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Geplanter Anstieg der BundestagsgehälterLinksfraktion findet 606 Euro monatlich mehr zu viel

Die schwarz-rote Koalition will am Donnerstagabend ím Bundestag den Weg für die nächste Diätenerhöhung frei machen. Die Linke protestiert.

Linken-Fraktionsspitze zur geplanten Diätenerhöhung: „Wir als Linke lehnen das ganz klar ab.“ Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Mit scharfer Kritik hat die Linkspartei auf das Vorhaben von Union und SPD reagiert, am Donnerstagabend im Bundestag den Weg für die nächste Erhöhung der Abgeordnetendiäten freizumachen. „606 Euro pro Monat mehr will man sich in die Taschen stecken“, empörte sich der kommissarische Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann am Dienstag in Berlin. „Wir als Linke lehnen das ganz klar ab.“ Es sei „der falsche Zeitpunkt, sich jetzt als Politikerinnen und Politiker die Diäten zu erhöhen“.

Die sogenannte Abgeordnetenentschädigung beträgt derzeit 11.227,20 Euro brutto im Monat. Sie orientiert sich an der Besoldung von Rich­te­r:in­nen an den obersten Bundesgerichten. Die Regelung zur Festlegung von Diäten­erhöhungen basiert auf den Empfehlungen einer unabhängigen Expertenkommission, die der Bundestag 2011 eingesetzt hatte. Danach wird die Entschädigung mittels eines automatisierten Verfahrens jährlich zum 1. Juli angepasst.

Grundlage ist die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindex, also die allgemeine Lohnentwicklung. Somit würden die Diäten in diesem Jahr um 5,4 Prozent steigen – allerdings gemäß Abgeordnetengesetz nur, wenn der Bundestag innerhalb von drei Monaten nach seiner konstituierenden Sitzung dieses Anpassungsverfahren erneut beschließt. Genau das plant die Regierungskoalition für diesen Donnerstag.

„Dass wir Abgeordnete nicht selbst die Höhe unserer Diäten bestimmen, ist richtig und zwingend notwendig“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese der Rheinischen Post. Die Orientierung an der Entwicklung des Durchschnittseinkommens sei „fair“. Die Kritik der Linken bezeichnete Wiese als „heuchlerisch“. Jedes Mal kritisierten sie „die Einsetzung dieses nachvollziehbaren Mechanismus, nehmen die Anpassung aber immer gerne mit“.

Das stimmt so jedoch nicht. In der Vergangenheit haben Linken-Abgeordnete immer wieder die von ihnen politisch abgelehnten Mehreinnahmen für soziale Zwecke gespendet. Pellmann und Co-Fraktionschefin Heidi Reichinnek haben bereits angekündigt, das auch diesmal so zu halten.

Neben der Diätenerhöhung kritisiert die Linke auch die derzeitige Altersversorgung der Parlamentarier. Es sei „absolut ungerecht“, dass Bundestagsabgeordnete innerhalb nur einer einzigen Legislaturperiode einen Anspruch von 1.183 Euro erwerben würden. „Dafür müssen viele Menschen ihr ganzes Leben arbeiten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Görke. Stattdessen sollten die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, forderte er.

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10 Kommentare

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  • Wäre sinnvoller zuerst einmal das Bürgergeld um 606,- € zu erhöhen. das würde die Wirtschaft stärken und die Position der Lohnabhängigen gegen Erpressungen von Ausbeutern erhöhen.

    Wozu benötigt die xxU überhaupt eine Diätenerhöhung? Reichen denen die Bestechungsgelder von Großkonzernen nicht mehr aus? Naja, wird vermutlich am xxU-Gen (maßlose Gier) liegen.

  • Fair???



    Was ist daran fair?

  • Was gibt es in den Parteien der Mitte nicht alles für Sprüche.



    Rentner sollen mehr arbeiten, Empfänger von Bürgergeld sind faul etc. etc.



    Wir sollten einen Spruch hinzufügen: "Parlamentarier rechts der Linken sind gierig."



    Ich schätze mal, dass 75% der in Deutschland Erwerbstätigen in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht ansatzweise soviel verdienen wie unsere Parlamentarier. Doch Mindestlohnerhöhung auf 15€ kommt nächstes Jahr, vielleicht, erstmal werden die Diäten raufgesetzt.



    Für jene die nicht rechnen können, die Mindestlohnerhöhung um 2,18€ bringt dem 40h Arbeiter gerade mal ~350€ Brutto. Herunter gerechnet auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 34,3h sind es nur ca. 300€ Brutto.



