Luftangriffe in Gaza und Israel: Heftigste Eskalation seit einem Jahr
Seit Freitag fliegt Israels Armee Angriffe gegen die militante Gruppe Islamischer Dschihad. Aus dem Gazastreifen wurden 160 Raketen Richtung Israel abgefeuert.
Israels Regierungschef Jair Lapid sprach am Freitagabend von einem „präzisen Anti-Terror-Einsatz gegen eine unmittelbare Bedrohung“. Der Islamische Dschihad sei eine „Hilfstruppe des Iran, die den Staat Israel zerstören und unschuldige Israelis töten will“. Am Samstag kündigte ein Armeesprecher an, dass der Einsatz der Luftstreitkräfte vermutlich eine Woche dauern werde.
Bei einem der Luftangriffe wurde nach übereinstimmenden Angaben beider Seiten am Freitag in Gaza Taysir al-Dschabari getötet, ein ranghohes Mitglied des Islamischen Dschihad. Die militante Palästinenserorganisation warf Israel vor, einen „Krieg gegen unser Volk“ begonnen zu haben. Der Islamische Dschihad ist die zweitstärkste militante Gruppe in den Palästinensergebieten nach der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Sie ist eng mit dem Iran verbunden und steht hinter einem Teil der Raketenangriffe auf Israel.
Die meisten Raketen landen im Palästinensergebiet selbst
Seit Freitag wurden aus dem Gazastreifen etliche Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Auch am Samstag heulten im Süden Israels wieder die Sirenen. Die israelische Armee erklärte, die meisten der 160 im Gazastreifen abgefeuerten Raketen seien in dem Palästinensergebiet gelandet oder vom Luftabwehrsystem Iron Dome abgefangen worden. Angaben über Verletzte oder größere Schäden gab es zunächst nicht.
Im israelischen Grenzgebiet wurde am Samstag den Menschen geraten, sich nicht weit von Schutzräumen zu entfernen. Auch in der Küstenstadt Tel Aviv wurden öffentliche Schutzräume geöffnet.
Die Luftangriffe im Gazastreifen begannen drei Tage nach der Schließung zweier Grenzübergänge zwischen Israel und dem Gazastreifen aus Sicherheitsgründen. Zuvor waren zwei ranghohe Mitglieder des Islamischen Dschihad im besetzten Westjordanland festgenommen worden. Bei einer weiteren Razzia im Westjordanland am Samstag nahm der israelische Geheimdienst Schin Bet nach Armeeangaben 20 Menschen fest, darunter 19 Mitglieder des Islamischen Dschihad.
Kraftwerk im Gazastreifen abgeschaltet
Wegen der Schließung der Grenzübergänge musste nach Angaben der Betreiberfirma am Samstag das einzige Kraftwerk im Gazastreifen abgeschaltet werden, weil kein Diesel mehr in die Enklave gelangte. Die Stromversorgung in dem Palästinensergebiet werde deshalb von bisher zwölf auf vier Stunden reduziert. Aus Angst vor Angriffen nach der Festnahme eines militanten Palästinenserführers hatte Israel die Einfuhr von Treibstoff in das Gebiet am Montag gestoppt.
Ein Beamter der Stromgesellschaft teilte mit, die Abschaltung des Kraftwerks führe zu einer „katastrophalen Situation“ im Gazastreifen. Das Gebiet habe schon zuvor unter zu geringen Strommengen gelitten. Demnach seien täglich rund 550 Megawatt Strom notwendig, um die Bedürfnisse der rund zwei Millionen Einwohner abzudecken. Zuletzt seien jedoch nur 180 Megawatt verfügbar gewesen.
Aus palästinensischen Sicherheitsquellen hieß es, dass Israel ursprünglich den Grenzübergang für die Einfuhr begrenzter Mengen an Treibstoff wieder öffnen wollte, die Entscheidung aber in letzter Minute zurücknahm. Vorangegangen seien demnach Vermittlungsversuche.
Ägypten versucht zu vermitteln
Ägypten versucht nach Angaben aus Sicherheitskreisen zwischen Israel und dem Islamischen Dschihad zu vermitteln. Ein israelischer Armeesprecher sagte jedoch am Samstag, Israel führe derzeit keine Verhandlungen über eine Waffenruhe. Auch der Islamische Dschihad ließ verlauten, eine Waffenruhe stehe vorerst nicht zur Debatte. Der Fokus der Gruppe liege „auf dem Schlachtfeld“.
Die jetzige Gewalteskalation ist die heftigste im Gazastreifen seit Mai vergangenen Jahres. Die Hamas hatte damals Raketen Richtung Israel abgefeuert, woraufhin die israelische Luftwaffe Ziele im Gazastreifen bombardierte. Während der elftägigen Gefechte wurden im Gazastreifen mehr als 260 Menschen getötet, in Israel gab es 13 Tote.
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