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Linkspartei im BundestagLinke wollen mehr Fragen stellen

Das Bündnis Sahra Wagenknecht und die Linkspartei bilden im Bundestag bald zwei Gruppen. Letztere fordert mehr parlamentarische Rechte für sich.

Müssen neu verschraubt werden: Sitze im Bundestag Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

BERLIN taz | Die neue Sitzordnung im Bundestag steht fest: Die Abgeordneten vom neuen Bündnis Sahra Wagenknecht sitzen künftig ganz außen: am linken Rand des Plenums, rechts von ihnen die ehemaligen Ge­nos­s:in­nen von der Linkspartei, dann die SPD. Das entspricht zwar nicht dem Selbstbild der beiden Parteien, aber so werden die Sitze nun verschraubt.

Fest steht auch, dass beide Gruppierungen den Gruppenstatus erhalten sollen. Darüber entscheidet der Ältestenrat des Bundestags, in dem die Ampelparteien die Mehrheit haben. Mit dem Status als Gruppe sind einige Rechte und Privilegien verbunden, welche die Abgeordneten von Linkspartei und jene, die in das neue Bündnis Sahra Wagenknecht eingetreten sind, verloren haben, seitdem sich ihre gemeinsame Fraktion im Bundestag im Dezember 2023 aufgelöst hat. Seitdem gelten all diese Abgeordneten derzeit offiziell als „fraktionslos“.

Die Linke hatte ihren Fraktionsstatus verloren, nachdem zehn Abgeordnete um die frühere Fraktionschefin Wagenknecht aus der Partei ausgetreten waren. Sowohl die 28 verbliebenen Linke-Abgeordneten als auch die zehn Abgeordneten vom neuen Bündnis Sahra Wagenknecht machen getrennt weiter. Ihre Rechte und ihre finanzielle Ausstattung als Gruppen werden von der Mehrheit des Bundestags in einem Beschluss festgelegt. Dieser soll Ende dieser Woche fallen.

Ampel will „Kleine Anfragen“ deckeln

Ein Punkt sorgt bei der Linken für Unmut: Die Ampelfraktionen haben vor, die Zahl der Kleinen Anfragen zu deckeln, welche die beiden jeweiligen Gruppen stellen dürfen – und zwar auf „eine im Ältestenrat festzulegende Anzahl“ pro Monat, so steht es im Entwurf. Die Linke-Abgeordnete Clara Bünger ist empört: „Das parlamentarische Fragerecht ist das Herz unserer Arbeit als Opposition“, sagt sie der taz. „Damit können wir Informationen ans Licht bringen, die Regierung und Behörden oftmals lieber unter Verschluss halten würden.“ Mit ihren Anfragen habe die Linke in den letzten Jahren immer wieder Missstände öffentlich gemacht, etwa bei den Themen Rechtsextremismus, Waffenexporte oder Migration. „Eine Einschränkung unseres Fragerechts ist ein Angriff auf die Demokratie“, sagt sie.

Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch nennt die Kleinen Anfragen „eines der wirksamsten Mittel der Oppositionsarbeit“. Die Linke hat in dieser Legislaturperiode – seit Ende 2021 bis Ende Dezember 2023 – nach seinen Angaben 966 Kleine Anfragen an die Bundesregierung gestellt, etwa zur Entwicklung der Renten und Löhne in Ost und West. In der vergangenen Legislatur waren es binnen vier Jahren mehr als 2.800. Viele Medien – auch die taz – berichten über die Antworten der Bundesregierung auf solche Anfragen, wenn sie exklusive Informationen enthalten.

Nur eine Aktuelle Stunde pro Jahr?

Auch das Recht, im Bundestag eine Aktuelle Stunde zu beantragen, will die Bundesregierung für jede Gruppe auf ein Mal pro Jahr beschränken. Die Linke ist damit ebenfalls nicht einverstanden. Bartsch, Bünger und andere Linke-Abgeordnete fordern die Bundesregierung in einem Änderungsantrag auf, die Zahl der Kleinen Anfragen nicht zu beschränken und seiner Gruppe auch mehr Anträge auf Aktuelle Stunden zuzugestehen. „Mindestens diese beiden Punkte sollten geändert werden“, sagte Bartsch. „Ich fordere die Regierungsfraktionen auf, das zu korrigieren.“ Die Linke-Innenpolitikerin Clara Bünger erwägt sogar rechtliche Schritte, sollte die Bundesregierung ihren Antrag nicht ändern. Ihre Parteikollegin Petra Sitte hatte auf X einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht ins Spiel gebracht. „Wenn notwendig, ziehen wir für unsere Rechte vors Bundesverfassungsgericht“, kündigt auch Bünger an.

Mit den anderen Regelungen im Entwurf der Ampelparteien ist die Linke dagegen einverstanden, etwa mit den ihr zugestandenen Redezeiten: Bei Debatten von 90 Minuten würde er pro Gruppe nur rund drei Minuten betragen. Die Vorsitzenden der neuen Gruppen sollen auch gleiche Rechte haben wie Fraktionsvorsitzende. In den Ältestenrat des Parlaments werden sowohl die Linke als auch Wagenknechts Mit­strei­te­r*in­nen ei­ne*n Ver­tre­te­r*in entsenden dürfen. Im Parlamentarischen Kontrollgremium wird es für beide wohl keinen Platz geben.

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7 Kommentare

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  • Ist die Bezeichnung „Fraktionsvorsitzender“ für Herrn Bartsch nicht falsch?

  • Fragen über Fragen. Aber Antworten bleiben sie schuldig.

  • Es ist schon reichlich unverschämt von der Linken, hier mit dem BVerfG zu drohen. Letztlich sind sie selbst schuld. Ich finde, die anderen sind da schon sehr entgegenkommend.

  • Vielleicht lernt die Linke ja mal wat aus diesem Desaster.



    Nur ne entschiedene, konsequente linke Opposition kann da jetzt noch helfen und Stimmen bringen.



    Mit dem "Mitregieren" hat sichs jetzt jaeh.

    Und das könnte gut sein...

  • Momentan hat die Die Linke als Gruppe überhaupt kein eigenständiges Fragerecht, sondern muss insgesamt 5 Prozent der Bundestagsabgeordneten zusammen bekommen. Das soll nun geändert werden und statt dies hinzunehmen, wollen sie das vollumfängliche Fragerecht einer Fraktion. Wo wäre da noch der Unterschied zwischen einer Gruppe und einer Fraktion?

  • Naja also ich finde, da muss man dann aber auch mal ehrlich sein und akzeptieren, dass man keine Fraktion mehr ist und somit auch nicht mehr über den Rückhalt von 5% der Wähler verfügt. Hier mit dem Bundesverfassungsgericht zu drohen ist mal ganz falsch, denn die Ampel könnte auch den Gruppenstatus verweigern. Es gibt kein Recht auf diesen Gruppenstatus, lediglich die Möglichkeit. Dies ist aber kein einklagbares Recht.



    Die Situation ist nunmal wie sie ist und die Linke ist nun im Becken "Sonstige" angekommen.



    Es ist gut, was die Ampel der Linken gewährt, aber man muss halt jetzt damit klar kommen weniger Rechte zu haben und sich über andere Außerparlamentarische Arbeit wieder interessant machen. Sonst verschwindet man nächstes Jahr aus dem Bundestag (oder bei etwaigen Neuwahlen)

    • @Walterismus:

      So ist es!