Lockerung der Corona-Verordnung: Volltreffer für den Sport
Verstöße gegen die Abstandsregelung würden nicht länger geahndet, sagt Sportsenator Geisel (SPD). Der Senat soll nun die Coronaverordnung ändern.
Konkret heißt das im Trainingsalltag für die Vereine, dass Verstöße gegen die Abstandsregeln auf dem Sportplatz ab sofort nicht mehr geahndet werden sollen, die Bußgeldanordnung also außer Kraft gesetzt wird – bis der Senat die Änderung der Coronaverordnung Ende Juli beschließen soll.
Beim Landessportbund (LSB) gab man sich erleichtert: „Da ist uns ein großer Stein vom Herzen gefallen“, sagte Präsidiumsmitglied Karsten Finger der taz. „Offenbar hat es Wirkung gezeigt, dass die Sportverbände zuletzt nochmal Druck gemacht haben.“ Erst am Montagvormittag hatte der Landessportbund, der 690.000 Mitglieder organisiert, in einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) geschrieben, das „Unverständnis über teilweise nicht nachvollziehbare Regeln und Ungleichbehandlung“ wachse.
Die sportpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Ludwig, sagte, nun brauche es als nächsten Schritt auch für den Kontaktsport in geschlossenen Räumen „klare Regeln“.
Zehn Zentimeter zu wenig
Während der Senat die Einschränkungen in der Coronaverordnung für große Teile des öffentlichen Lebens zuletzt wieder kräftig gelockert hat, gilt das für einen Bereich noch nicht: den Amateursport. Hier ist Berlin im Ländervergleich sogar am strengsten, bei allen Sportarten gilt laut Verordnung der Mindestabstand von 1,50 Meter. Schwierig insbesondere für Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball oder Hockey. Aber auch der Ruderverband hatte öffentlich Kritik geäußert: Rudern im Vierer und Achter sind verboten, weil der Abstand zwischen den Sitzen nur 1,40 Meter statt der vorgeschriebenen 1,50 Meter beträgt, also gerade mal zehn Zentimeter fehlten.
Theoretisch wurde bei Verstößen gegen die Abstandsregeln ein Bußgeld zwischen 50 Euro und 250 Euro pro SportlerIn fällig – was allerdings quasi nicht kontrolliert wurde.
Erst am Freitag hatte der Berliner Fußballverband, mit 170.000 Mitgliedern der größte Verband im Landessportbund, den „schnellen Wiedereinstieg in den Trainings- und Wettkampfbetrieb mit Kontakten“ gefordert. Dort hat man inzwischen ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet, dass unter anderem eine „Dokumentationspflicht der Anwesenden“ bei Training, Desinfektion und Lüftung der Kabine und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Innenräumen vorsieht.
Dennoch sei die Reaktion des zuständigen Staatssekretärs auf das Konzept vergangene Woche „zurückhaltend bis ablehnend“ ausgefallen, sagt eine Sprecherin der taz. Man habe die Sportverwaltung deshalb nochmal aufgefordert, „intensiver“ zu prüfen.
Das ist nun geschehen. Sollte nächste Woche Dienstag die Coronaverordnung entsprechend angepasst werden, „gibt es noch Hoffnung für die Saison 2020/21, etwa in der Regional- und Oberliga“, so die BFV-Sprecherin. Die beginne Ende August. Die SpielerInnen seien vor allem frustriert, weil in den anderen Ländern bereits wieder voll trainiert werde und der Trainingsrückstand wachse. Ziel für den Amateurfußball sei ein Wettkampbetrieb ab September, hieß es aus Geisels Verwaltung am Montag. Zur Kontaktverfolgung und „sofortigen Eindämmung bei etwaigen Infektionsgeschehen“ müssten „grundsätzlich Teilnehmerlisten erstellt“ werden.
Finger vom LSB, der auch Vorsitzender des Landesruderverbands ist, sieht bereits einen Hoffnungsschimmer für die Langstreckenregatta am 10. Oktober von der Schleuse Charlottenburg zum Haus der Kulturen der Welt, die immerhin seit 91 Jahren stattfindet. „Auch wenn man dann wahrscheinlich auf den gemeinsamen Umtrunk bei der Siegerehrung verzichten muss.“
Für den Profisport gelten die Kontaktverbote ohnehin nicht mehr: KaderathlethInnen und Bundesligateams können mit beantragter Ausnahmegenehmigung schon länger wieder in die Vollen gehen.
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