Libanon hat eine neue Regierung: Hisbollah holt drei Ministerposten
Der bisherige Ministerpräsident Saad al-Hariri führt eine neue Regierung. Die Schiitenmiliz Hisbollah bekommt das begehrte Gesundheitsministerium.
Nach der Wahl am 6. Mai – der ersten seit neun Jahren – war Hariri von Aoun mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Was folgte, war ein monatelanger Streit um die Verteilung der Ministerposten. Gemäß der konfessionellen Parität im Libanon muss die Hälfte der 30 Kabinettsposten mit Christen besetzt werden, die andere Hälfte mit Muslimen.
Bis zuletzt war die Regierungsbildung durch die Forderung von sechs sunnitischen Abgeordneten nach einem eigenen Posten im Kabinett verhindert worden. Anders als der ebenfalls sunnitische Premier und seine Zukunfts-Partei gehören diese sechs Parlamentarier zum pro-syrischen Lager im Libanon und wurden von der Hisbollah unterstützt. Dessen Generalsekretär Hassan Nasrallah hatte gedroht die Regierung zu boykottieren, sollte die Forderung nicht berücksichtigt werden.
Den Hintergrund für diese Blockadehaltung sahen Beobachter in den jüngsten Entwicklungen in Syrien. „Die große Neuerung nach der Wahl war die Rückkehr des syrischen Regimes ins politische Spiel im Libanon“, sagt Joseph Bahout vom Carnegie Center for Middle Eastern Studies in Beirut. „Das Assad-Regime hat deutlich gemacht, dass es die Bildung einer Regierung in Beirut nur dann unterstützen werde, wenn Hariri die Beziehungen zu Damaskus normalisiert.“
Offiziell verfolgt die libanesische Regierung seit Beginn des Konfliktes in Syrien eine Politik der Nichteinmischung. Die Hisbollah, deren Milizionäre seit Jahren an der Seite der Assad-Truppen in Syrien kämpfen, will die Beziehungen zu Damaskus jedoch so schnell wie möglich normalisieren.
Hisbollah stellt drei Minister
Aus den Parlamentswahlen im Mai waren die Hisbollah und ihre pro-syrischen Verbündeten, vor allem die christlich-maronitische Freie Patriotische Bewegung (FPB) von Präsident Michel Aoun, gestärkt hervorgegangen. Großer Verlierer war Hariris Zukunfts-Bewegung.
Diese Verschiebung spiegelt sich sich in der Zusammensetzung der neuen Regierung wider: 18 der 30 Ministerposten werden nun von Vertretern des pro-syrischen Lagers besetzt. Die Hisbollah, die von zahlreichen Staaten, darunter den USA, als Terrororganisation eingestuft wird, erhält drei anstatt wie bisher zwei Kabinettsposten.
Sie stellt nun auch den Minister im hoch budgetierten Gesundheitsressort. Bereits im Vorfeld der Regierungsbildung wurden deshalb Befürchtungen laut, dass wichtige internationale Finanzhilfen für Libanons Gesundheitssektor in Zukunft ausbleiben könnten.
Unter diesen Umständen dürfte es Premier Hariri in Zukunft noch schwerer haben, den Erwartungen seiner Unterstützer im Westen und in Saudi-Arabien gerecht zu werden, insbesondere was die Beziehungen zum Regime in Damaskus angeht.
Auch der Druck auf die rund 1,5 Millionen syrischen Geflüchteten im Libanon dürfte unter der neuen Regierung weiter zunehmen. Hisbollah und FPB wollen sie so schnell wie möglich zurück in ihre Heimat schicken – obwohl viele bei ihrer Rückkehr um Leib und Leben fürchten müssen.
Touristen bleiben aus
Als größte Herausforderung für das neue Kabinett, das am Samstag erstmals zusammenkommen soll, nannte Hariri die wirtschaftlichen Probleme des Libanon. Seit 2011 und dem Ausbruch des Krieges in Syrien lag das Wirtschaftswachstum bei durchschnittlich 1,5 Prozent und damit unter dem Bevölkerungswachstum.
Der wichtige Tourismussektor ist in den letzten Jahren eingebrochen, vor allem weil immer weniger Besucher aus den Golfstaaten kamen. Auch der Bausektor schwächelt und es mangelt an ausländischen Investitionen. Darüber hinaus kämpft das Land mit einer der weltweit höchsten Staatsverschuldungen.
Auf einer internationalen Hilfskonferenz in Paris Anfang April 2018 hatte der Libanon Zusagen für zinsgünstige Kredite in Höhe von 11 Milliarden US-Dollar erhalten – vor allem für Investitionen in die marode Infrastruktur des Landes. Doch um diese Gelder auch zu erhalten, muss der Libanon verabredete Reformen umsetzen, was nur mit einer funktionierenden Regierung möglich ist.
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