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Mögliches Ende des Radiosenders CosmoGEZ kennt keine Staatsbürgerschaft

Leyla Roos
Kommentar von Leyla Roos

Unsere Autorin startete als Kinderreporterin bei Cosmo in den Journalismus. Dort stehen migrantische, junge, queere Perspektiven im Zentrum.

Dort wo Cosmo groß wurde, die Gastarbeiterheime der BRD Foto: Sommer/imago

C osmo, das mehrsprachige Radioprogramm der ARD, steht vor dem Aus. Der einzige Sender, der mehrsprachig aus migrantischer Perspektiven sendet und gesellschaftliche Vielfalt hörbar macht, soll aus Spargründen abgeschafft werden. Diese Nachricht trifft ein Publikum, das ohnehin schon viel zu selten in deutschen Medien repräsentiert wird: migrantische Communitys. Denn der Sender stellt ihre Perspektiven konsequent in den Mittelpunkt und sendet in zehn verschiedenen Sprachen.

Doch Cosmo war nie nur Radio, sondern Anknüpfungspunkt für viele weitere Angebote – zum Beispiel Konzerte und einen Instagram-Account – für junge, migrantische und auch queere Menschen. Auch diese gehen durch ein Aus von Cosmo verloren.

Das mögliche Ende von Cosmo ist für mich persönlich. Ich durfte als Kinderreporterin dort zum ersten Mal ins Mikro sprechen, und das zweisprachig. „Mein eines Ohr ist türkisch, das andere ist deutsch“, sagte ich damals. Dass ich beide Sprachen spreche, war ausnahmsweise mal ausdrücklich gewünscht. Deutsch-türkische Zweisprachigkeit wird sonst meist nicht als Vorteil gesehen.

Für meine Großeltern, die in den 60ern als sogenannte „Gastarbeiter“ nach Deutschland kamen, war es ein Moment des Stolzes: Ihre Enkelin im deutsch-türkischen Radio. Für sie war Cosmo, das damals noch Funkhaus Europa hieß, ein Stück Heimat im „Gurbet“, dem Leben in der Fremde.

Dass genau dieses Programm jetzt verschwinden soll, ist ein fatales Signal. Cosmo steht für Teilhabe, für Repräsentation, für Diversität. Und gerade in einer Zeit, in der Vielfalt im politischen Diskurs als etwas Negatives dargestellt wird, ist so ein Sender wichtiger denn je. Mit der Petition, die gerade für den Erhalt kämpft, gibt es immerhin noch einen Rest Hoffnung.

Die GEZ zahlt man unabhängig von der Staatsbürgerschaft

Was besonders bitter ist: Es gibt keinen Plan B. Die ARD hat keine Idee, wie migrantische Zielgruppen künftig erreicht werden sollen. Einfach streichen, und dann? Ich persönlich finde das ignorant. Die GEZ zahlt man unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Cosmo muss bleiben, wenn die ARD es ernst meint, gesellschaftliche Vielfalt in ihrem Programm abzubilden.

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Leyla Roos
hat interdisziplinäre Medienwissenschaft (Intermedia) in Köln studiert. Nachdem sie in der Wissenschaftssendung MAITHINK X arbeitete, schreibt sie für die taz – vor allem über feministische und gesellschaftspolitische Themen. Auf Social Media setzt sie sich zudem für intersektional-feministische Aufklärung ein.
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5 Kommentare

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  • Habe mich immer gefragt, wer das außer mir hört. Sie sind das!

    Die migrantischen Jugendlichen sind längst in den sozialen Medien unterwegs.

  • Es ist ein langsames Sterben, dass ich bei meinem einstigen Lieblingssender verfolge. Begonnen hat es mit der Auflösung von Radio Multikulti in den 90ern und ging dann von Funkhaus Europa zu Cosmo, von dem mittlerweile auch nur noch ein Rumpf übrig ist, d.h. in 24h werden nur in 10 tatsächlich Radio gemacht (also da sitzt eine/r und macht Programm, mehr oder weniger live). Hinzu kommen dann noch die 3h Programm für unsere ausländischen Mitbürger. Der Rest ist Playliste und Podcast. Insofern also kein Wunder, dass die Zuhörerzahlen wegbrechen - das ist gewollt, damit man das Programm friedlich beerdigen kann!



    Für mich eine Schande, die mich schon lange sehr traurig macht. Und ich fürchte, auch diese weitere Petition wird nicht helfen, genauso wenig wie es die voran gegangenen getan haben.



    Was mich ein bisschen wundert ist, dass man als Hörer von dem ganzen Radiosterben (es ist ja leider nicht nur Cosmo) bei den Sendern selbst so wenig mitbekommt. Statt die ganzen Sparmassnahmen mal als solche zubenennen werden uns Radiohörern diese als "Festival" oder als Programmneuheiten verkauft! Das Schweigen der Lämmer?

  • Eine hübsche Laudatio auf einen Sender, den aber tatsächlich nur sehr wenige hören wollen.



    Laut Hörfunknutzung erreicht Cosmo 170.000 Hörer täglich. Wenn man das in Relation setzt zum Anteil an Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund die in Deutschland leben, dann wird direkt klar, dass selbst von diesem Primärzielpublikum nur sehr Wenige ein tatsächliches Interesse an Cosmo hegen.



    Das die ARD keine Idee hat, "wie migrantische Zielgruppen künftig erreicht werden sollen" kann man kritisieren, vielleicht sollte man aber, bevor man das als "ignorant" bezeichnet, erst einmal eruieren, ob überhaupt von Seiten der Migranten solch ein Format weiterhin gewollt ist.



    Radio ist schließlich ein Medium von vorvorgestern und gerade die migrantische Community ist jung, deutlich jünger als die Deutschen in unserem Land. Junge Leute von heute nutzen aber das 📲 statt dem 📻

  • Cosmo lohnt sich auch sehr zu hören, wenn wan nicht migrantisch und/oder queer ist - die Petition hat, Stand gerade, schon über 50000 Unterschriften...



    .



    Hier nochmal der link: innn.it/savecosmoradio

  • Die GEZ gibt es schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Die heißt jetzt "Beitragsservice".



    "Service" framet sich besser als "Gebühreneinzug".