    Ein Parlamentarier zahlt von den 606€ nicht einen Eurocent mehr in seine KV, denn er ist privat versichert. Beim Arbeiter bleiben von der Lohnerhöhung mit viel Schönrechnerei 100€ hängen.

    WTF ist mit diesem Land los?

  • Linke bitte nochmal nachrechnen, aber auch der Bundestag nochmal nachdenken:

    1. Der verkleinerte Bundestag darf nicht erneut aufgebläht werden. Da sich eher Unionspolitiker dafür aussprachen, den alten unhaltbaren Zustand mit "Ausgleichs"- bzw. Bläh-Mandaten wieder herbeizuschummeln, darf sich, solange diese Gefahr im Raum steht, die CDU nicht mehr Volkspartei nennen.

    2. Ein Rentenanspruch nach nebenjobfrei ganz durchgestandener erster Legislaturperiode von 1183€ ist o.k. Nach zweiter Periode aufgestockt um 1039€. Abzüge möge es für chronische Sitzungsabwesenheiten geben, etwa wegen Nebenjobs, denn der kleinere Bundestag kann sich solche Extravaganzen Einzelner nicht leisten. Arbeitsfähig ist der Bundestag, wenn er seinen Auftrag als Gesetzgeber erfüllt. Viele Juristen im hohen Hause ermöglichen Erstellen guter Gesetzesvorlagen - inhouse! Vorlagen aus den Ministerien sollten Ausnahme sein. Dann ist Gesetzgebung durch die Abgeordneten gegeben - das ist viel Arbeit.

    Wer unbedingt länger im Bundestag sitzen will, sollte das aber aus Leidenschaft tun und nicht des Altersgeldes wegen - mit jeder weiteren Periode sollte also der weitere Rentenanspruchsanstieg deutlich kleiner werden.

  • Ja, bei den Diäten sind sich die meisten Abgeordneten hinter den Kulissen schön einig. Die AfD wird bestimmt auch wieder meckern und im Ältenstenrat zustimmen. Daraus ergeben sich für mich automatisch die üblichen Forderungen: Reduzierung des Bundestages auf 500 Abgeordnete, keine Überhangmandate, Einzahlung ins Rentensystem, nur solange Bezüge aus dieser Quelle wie die Zeit im Bundestag war, also nicht unbegrenzt bis ans Lebensende oder wenn bis ans Lebensende dann deutlich niedriger (es sollte ja Ansprüche aus Erwerbsarbeit vor oder nach der Zeit in der Politik geben), Versicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse, keine oder nur selber zu bezahlende private Krankenversicherung. Wichtig ist auch das Verbot von Nebeneinkünften und eine Sperrfrist zur Übernahme von Wirtschaftspöstchen nach Auscheiden aus dem Parlament.

  • Viele linke Bundestagsabgeordnete, darunter die Parteivorsitzenden Schwerdtner und van Aken, geben sich auch mit dem deutschen Durchschnittsgehalt von 2800 Euro netto zufrieden.

    Oder sie spenden ihre Diätenerhöhung, wie Reichinnek und Pellmann.

    So machen das z.B. Mandatstragende der KPÖ in Österreich seit Jahren. Denn es ist logisch, dass man anders über Geld und Privilegien nachdenkt, wenn man sich nicht alles leisten kann.

    Ebenso ist es absurd, dass manche Bundestagsabgeordnete Nebeneinkünfte haben, die ihre Diäten weit übersteigen (was übrigens auch die Tür zu Einflussnahmen öffnet).

    Ein weiteres Problem sind Unternehmensspenden, die die Linke übrigens auch nicht akzeptiert.

    Kurz: Ich würde mich freuen, wenn mehr Leute außer der Linken darüber sprechen und nach Alternativen suchen würden.

  • Kein Freund von den Linken, aber diesmal zeigen sie Klasse!

  • "Diät" - sie müssten bei all ihrem augenblicklichen verbalen Getöse 606 Euro runter gehen!

  • ...das sind doch nur peanuts. Entscheidend sind Einkommen durch Lobbyosten, wie war das mit dem Wohnunskauf in Berlin von Herrn Spahn oder Özdemirs Kredit? Viele sind Beamte und die meisten bekommen nach dem Ende der Bundestagskarriere ein Auskommen durch die Industrie und Verbände oder Stiftungen. Frag mal Josef Fischer und Daimler...

    • @Philippe Ressing:

      Nicht erst nach dem Ende der Bundestagskarriere, die Bestechung fängt schon im Bundestag an. Eins von vielen Beispielen dafür ist der totgeschwiegene Skandal um P. Amthor.