Lohnsteuer: Die letzten Pappen fallen

Lohnsteuerkarte war gestern - künftig soll eine zentrale Datenbank die Steuerinformationen aller Bürger speichern. Ein solches Register gab es bisher nicht.

Bunte Karten waren gestern. Demnächst wirds digital. Bild: dpa

BERLIN taz Jeder Arbeitnehmer bekommt sie einmal im Jahr nach Hause geschickt: die bunte Lohnsteuerkarte. Er muss sie seinem Arbeitgeber vorlegen und bekommt sie erst im folgenden Jahr wieder ausgehändigt. Dieser Papierkram soll nun, nach dem Beschluss der Bundesregierung vom Mittwoch, ein Ende haben.

Ab dem Jahr 2011 soll die Pappkarte durch das elektronische Programm "ElsterLohn II" ersetzt werden. Das Bundeskabinett stimmte dem Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2008 zu, der auch die elektronische Lohnsteuererfassung vorsieht. Die neue zentrale Datenbank, die es in dieser Form bisher nicht gibt, soll viele persönliche Informationen der Bürger erfassen.

Füttern will man die Datenbank mit Angaben aus den Kommunen und Finanzämtern. Alle auf der Lohnsteuerkarte enthaltenen Daten, auch sensible wie der Familienstand, Steuerklasse oder Religionszugehörigkeit, sollen an die zentrale Datenbank übermittelt werden.

Gespeichert werden sollen die Daten mihilfe einer elfstelligen Steuer-Identifikationsnummer (TIN, kurz für: Tax Identification Number). Deren Einführung wurde bereits vor einigen Jahren beschlossen, im Juli begannen die Behörden, alle 82 Millionen Einwohner der Bundesrepublik mit einer solchen Nummer zu versehen. Künftig sollen selbst Säuglinge bei ihrer Geburt eine solche Nummer erhalten und sie ein Leben lang behalten.

Die neue Software ermöglicht den Arbeitgebern, die Steuerdaten seiner Angestellten per Mausklick aufzurufen. Die Zugangsdaten dafür erhalten sie durch die Steuernummer seiner Mitarbeiter.

Ein Sprecher von Peter Schaar, des Bundesbeauftragten für den Datenschutz (BfD), kritisierte das geplante Gesetz scharf: "Wir sehen diesen Kabinettsbeschluss sehr kritisch. Die Frage warum es diese Zentraldatei geben muss, kann niemand befriedigend beantworten", sagte er der taz. Besonders irritierend sei die "Eilbedürftigkeit", mit der die Bundesregierung das Thema vorangetrieben habe, da die elektronische Lohnsteuerkarte unnötig an das Jahressteuergesetz 2008 gekoppelt worden sei.

Auch müsse geklärt werden, wie lange ein Arbeitgeber noch Zugriff auf die Daten von ehemaligen Mitarbeitern haben dürfe. "Durch die Erfahrung mit der Mauterfassung wissen wir, dass sich schnell andere Behörden für einmal erhobene Daten interessieren, die in einem ganz anderen Zusammenhang gesammelt worden sind." Schaar spielt damit auf den Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble an, die durch das Mautsystem auf den Autobahnen erfassten Daten zur Terrorabwehr zu nutzen.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund will sichergestellt wissen, dass persönliche Daten ausschließlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bleiben. Der DGB-Steuerexperte Hartmut Tofaute moniert, dass der Arbeitgeber durch das neue Datensystem sogar erfahren könnte, wie viel die Lebenspartner seiner Angestellten verdienen. Details, auf die ein Arbeitgeber momentan keinen Zugriff hat. Problematisch könnte dies beim Thema Stellenabbau werden: "Wenn ein Personalchef weiß, wie viel der Ehepartner in einem anderen Betrieb verdient, ist er unter Umständen befangener, ob er den Arbeitsplatz seines Angestellten erhalten sollte, als wenn er nicht weiß, ob der Partner seines Angestellten ein gutes Einkommen hat", sagte Tofaute.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix schließt sich der Kritik an. Die geplante Datei bringe erhebliche Risiken mit sich. Dem Rundfunksender RBB sagte er, es müsse sichergestellt werden, dass sonst niemand, auch keine andere Behörde, Zugriff auf die Daten bekomme.

Die Opposition hofft, das Gesetz bei der Aussprache im Herbst noch verändern zu können. So bemängelten die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Christine Scheel, und der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms, dass der jetzige Entwurf den Datenschutz zu wenig berücksichtige.

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