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Linken-Spitzenkandidat in MVDer hölzerne Herr Holter

So schlecht hat die Linke in Mecklenburg-Vorpommern noch nie abgeschnitten. Das liegt auch an Helmut Holter, einem Spitzenkandidaten ohne Biss.

Zu DDR-Zeiten war er SED-Mitglied und studierte in Moskau: der linke Politiker Helmut Holter Foto: dpa

Schwerin taz | Am Ende sind für Helmut Holter die Umstände schuld. „Deutschland unterliegt großen politischen Turbulenzen“, sagt der Spitzenkandidat der Linkspartei am Sonntagabend im ZDF-Interview. „Das Resultat ist entsprechend für uns.“ Schon in den Umfragen der letzten Monate war die Linke kontinuierlich abgesackt. Die Hochrechnungen am Wahlabend lagen dann noch einmal unter den miesen Umfragewerten. Weniger als 13 Prozent, das ist ein Debakel.

Die Verantwortung dafür trägt nicht zuletzt Holter selbst. Es gibt einen Wahlspot, in dem er, 63 Jahre, groß, graue Haare, an wechselnden Orten in Mecklenburg-Vorpommern Programmatisches abspult. Er spricht hölzern, mit sonorer Stimme und einer Mimik so ausdruckslos wie die einer Gipsfigur.

Egal ob er kostenfreie Kitas fordert oder das Zurückbleiben Vorpommerns beklagt, es klingt, als spräche da ein Roboter. Im Stakkato hakt er Thema für Thema ab. Fast ist es eine Erleichterung, wenn man ihn in der letzten Einstellung des Spots in einem Auto sitzen sieht. „Überholt wird auf der linken Seite“, sagt er auf einer leeren Autobahn. Weit und breit niemand zu sehen, der überholt werden könnte.

Helmut Holter ist ein Urgestein der Landespolitik. Zu DDR-Zeiten war er SED-Mitglied und studierte in Moskau. Nach der Wende blieb er in der PDS, seit 1994 sitzt er mit Unterbrechung 18 Jahre im Landtag. Acht Jahre davon war er Arbeitsminister in der rot-roten Koalition.

„Mein Gott“ ist alles, was er sagt

Einen Ministerposten hätte er gern wieder. Verdient hat er ihn nicht. Zwar haben die Linken solide Oppositionsarbeit geleistet, aber im Verhältnis zur Zahl ihrer Abgeordneten waren die Grünen wahrnehmbarer, setzten mehr eigene Themen und wirkten dabei frischer als die Linksfraktion.

Auch Holters Wahlkampf fehlten Biss und Leidenschaft. Auf Podiumsdiskussionen, Volksfesten und in Einzelgesprächen versuchte der Spitzenkandidat, sich seinen Wählern zuzuwenden – und fand dabei kein Mittel gegen die Anziehungskraft der AfD. In einer Wahlreportage des NDR gibt es eine bezeichnende Szene: Helmut Holter stampft bei über 30 Grad durch den heißen Sand und wirft einem Urlauber in Badehose einen rot-weißen Wasserball zu. Als der Mann erfährt, wen er da vor sich hat, sagt er: „Die Partei ist nett. Aber AfD ist besser.“ – „Warum?“, fragt Holter. „Wir werden seit Jahrzehnten von einer Mafia regiert“, sagt der Mann. Holter, dem es so schwerfällt, Emotionen zu zeigen, wirkt kurz fassungslos. „Mein Gott“ ist alles, was er dazu sagen kann.

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Die Linke hat als Protestpartei offensichtlich ausgedient. Und sucht noch nach einer neuen Identität. Helmut Holter hat es nicht geschafft, sich und die Partei von der SPD und den Grünen abzusetzen, ganz eigene Themen zu finden. Kitas, Löhne, Umwelt, immer war jemand anderes schneller und rief: „Ich bin schon da.“ Attacken gegen die anderen Parteien hat man von Holter in diesem Wahlkampf nicht gehört, vielleicht weil er es sich mit einem möglichen Koalitionspartner nicht verscherzen wollte.

Schon bei der letzten Wahl hatten überproportional viele Ältere die Linkspartei gewählt, vor allem Männer. An diese Klientel richtete sich vermutlich auch das Kreuzworträtsel in der diesjährigen Wahl­broschüre. Wenn man auf Begriffe kommt wie den politisch nicht ganz so korrekten „Eskimo“ als „Anderes Wort für Arktisbewohner“ oder mit einer „schwerfälligen Frau“ eine Transuse assoziiert, ergibt sich das Lösungswort: „Helmut Holter“. In solchen Augenblicken wirkt die Partei genauso steif und ideenlos wie ihr Spitzenkandidat.

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12 Kommentare

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  • Da purzeln die Werte, der Linken-Kopf, rollt er? Man müsst es sich trauen: Holter-di-polter...

  • "...waren die Grünen wahrnehmbarer, setzten mehr eigene Themen und wirkten dabei frischer als die Linksfraktion"

    ... und wie hieß deren Spitzenkandidatin noch mal ? Naja, ist ja auch egal bei 4,8 %.

