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Linke bezichtigt Merkel der Gorleben-LügeWarnung ignoriert

Dokumente des Untersuchungsausschusses belegen, dass eine Studie zur Endlagerung in Salzstöcken in der Öffentlichkeit falsch dargestellt wurde.

Die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) soll 1995 Gorleben wider besseren Wissens als "erste Wahl" bezeichnet haben. Bild: imago/sepp spiegl

BERLIN taz | Die Aussagen ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen. "Die Untersuchungsergebnisse der BGR zeigen für mich, dass es keinen Grund gibt, nach Ersatzstandorten zu suchen. Gorleben bleibt erste Wahl." Diese Worte sprach die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel im August 1995, als sie eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu möglichen Atommüll-Endlagerstandorten in Salzstöcken vorstellte. Was die Aussage nicht vermuten lässt: Gorleben wurde in der Studie überhaupt nicht thematisiert, sondern von dem Vergleich komplett ausgenommen, weil der niedersächsische Salzstock zu dem Zeitpunkt bereits erkundet wurde.

Und wenn man ihn doch einbezogen hätte, wäre Gorleben nach Einschätzung des Geologen Detlef Appel als ungeeignet aussortiert worden, weil das Deckgebirge über dem Salzstock sämtliche in der Studie genannten Kriterien verfehle.

Für die Linken-Abgeordnete Dorothée Menzner steht darum fest: "Merkel hat die Öffentlichkeit bewusst getäuscht." Dass der damaligen Umweltministerin die Wahrheit bekannt gewesen sei, gehe aus Unterlagen hervor, die im Rahmen des Gorleben-Untersuchungsausschusses ausgewertet wurden.

So schrieb die BGR wenige Wochen vor der Präsentation der Ergebnisse eine explizite Warnung ans Umweltministerium: "Wir stellen noch einmal ausdrücklich fest, dass aus unseren Untersuchungen keine Vergleiche mit Gorleben gezogen werden dürfen."

Dass diese Botschaft in der Bundesregierung durchaus angekommen ist, geht aus einem weiteren Vermerk hervor, in dem der damalige (und heutige) Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit, Gerald Hennenhöfer, mit der Einschätzung zitiert wird, dass eine Vergleichbarkeit "nur sehr eingeschränkt gegeben" sei.

Gorleben war billiger

Zudem werden konkrete Vorschläge für die Darstellung der Ergebnisse gemacht: Wohl um Gorleben nicht in Frage zu stellen, sollten die von der BGR untersuchten Standorte stets als "Reservesalzstöcke" bezeichnet werden, von denen keiner "offensichtlich" besser sei als Gorleben.

Als Grund dafür, dass die Regierung an Gorleben festhalten wollte, nennt ein Vermerk des Wirtschaftsministeriums offen die Kosten: Der mit einem Alternativstandort verbundene "Milliardenaufwand" wäre "volkswirtschaftlich nicht vertretbar".

Als Konsequenz aus den Erkenntnissen fordert Die Linke, dass Gorleben bei der neuen Suche nach einem Endlager-Standort ausgeschlossen wird. Zudem sollen auch die an dem Vorgang Beteiligten im Ausschuss als Zeugen vorgeladen werden - darunter auch die heutige Kanzlerin

FDP und Union verzögern

Doch wann Merkel aussagen muss, ist offen. Denn kürzlich haben Union und FDP durchgesetzt, dass der Ausschuss künftig nur noch nachmittags tagt und jeweils nur noch ein Zeuge vernommen wird. Statt bis zur Sommerpause wird der Ausschuss seine Arbeit darum erst im nächsten Jahr beenden.

Der Vorsitzende Reinhard Grindel (CDU) hatte zur Begründung gesagt, er wolle verhindern, dass die Ergebnisse als "Klamauk" im niedersächsischen Landtagswahlkampf genutzt werden. Die Opposition hatte den neuen Zeitplan scharf kritisiert. Die Argumentation von Union und FDP sei unglaubwürdig, sagte Sylvia Kotting-Uhl (Grüne).

Die Koalition fürchte offenbar die Ergebnisse des Ausschusses und wolle "die Offenlegung unliebsamer Tatsachen" bis nach der Wahl in Niedersachsen verzögern, sagte sie.

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7 Kommentare

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  • EH
    egon hat schule

    wir können also auch hier feststellen, dass frau merkel

    unter dem bimbes schon zu erheblicher kriminalität bereit war,und ihren verfassungsauftrag mißbrauchte.

    man muß die kriminellen handlungen der atommaffia in

    der politik mal beim namen nennen.man wird staunen,und sich nicht zu unrecht fragen ob wir hier von organisierterter kriminalität regiert werden.

    man wußte schon lang von der untauglichkeit und hat steuergelder zu unrecht und aus nicht zulässigen gründen verschwendet.man hat statt regierungspolitik

    zugestalten parteipolitisches überleben mit steuergelde4rn verkleistert,man hat sich um die wissenschaftlich haltbare endlagerung jahrzehnte

    herrum gelogen..und demagogisiert...aus angst wohl vor der tatsache das es kein sicheres endlager

    geben kann auf dem ganzen erdplaneten nicht.das hätte den weiteren betrieb zu dem gemacht was er ist..ein menschenrechts und verfassungswidriger akt.

