Liam Neeson spricht über Mordgelüste: Rassismus eines Publikumslieblings
Der Schauspieler erzählt in einem Interview, er habe mal Mordgedanken gegen schwarze Männer gehabt. Mutiges Bekenntnis oder total daneben?
Die meisten Promis achten ganz genau darauf, was sie in Interviews sagen und wie das, was sie sagen, verstanden werden könnte. Der nordirische Schauspieler Liam Neeson hat jetzt einen anderen Weg gewählt. Er hat gestanden, in der Vergangenheit einmal rassistische Gewaltphantasien gehegt zu haben. Mutiges Bekenntnis? Oder einfach nur daneben?
Neeson hat dem britischen Onlinemagazin The Independent ein Interview gegeben. Anlass ist das Erscheinen seines neuen Films „Cold Pursuit“ am Donnerstag. Darin wird ein Durchschnittsbürger zum Killer, weil sein Sohn ermordet wird. Die Reporterin befragt ihn zum Thema Rachgedanken, und Neeson spricht über eine Episode in seinem Leben, die von Rassismus und toxischer Männlichkeit geprägt war.
„Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen. Die ist wirklich so passiert“, beginnt der 66-Jährige. Eine Bekannte habe ihm einst von einer Vergewaltigung berichtet, sagt Neeson. Er habe daraufhin gefragt: „Welche Hautfarbe hatte er?“ Die Bekannte habe geantwortet, der Täter sei schwarz gewesen.
Daraufhin habe er eine Woche lang mit einem Knüppel die Straßen durchstreift, in der Hoffnung, von einer schwarzen männlichen Person provoziert zu werden. Es ist ein entsetzliches Geständnis, mit dem der „Schindlers Liste“-Star über Nacht eine Lawine von Kritik im Netz losgetreten hat. Viele Fans zeigen sich entsetzt oder sogar angeekelt von ihrem Idol, einige sind sogar das Ansicht, dass das das Ende von Neesons Karriere sein könnte.
Das Problem der „Anderen“
Es ist ziemlich verantwortungslos, als Vorbild einfach so rassistische Mordphantasien in die Massenmedien zu plärren. Zwar hat Neeson die Geschichte in einem bestimmten Kontext erzählt, aber er musste wissen, dass The Independent einen Ausschnitt des Audios posten würde. Besonders der Hintergrund der Aussage muss stutzig machen: Neeson promotet einen Film, in dem der Protagonist einer ähnliche Kurzschlussreaktion folgt. Was will er erreichen? Sollen gewalttätige Rassisten einen Helden finden?
Andererseits ist eine allzu pauschale Kritik auch wieder nicht gerechtfertigt. Der Schauspieler distanziert sich nicht nur klar von seinem früheren selbst („Ich schäme mich“), er kontrastiert sein männliches Rächer-Verhalten auch mit dem der Bekannten, die die sexualisierte Gewalt erlebt hat. Die sei mit der Sache „auf ganz erstaunliche Weise“ umgegangen, stellt Neeson seiner Erzählung voran.
Es ist gewiss leichter, sich vehement gegen Rassismus und toxische Männlichkeit auszusprechen, als zu bekennen, dass man selbst diesen Ideologien aufgesessen und beinahe selbst zum Täter geworden ist. Damit rassistische Gewalt als Problem ernst genommen wird, muss klar werden, dass nicht immer nur undefinierte Andere solche Gedanken hegen, sondern auch diejenigen, die wir vielleicht zu „den Guten“ zählen.
Sollte sich Neeson jedoch so etwas wie Abbitte oder sogar Sympathie erhofft haben, dann ist die Rechnung nicht aufgegangen. Sein Bekenntnis mag wichtig sein, erschreckend ist es trotzdem. Und als Werbung für einen Kinofilm sicher ganz und gar ungeeignet.
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