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Lieber eigene Währungen

Afrikanische Länder entwickeln Alternativen zum US-Dollar als Währung für grenzüberschreitenden Handel. Dabei geht es nicht nur um Unabhängigkeit

Immer im Hintergrund: die US-Währung Foto: Fo­to: Tho­mas Mukoya/reuters

Von Simone Schlindwein, Kampala

Nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und finanziell orientieren sich zunehmend mehr afrikanische Staaten weg von den traditionellen Beziehungen zum Westen. Beim grenzüberschreitenden Handel etwa nutzen sie immer öfter nicht mehr den Weg über den US-Dollar als Währung, sondern alternative Zahlungssysteme.

Beliebt ist dabei das bereits 2022 eingeführte afrikanische Bezahlsystem PAPSS (Pan-African Payment and Settlement System). Damit könnten in Afrika jährlich bis zu 5 Milliarden US-Dollar an Transferkosten eingespart werden, so PAPSS-­Ge­schäfts­füh­rer Mike Ogbalu. „Unser Ziel ist nicht die De-Dollarisierung“, stellt Ogbalu klar. Dennoch verliert der US-Dollar so an Relevanz. Denn mit Hilfe von PAPSS kommt beispielsweise eine Supermarktkette in Sambia, die Klopapier in Kenia einkaufen will, ohne die Noch-Leitwährung aus: Der sambische Konzern weist bei seiner Bank die Bezahlung in der lokalen Währung Kwacha an – und die Papierfabrik in Kenia erhält das Geld in kenianischen Shilling.

Der Clou: Dabei wird nur eine minimale Transaktionsgebühr fällig, meist rund 1 Prozent des Kaufpreises. Die Abwicklung in US-Dollar wäre deutlich kostspieliger. Bei Summen von bis zu 200 Millionen US-Dollar können zwischen 10 und 30 Prozent fällig werden. „Einige der teuersten Korridore für grenzüberschreitende Zahlungen befinden sich tatsächlich auf dem afrikanischen Kontinent“, sagte Lesetja Kganyago, Gouverneur der südafrikanischen Zentralbank, der Nachrichtenagentur Reuters während eines G20-Treffens in Kapstadt im Februar. „Damit wir als Kontinent funktionieren können, ist es wichtig, dass wir anfangen, in unseren eigenen Währungen zu handeln und abzuwickeln.“

Bislang war die Transaktion in Dollar meist unumgänglich. „Das bestehende Finanznetzwerk, das größtenteils auf dem Dollar basiert, ist für Afrika im Wesentlichen aber weniger effektiv und teurer geworden“, erklärt Daniel McDowell, Professor an der Syracuse University in New York und Spezialist für internationale Finanzen. Denn die Wirtschaftsbeziehungen auf dem Kontinent verändern sich. Afrikanische Firmen und Staaten handeln immer mehr untereinander – und die Afrikanische Union fördert das. 2019 hat sie die internen Zollschranken abgeschafft und die innerafrikanische Freihandelszone ­AfCFTA ins Leben gerufen, 2021 trat diese in Kraft. Mit 55 Ländern ist sie derzeit die größte Freihandelszone der Welt.

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Allerdings finden bislang immer noch 84 Prozent der grenzüberschreitenden Finanztransaktionen Afrikas im Wert von mehr als 1 Milliarde US-Dollar mit externen Partnern statt, vor allem mit China, der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Das zeigt der jüngste Bericht der auf Mauritius ansässigen MCB Group.

Die langsame Abkehr von der US-Währung erfolgt nicht zuletzt auch aufgrund des steigenden Einflusses von China und Russland auf dem afrikanischen Kontinent. Beim Gipfeltreffen der Brics-Staaten im vergangenen Herbst in der russischen Stadt Kasan hatte das russische Finanzministerium bereits die Idee von einer Abkehr vom Dollar als Weltwährung gepusht. Die internationalen Sanktionen gegen russische Banken erschweren russischen Unternehmen Geschäfte, für die in US-Dollar umgerechnet wird, und machen sie riskanter. Finanzminister Anton Siluanow forderte die Brics-Mitglieder in Kasan sogar auf, eine Alternative zum Internationalen Währungsfonds zu schaffen.

„Das bestehende Finanznetzwerk ist für Afrika ineffektiv und teuer geworden“

Daniel McDowell, Finanzexperte

Gegenwind aus den USA bleibt nicht aus. Als der südafrikanische Zentralbankchef Lesetja Kganyago bei dem G20-Treffens im Februar erklärte, „damit wir als Kontinent funktionieren können, ist es wichtig, dass wir anfangen, in unseren eigenen Währungen Handel zu treiben und abzuwickeln“, kam die Reaktion aus Washington prompt. „Es besteht keine Chance, dass die Brics-Staaten den US-Dollar im internationalen Handel oder anderswo ersetzen werden“, warnte US-Präsident Donald Trump und drohte mit Zöllen von 100 Prozent. „Jedes Land, das es versucht, sollte entweder diese Zölle zahlen oder Amerika auf Wiedersehen sagen!“, schrieb er auf einem Social-Media-Kanal.

Aber immerhin zahlt mittlerweile die Entwicklungsagentur (IFC) der Weltbank inzwischen Kredite und Zuschüsse an Entwicklungsländer in lo­kaler Währung aus. Dafür kooperiert die Bankengruppe mit der britischen Bank Standard Chartered. „Angesichts der Wechselkursvolatilität und des steigenden Schuldendrucks wird der Bedarf an Finanzierungen in Landeswährung in Schwellenländern immer deutlicher“, sagt John Gandolfo, IFC-Vizepräsident und -Schatzmeister. Und Standard-Chartered-Chef Kariuki Ngari glaubt: „Dieser Schritt eröffnete neue Wege für langfristiges Wirtschaftswachstum.“

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