    statt dessen hat man versucht mit blödsinngen argumenten verfassungsrechte zu unteredrücken.

    und wie gesagt..kein privatkapitalistisches unternehmen kann für sich beanspruchen verfassungsrechte für den eigenen gewinn zu beugen oder zu brechen.ein erhebliches manko ist in diesem punkt das schweigen der "verfassungshüter"..

    ein endlager ist nicht nachgewiesen.das war grundlage für den betrieb von akws...vor ca. 50 jahren.willman uns hier für doof verkaufen in karlsruhe ode in berlin..denkt man man kann das

    kriminelle spiel mit korruptionen weiter betreiben.

    die cdu ist in punkto atomkraft eigentlich völlig diskreditiert.nicht nur der geschmierte bimbes..auch frau merkel hat geltendes atomrecht auf bergrecht nieveau um getrickst um lagerstätten wie morsleben behalten zu können.im ganzen ist dieser part der atomwirtscghaft mehr als ein untersuchungsausschuß wert.es bedarf einer strafanzeige wegen gemeinschaftlicher rechtsbrüche und beugungen...in anbertracht der tatsache ,dass

    es kein endlager gibt ist das weitere betreiben ein

    krimineller ein verfassungsverbrecherischer akt.

    aber in der brd läuft sowas unter politischer bagatelle..und man läßt sich selbst noch zu

    vertraglichkeiten mit diesen politischen banditen

    ein...so benimmt sich denn ja auch der vattenfall konzern.ebenfalls ein krimineller akteur.erst

    verfassungsrechte mit cdus beugen und verbiegen und

    wenn der gewinn nicht so hoch wie die aussicht,dann wird klage eingereicht.als wenn die maffia ihre gewinne einklagen könnte.aber die cdu wird es noch möglich machen.die kontaminierung mit atomaren stoffen ist ein völkerechtsverbrechen...die nicht gesicherte endlagerung nur ein parteipolitisches

    ermessen??? enttäuschend was da so auf verfassungsrechtlicher ebene seine duldung findet.

    und gefunden hat...bis hin zur unglaubwürdigkeit.

  • W
    Waage

    Die drei Gründe die Gorleben ursprünglich 1977 (noch lange vor Merkel) als Endlager qualifizierten:

     

    1) CDU Ministerpräsident,

    2) strukturschwaches Gebiet,

    3) "Zonenrandgebiet" (an die Deutsche Einheit in den nächsten 1 000 000 Jahren hat damals scheinbar die CDU nicht mehr ernsthaft geglaubt)

  • T
    Tom

    Und jetzt warten wir auf die Medienkampagne gegen Frau Merkel. Oder etwa nicht? Der Bundespräsident hat sich einen Kredit besorgt wo er weniger Zinsen zahlte als bei einer Bank. Dafür wurde er nun Wochenlang in den MEdien zerrisssen. Aber der Fall Merkel grenzt ja schon an mutwilliger Zerstörung der Umwelt.

    Wenn hier keine große Sache daraus gemacht wird, dann ist die Einstellung der Medien klar und von wem sie tatsächlich gelenkt werden.....

  • F
    frank

    Ich vermute, sie wird gar nicht aussagen. Aussitzen, ausschweigen, nichts tun. So ist sie doch zur "beliebtesten Politikerin" geworden ^^

  • P
    pluto

    Man weiß doch, dass Merkel auf Druck von "Ziehvater Kohl" handelte. Auf dem Weg nach oben muss man schon mal die eigene Überzeugung fallen lassen."Denn wer dem Herrchen nicht gehorcht bekommt kein Hundefutter"!Politik hat erst mal mit Karriere-Geilheit zu tun, erst dann kommt das Volksinteresse. Und in einer "Plutokratie" setzt sich stets das Kapital durch. Demokratisch sind nur noch die Wahlen.

  • J
    Jan

    Jetzt bin ich schockiert. Die CDU lügt? Und versucht dann auch noch die Aufklärung der ganzen Geschichte zu verhindern oder zumindest zu verzögern? Das hätte ich NIE von dieser Partei erwartet.

    Schön, daß diese Sache, auch wenn sie schon seit zig Jahren bekannt ist, trotzdem nochmal thematisiert wird. Bringen wird es wie immer nichts.

  • NS
    Na sowas...

    ... unsere ehemalige Bundesumweltzerstörerin und derzeitige Geschäftsführerin unserer Nichtregierungsorganisation hat gelogen. Also wer konnte das nur ahnen? Ich bin erschüttert, ja empört. Aufwachen! Unsere Politiker, Minister = DIENER, dienen doch schon lange nicht mehr denen, die sie wählen und dessen Steuergelder sie veruntreuen. Das größere Gehalt bekommen die von Banken und amerikanischen Großindustriellen, welche dabei sind unsere Wirtschaft zu zerstören für ihre globale EineWeltRegierung. Mit politischem Neusprech wird man für dumm verkauft und hinter das Licht geführt. "1984" - George Orwell lässt grüßen.

     

    Artikel 5 (1) GG: ... Eine Zensur findet nicht statt.