Chance eines besseren Restarts aus der Krise und riskieren, dass die Lufthansa Group deutlich geschwächt aus der Krise hervorgeht“, sagte Personal-Vorstand Michael Niggemann. Man setze alles daran, mit den Tarifpartnern schnell zu konkreten Ergebnissen zu kommen.

Die Lufthansa rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Sie geht davon aus, dass die Flotte der Lufthansa Group nach der Krise rund 100 Flugzeuge weniger zählen wird. Hinzu kämen Überhänge in der Verwaltung und im Drittkundengeschäft der Servicegesellschaften.

Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo betonte, sie sei bereit, bis zur außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni eine Lösung zu erreichen. Zugleich forderte sie: „Die Mitarbeiter aller Airlines des Konzerns müssen einen Kündigungsschutz bekommen und daran glauben, dass das Management endlich einen gemeinsamen Kurs geht.“ Ufo hat bislang eine Nullrunde für dieses Jahr und die Absenkung des Stundenzuschlags für besonders lange Flüge angeboten.

Piloten wollen auf Gehalt verzichten

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit bekräftigte ihre Bereitschaft zu Zugeständnissen in Höhe von 350 Millionen Euro. Für den einzelnen Piloten bedeute dies einen Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent. „Im Gegenzug erwarten wir einzig vom Konzernvorstand, dass er sich zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekennt“, erklärte VC-Präsident Markus Wahl. Eine Verwendung des Beitrags zur Auslagerung von Arbeitsplätzen zu schlechteren Bedingungen wäre völlig inakzeptabel. Zugleich appellierte Wahl an die Aktionäre, dem Rettungspaket für die Lufthansa zuzustimmen.

Die Corona-Pandemie mit den Reisebeschränkungen hatte die Geschäfte der Lufthansa mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Der Konzern benötigt daher staatliche Hilfe. Im Gegenzug für ein 9 Milliarden Euro schweres Rettungspaket einschließlich Beteiligung des Bundes an dem Unternehmen muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

Die Aktionäre müssen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni noch grünes Licht für Paket geben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr will der Hauptversammlung ein Sparkonzept präsentieren. Der Konzern, der im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingeflogen hatte, beschäftigt rund 138.000 Mitarbeiter.

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2 Kommentare

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  • "Beschäftigte müssen sich auf herbe Einschnitte einstellen."



    Puh - nochmal gut gegangen! Ich hatte schon befürchtet, dass es an die Rendite geht.

  • Wem kommt denn nun der Milliardenkredit der Bundesregierung zu gute oder wer profitiert davon?



    Den Wertverlust der Lufthansa nutzte der deutsche Multimilliardär Hans Hermann Thiele, um seinen Anteil an der Airline von 5% auf 10% aufzustocken. Weitere 60% des Unternehmens sind in der Hand sogenannter „institutioneller Investoren“, also Banken, Versicherungen und vor allem Finanzkonzernen der Wall Street – allen voran BlackRock, das zur Zeit hinter Thiele den größten Anteil am Unternehmen hält; gefolgt vom französischen Finanzkonzern Amundi, dem norwegischen Pensionsfonds und dem britischen Finanzkonzern Lansdowne Partners.

    Daran wird sich auch nach der „Rettung“ nichts grundsätzlich ändern. Der Bund begnügt sich mit einer Minderheitsbeteiligung von 20%, der Großteil der Rettungssumme wird stattdessen in Form von stillen Einlagen, einer Wandelanleihe und eines Milliardenkredits der staatlichen KfW zur Verfügung gestellt. Wirtschaftsminister Altmaier kommentierte dies mit dem unsäglichen Satz, man mache keine „Verstaatlichungsorgien“. Klar, lieber veranstaltet man milliardenschwere „Geschenkorgien“ für Großaktionäre.Die absolute Mehrheit der Anteile – und damit natürlich auch der Stimmrechte – bleibt in der Hand von Finanzkonzernen, die sich bereits die Hände in Vorfreude darauf reiben, dass die vergünstigten „Rettungsdarlehen“ des Bundes dereinst als Dividende an sie ausgeschüttet werden.