Linke gründet Wohnungsgenossenschaft: Partei im Häuserkampf

Mit der Genossenschaft „Fairwohnen“ bewirbt sich die Linkspartei um die letzten Treuhand-Wohnungen im Osten. Nun muss sie für den Kauf 570 Millionen Euro auftreiben.

Die Linkspartei will auch dieses Dresdener Wohnhaus kaufen. Bild: dapd

DRESDEN taz | Das böse Wort von den „Heuschrecken“ fällt nicht bei Heidrun Bluhm, wohnungspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion. Weder in der Pressekonferenz noch bei einer mit 120 Interessenten überraschend gut besuchten Informationsveranstaltung in einem Dresdner Kino.

Aber gemeint sind die renditesüchtigen internationalen Immobilienhaie schon, denen die Linke nun mit einem ungewöhnlichen Einstieg in den Immobilienmarkt zuvorkommen will. Mit einer eigenen Genossenschaft „Fairwohnen“ möchte sie die letzten 11.500 Wohnungen erwerben, die die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft in 42 Städten veräußern will.

Die bundeseigene TLG als Nachlassverwalterin der DDR-Reste wollte diese Wohnungen mit mehr als 30.000 Mietern 2008 schon einmal privatisieren. Die Finanzkrise ließ die Verkehrswerte aber abrutschen und die Absicht versanden. Trotz eines Gewinns von 22 Millionen Euro im Jahr 2010 drängt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun auf einen Verkauf, der bis Ende dieses Jahres abgewickelt sein soll.

Die Objekte in Dresden, Merseburg, Rostock, Strausberg und Eisenach sollen nicht einzeln verkauft, sondern als Gesellschaft veräußert werden. Seit Mitte April stehen die Bieter im europaweiten Verfahren fest. Bis Ende Juni müssen sie der beauftragten Barclay-Bank ein Angebot unterbreiten. Zu ihnen zählt auch „Fairwohnen“ als Genossenschaft in Gründung. Aufsichtsratsvorsitzende Heidrun Bluhm räumt zwar ein, es müsse wie „verkehrte Welt“ erscheinen, wenn ausgerechnet die Linke sich auf dem Wohnungsmarkt versuche.

Aber der in der Satzung festgelegte Zweck einer „guten, sicheren und sozial vertretbaren Versorgung mit Mietwohnungen“ rechtfertige das Mittel. Man wolle diese Wohnungen nicht der Spekulation und der „Willkür des Finanzmarktes“ überlassen. Zuvor hatte die Linksfraktion im Bundestag vergeblich versucht, die Verkaufsabsicht der TLG zu verhindern und eine Übertragung an kommunale Wohnungseigentümer verlangt.

Die SPD hält es für einen Witz

Der Werbeslogan „Wo einzahlen sich auszahlt“ verweist aber ungewollt auch auf Probleme und Risiken dieses sozial intendierten Vorhabens. Die SPD hält es für einen „Witz“, den erwarteten Kaufpreis von 570 Millionen Euro auf diesem Wege aufzubringen.

Auch die Dresdner Linke Anke Wendrich rechnet nach ihren Erfahrungen in einer Wohnungsgenossenschaft vor, dass die von Fairwohnen genannten Eintritts- und Genossenschaftsanteile für Mitglieder zu niedrig sind. Etwa 10.000 Euro müssten pro Wohnung eingezahlt werden, um auf 20 Prozent Eigenkapital zu kommen. Das schreckt einkommensschwache Mieter ab.

Heidrun Bluhm spricht von etwa 5.000 erforderlichen Genossenschaftern für 5 Prozent Eigenkapital. Derzeit zählt man erst 350, je zur Hälfte Mieter und Unterstützer. Geld müssten sie aber erst nach erfolgreichem Bieterverfahren zahlen. Für den „Rest“ des Kaufpreises stehe der Kredit eines Bankenkonsortiums bereit. „Wir haben jedenfalls keine alten SED-Millionen gefunden“, scherzt die Aufsichtsratsvorsitzende. In Merseburg wolle sich sogar die ARGE beteiligen, um Sozialwohnungen vor allem für Arbeitslose zu schaffen.

Unter den Interessenten in Dresden ist nachdenkliche Sympathie zu spüren. „Wenn dafür die Mieten niedriger ausfallen oder zumindest stabil bleiben …“, raunt es. Wer nicht Genossenschafter werden kann, würde von „Fairwohnen“ jedenfalls nicht gekündigt.

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