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Lockdown-Verschärfung in BerlinScheeres lenkt bei Schulöffnung ein

In der Debatte um Schulöffnungen rudert die Schulsenatorin nach heftiger Kritik zurück: Die Schulen bleiben zu. Lockdown-Verschärfung in Kraft.

Die Stühle in den Berliner Schulen bleiben erstmal hochgestellt Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Berlin dpa | Zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelten seit Sonntag in Berlin schärfere Kontaktbeschränkungen. Der Senat hatte sie am Mittwoch im Zusammenhang mit der Verlängerung des Lockdowns beschlossen. Private Zusammenkünfte sind jetzt nur noch im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Ist diese Person alleinerziehend, werden deren Kinder nicht mitgezählt, dürfen also noch dazukommen.

Bisher galt eine Obergrenze von fünf Personen aus zwei Haushalten, Kinder bis zwölf Jahren zählten dabei nicht mit. Mit der neuen Regelung für Alleinerziehende weicht Berlin etwas von der Vereinbarung ab, die Bund und Länder am vergangenen Dienstag getroffen hatten. Dies reicht aber so manchen nicht aus. Linke und Grüne forderten im Abgeordnetenhaus Nachbesserungen, damit Kinder generell nicht mehr mitgezählt werden.

Neu ist auch, dass Kantinen etwa von Betrieben für den Publikumsverkehr schließen müssen. Wie die schon länger geschlossenen Gaststätten dürfen sie Essen nur noch außer Haus anbieten. Auch Fahrschulen müssen schließen.

Viele der bereits seit dem 16. Dezember geschlossenen Geschäfte bleiben zu, etwa Friseure, Kosmetiksalons, Bau- und Möbelmärkte, große Kaufhäuser oder Läden für Kleidung. Ausgenommen sind der Lebensmitteleinzelhandel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Apotheken, Sanitätshäuser oder Drogerien. Buchläden, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten und Banken dürfen ebenfalls öffnen.

Kitas bleiben vorerst bis auf einen Notbetrieb weitgehend zu. In den Schulen ist die Präsenzpflicht zunächst bis 25. Januar ausgesetzt. Die meisten Schüler lernen also zunächst weiter zu Hause und werden dabei von ihren Lehrern mehr oder weniger angeleitet. Schulen mit abschlussrelevanten Jahrgängen können indes entscheiden, ob sie ab Montag Wechselunterricht anbieten, also die Kombination aus Unterricht in der Schule und zu Hause, oder auf Homeschooling setzen.

Tagelanges Hin und Her um Schulöffnung

Nach tagelangem Streit sind die Pläne des Senats zur schrittweisen Öffnung der Berliner Schulen trotz Corona-Lockdowns damit seit Freitagabend teilweise vom Tisch. Das schulisch angeleitete Lernen zu Hause für Schüler der Klassen 1 bis 9 sowie für einige höhere Klassenstufen werde bis mindestens 25. Januar verlängert, teilte die Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Freitag mit. Bis dahin gilt keine Präsenzpflicht.

Für die Abschlussklassen 10, 12 und 13 an Gymnasien und Sekundarschulen sollen indes ab kommender Woche Präsenzangebote in kleinen Gruppen möglich sein. Ob Wechselunterricht mit Lernen zu Hause und in der Schule angeboten wird oder alles über Homeschooling läuft, sollen die jeweiligen Schulen mit den Elternvertretern selbst entscheiden.

Am 19. Januar will der Senat darüber entscheiden, wie es ab dem 25. Januar mit dem Schulbetrieb an Grundschulen weitergeht. Bis dahin liegen wahrscheinlich verlässlichere Daten vor, wie sich die Feiertage auf das Corona-Infektionsgeschehen ausgewirkt haben und welche Rolle die neue Virus-Mutation spielt. Zudem sollen die Schulen sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern zusätzliche Förder- und Unterstützungsangebote unterbreiten, wie es hieß. An Grundschulen gibt es wie bisher eine Notbetreuung.

