Linke Strategie gegen Rechtspopulismus: Die Stammtische erobern
Die Linke diskutiert, wie sie RassistInnen in den neuen Ländern entgegentreten kann. Rettet die Linkspartei das christliche Abendland?
![Der ausgebrannte Dachstuhl eines Hauses vor einem blauen Himmel. Der ausgebrannte Dachstuhl eines Hauses vor einem blauen Himmel.](https://taz.de/picture/1245526/14/15951511.jpeg)
Das war die übergeordnete Frage bei der zehnten Ostdeutschland-Anhörung der Linksfraktion zum Thema: „Ankunft im Osten“. Geladen hatte die Linke in die thüringische Vertretung in Berlin. Neben den ostdeutschen Parteivorderen Katja Kipping und Dietmar Bartsch sprachen am Montag auch Vertreter der Zivilgesellschaft: etwa der evangelische Pfarrer und ehemalige Bürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth. Er sprach über sein Erleben des Schweigens einer gesellschaftliche Mitte.
Nierth war von seinem Amt im sachsen-anhaltischen Tröglitz zurückgetreten, nachdem ein extrem rechter Demozug vor seinem Privathaus endete, weil er sich als Bürgermeister für Flüchtlinge engagiert hatte. Der Grund für den Rücktritt: Es gab keinen Aufschrei in seiner Gemeinde über die von der NPD angemeldete Demo. Einen Monat später brannte die geplante Flüchtlingsunterkunft für 40 Personen. Der Fall zog bundesweite Aufmerksamkeit nach sich. Eine Flüchtlingsunterkunft gibt es bis heute nicht in Tröglitz.
„Die Linke muss stammtischfähig sein.“
Nierth erlebte nach seinem Engagement für Flüchtlinge soziale Ächtung in dem Dorf mit 2.800 Einwohnern. Heute sagt er: „Die schweigende Mitte ist eine große Gefahr für die Gesellschaft. Wie können wir die Gesellschaft und ihre Werte retten?“ Politisch traut der Theologe das am ehesten der Linkspartei zu: „Wir nennen es Nächstenliebe, die Linke nennt es Solidarität. Die Linken haben mehr Wertüberschneidungen mit der Kirche als die christlichen Parteien. Retten sie das christliche Abendland?“
Um rechtspopulistischen Protest und rassistischen Taten entgegenzutreten, gebe es im Osten gute Voraussetzungen, sagt Bartsch: „Jeder vierte Einwohner der ehemaligen DDR war direkt betroffen von Flucht. Der Osten hat Migrationserfahrung, weiß, wie das Leben in der Transformation ist.“
Zur konkreten Umsetzung regte Jan Korte, Vizevorsitzender der Linksfraktion, seiner Partei die Schärfung des Alltagsverstandes an. Er sagte: „Wir müssen unsere Politik regionalisieren“. Durch konkrete Forderungen und den Einsatz vor Ort könne man die gesellschaftliche Politisierung nutzen. „Die Linke muss stammtischfähig sein. Erst muss man eingeladen werden und dann dagegenhalten.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links