  • Wer 21 Prozent der Bevölkerung von Mecklenburg-Vorpommern als "Dummbratzen" abqualifiziert, als was könnte man den bezeichnen"

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Jürgen Matoni:

      Eigentlich sind es ja 24 %. Die Schwesterpartei der AfD kam ja auf 3 %.

    • @Jürgen Matoni:

      Agent provocateur der Blauen.

  • 3G
    34970 (Profil gelöscht)

    Es lag nicht an Holter. Der Wahlkampf war Bürgernah mit vielen vernünftigen politischen Ideen. Hat mir sehr gefallen. Das Problem ist meiner Meinung nach eher das man sich zulange die Protestwähler warmhielt anstatt spätestens seit der Fusion von PDS und WASG stärker auf die Kernthemen einzugehen um sich Profil vor allem bei der Jugend zu verschaffen.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Wer die Dummbratzen von der AfD mit ihrem Ein-Thema-Wahlkampf für eine Alternative zur herrschenden "Mafia" hält, dem ist nicht zu helfen. Solche Leute erreicht man auch nicht mit einem originellen Wahlkampf. Die leben ihren Rassismus und ihre eigene moralische Verkommenheit in einem Paralleluniversum aus. Besser man redet nicht mit denen.

    Man kann über Holter sagen was man will, immerhin geht es ihm um reale Probleme und keine ausgedachten und er bemüht sich um Lösungen. Die AfD wird - wie überall, auch im Landtag von Meck-Pomm nichts reißen. Wie auch ? Wer hassen und spalten will und schlechte Laune verbreiten, dem liegt nichts an einer besseren Lage für die Wähler.

    • 3G
      34970 (Profil gelöscht)
      @60440 (Profil gelöscht):

      ganz genau

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    4,8%!

     

    Wenn es dann also für "frischen Wahlkampf" usw. 4,8% gibt, dann wäre vielleicht einer hinter dem Haltbarkeitsdatum angebracht gewesen?

     

    Wenn die Linken sich nicht allmählich mal zusammenfinden anstatt sich gegenseitig zu beharken, dann wird es in diesem Land schon sehr bald noch ganz andere Wahlergebnisse geben.

     

    Wahlbeteiligung:61% Das ist eine der wichtigeren Zahlen, die bezeichnenderweise gar nicht so einfach gefunden werden kann.

  • Keine Visionen, keine realen Ideen, keine Alternativen, keine Phantasie, lustlos sich nur noch im olympischen Motto "Mit-Dabei-Sein-Ist-Alles" bewegend, der ist deshalb für viele nicht (mehr) alternativlos.

    "Witzig" die Arroganz von Dietmar Bartsch: "Wir sind die Kümmerer-Partei, aber wir müssen ..." (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mecklenburg-vorpommern-eine-schwere-niederlage-der-kanzlerin-a-1110857.html) Ja, ABER ... ist phantasielos, weil: NUR eine pure Worthülse, leer und hilflos.

    Wer sich linke PUNKT nennt, der hat sich selber Grenzen gesetzt und zugleich eingegrenzt. Der "kümmert" sich fast nur noch um sich selbst.

  • Aha. Die Rechnung, die hier aufgemacht wird, lautet also: Eskimo plus Transuse gleich Helmut Holte. Wenn das nicht mal ein Journalismus ist, der etwas bringt...!

     

    Für jemanden, der angeblich auf die Wirkung achtet, ist Anke Lübbert ziemlich leichtsinnig, finde ich. Wenn sie über Holter und seine Ministerposten-Ambitionen schreibt: "Verdient hat er ihn nicht. Zwar haben die Linken solide Oppositionsarbeit geleistet, aber im Verhältnis zur Zahl ihrer Abgeordneten waren die Grünen wahrnehmbarer, setzten mehr eigene Themen und wirkten dabei frischer als die Linksfraktion", dann klingt das in meinen Ohren, als müsse da jemand seinen Frust abladen. Und zwar auf Leute, die sich seiner Ansicht nach nicht so gut wehren können. Die Grünen, schließlich haben nicht mal 5% geschafft mit ihrer angeblichen Wahrnehmbarkeit. Verglichen damit sind die 13% der Linken noch feine Sahne, wenn auch ohne Fischfilet.

     

    Die Art psychosoziale "Verschiebungsarbeit" leisten normalerweise AfD-Wähler. Die machen auch "die Flüchtlinge" und ihre angebliche Unfähigkeit, stromlienienförmig mitzuschwimmen in einer Gesellschaft, die auf Ellenbogen und Eloquenz setzt, verantwortlich für ihre eigenen Probleme. Im "Wahlkampf" haben sie sich dann gemütlich "abholen" lassen aus ihren Sesseln. Von Leuten, die ausschließlich polarisiert und attackiert haben. Wenn das die Messlatte sein soll, an der die Linke (und alle anderen Verlierer dieser Wahl) sich künftig ausrichten müssen, dann gute Nacht Meck-Pomm!

     

    Aber, nun ja, einem, der vor 30 Jahren mal in Russland studiert hat, und bis vor 25 Jahren in der SED war, gönnt man es ja.

    • @mowgli:

      Was, bitteschön, wollten Sie aussagen?