Am Mittwoch hatte der Senat zunächst beschlossen, ab 11. Januar an Schulen für abschlussrelevante Jahrgänge generell wieder Wechselunterricht in kleinen Gruppen anzubieten. Ab 18. Januar sollten Grundschüler der Klassen 1 bis 3 folgen und dann Schritt für Schritt weitere Klassenstufen. Eine Woche nach den Winterferien sollte, so der Plan, der Präsenzunterricht ab 15. Februar für alle wieder regulär wie vor dem Lockdown laufen.

Dieses Vorgehen rief viel Kritik etwa bei der Lehrergewerkschaft GEW, einigen Schulleitern, Eltern- und Schülervertretern, aber auch innerhalb der rot-rot-grünen Koalition hervor. Angesichts dessen übten sich Koalitionäre am Freitag nach dpa-Informationen in Krisendiplomatie.

Linke und Grüne machten dem Vernehmen nach Druck auf Scheeres. Auch die neue SPD-Landeschefin, Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, und ihr Co-Vorsitzender Raed Saleh schalteten sich ein. Schließlich wurde die neue Linie in einer langen Schalte unter anderem mit Scheeres und dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) abgesteckt. Grüne und Linke tragen den Kompromiss mit, wie aus ihren Reihen zu hören war.

Scheeres erklärte zu dem neuen Plan: „Wir gehen damit auf die vielfach geäußerten Sorgen an Schulen ein. In den nächsten Wochen brauchen wir an den Schulen einen möglichst breiten Konsens, um den Herausforderungen durch die Pandemie zu begegnen.“

Giffey: Neue Regelung „richtig“

Giffey begrüßte die neue Regelung. „Ich finde es richtig, dass Bildungssenatorin Sandra Scheeres jetzt nach Abstimmung in der Koalition beschlossen hat, die Präsenzpflicht an Berliner Schulen bis zum 25. 1. auszusetzen“, erklärte die Bundesfamilienministerin.

„Die aktuellen Infektionszahlen machen deutlich, dass wir uns noch immer in der schwersten Pandemielage befinden, die wir bisher erlebt haben.“ Bei allem richtigen Bemühen um Bildungsgerechtigkeit dürfe die Rückkehr zum Präsenzunterricht daher nicht vorschnell erfolgen. „Wir müssen jetzt konsequent und verantwortungsvoll handeln und den Gesundheitsschutz an oberste Stelle setzen.“

Saleh verwies darauf, dass Berlin nun ähnlich handele wie das Nachbarland Brandenburg. „Damit ist ein einheitliches Vorgehen im Metropolenraum Berlin-Brandenburg sichergestellt.“

Der CDU-Vorsitzende Kai Wegner sprach von einem „Scheitern mit Ansage“. „Kurz vor knapp zieht Rot-Rot-Grün die Notbremse. Aber der Schaden ist bereits angerichtet“, erklärte er. „Mit ihrem eigensinnigen Vorpreschen hat die SPD-Bildungssenatorin maximale Verunsicherung ausgelöst.“

Der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, hatte den ursprünglichen Plan, auch Grundschüler wieder schnell an die Schulen zu bringen, positiv bewertet. „Es sind immer schwierige Abwägungen. Aber gerade in den ersten Schul- und Lebensjahren ist der Präsenzunterricht einfach nicht ersetzbar“, sagte der Bildungsforscher am Freitag dem rbb-Inforadio. „Insofern ist der Ansatz in Berlin, wenn das die Gesundheitslage zulässt, sehr vernünftig, dass man gerade bei den kleinsten Kindern schnell anfängt, auch in begrenzten Klassen.“

Bildung sei immer Beziehungsarbeit und nicht nur Wissensvermittlung, erläuterte Schleicher. Und in den ersten Schuljahren sei schon deshalb Präsenzunterricht nötig, weil man bei Grundschülern kein selbstständiges Lernen zu Hause erwarten könne. Hier könne digitale Wissensvermittlung also „nicht sehr viel erreichen“. Bei höheren Jahrgängen hingegen könnten Wechselunterricht und Digitalisierung mehr bringen.

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