Linkspartei vor dem Parteitag: Partei der Beitragsschummler
Eine Mitgliedschaft in der Linken ist auch für Geringverdiener teuer. Deshalb zahlen viele weniger, als sie müssten. Ein Antrag will das ändern.
Als Grund dafür führen Insider die hohe Fluktuation von Mitgliedern an. Jüngere, die den Linken in der Gründungsphase oder nach deren großem Wahlerfolg 2009 beitraten, haben die Partei inzwischen wieder verlassen.
Am meisten beunruhigen dürfte die Linkspartei jedoch eine andere Statistik: Die besten Beitragszahler sind Mitglieder über 86 aus dem Osten. Sie zahlen im Schnitt 22,64 Euro im Monat. Auch bundesweit sind die Beiträge der Älteren aus den neuen Ländern wichtig: Ostdeutsche Mitglieder ab 61 tragen rund 49 Prozent des deutschen Beitragsaufkommens.
Für Spannung auf dem Leipziger Parteitag im Juni dürfte ein Antrag des Berliner Ortsverbandes Friedrichshain-Nordost sorgen. Darin geht es um die Beitragsehrlichkeit der Mitglieder. Ihre Mitgliedsbeiträge sind laut Beitragsordnung weit höher als bei SPD und Grünen – und auch weit höher als bei vergleichbaren europäischen linken Parteien wie Podemos, Labour, der SPÖ oder Groenlinks. Wer zwischen 1.700 und 1.900 Euro netto verdient, soll 55 Euro im Monat zahlen. Der Mindestbeitrag liegt für Menschen ohne Einkommen bei 1,50 Euro.
Widerstand aus dem Osten
Nur wenige halten sich aber an die Beitragsordnung. Im Schnitt zahlen die Mitglieder im Osten zwischen 15 und 19 Euro im Monat, im Westen zwischen 4,30 (Saarland) und 12 Euro (Bremen). „Die Beitragstabelle verkennt die Lebensrealität der Mitglieder“, schreiben die Friedrichshainer in ihrem Antrag. Sie fordern nun vom Bundesvorstand eine neue Beitragsordnung mit einer deutlichen Reduzierung der Mitgliedsbeiträge: „Ziel ist es, den Einstieg und Verbleib in der Partei für Menschen aller Einkommensklassen zu vereinfachen.“
Der Antrag stößt vor allem in einigen Ost-Landesverbänden auf Widerstand. So argumentiert der Thüringer Schatzmeister Holger Hänsgen in einem internen Schreiben, dass „gerade die hohen Beiträge älterer Mitglieder“ die Partei handlungsfähig erhielten. Und fügt bedauernd hinzu: „Diese Mitglieder verlassen uns in zunehmendem Maße altersbedingt.“
Die Friedrichshainer berücksichtigten nicht, dass das Finanzamt die Hälfte des Beitrages von der Steuerlast abziehe, so Hänsgen. Den Vergleich mit den niedrigeren Beiträgen bei SPD und Grünen findet er unzulässig: Die beiden Parteien erhielten Unternehmensspenden. Statt einer neuen Beitragsordnung mit geringeren Beiträgen will er eine Kampagne „Beitragsehrlichkeit“.
Der Bundesvorstand versucht nun nach Informationen der taz den Streit zu schlichten. In einem Änderungsantrag will er demnach das Ziel einer „deutlichen Reduzierung der Mitgliedsbeiträge“ aus dem Friedrichshainer Antrag streichen lassen. Begründung: Es gehe nicht „um niedrigere Beiträge, sondern um eine neue Beitragstabelle, die der Realität und der Leistungsbereitschaft der Mitglieder näher kommt“. Ein Sprecher des Bundesvorstandes konnte oder wollte allerdings nicht bestätigen, dass der Änderungsantrag, der der taz vorliegt, vom Bundesvorstand tatsächlich eingereicht werden wird.
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