Leitlinien des Hightech-Forums: Alter Wein in neuen Schläuchen
Das „Hightech-Forum“ der Bundesregierung stellte seine innovationspolitischen Leitlinien vor. Dabei geht es auch um Akzeptanz für neue Technologien.
Das Forum ist ein Beratungsgremium, das die „Hightech-Strategie“ der Bundesregierung, die Forschungs- und Innovationspolitik ihrer Bundesministerien, seit drei Jahren begleitet. Dem Hightech-Forum gehören 20 Experten an: aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie erstmals sechs Vertreter der Zivilgesellschaft. Diese „dritte Bank“ war eingerichtet worden, nachdem in den Vorjahren Kritik laut wurde, dass die Leitlinien die Innovationspolitik nur von Wirtschaft und Wissenschaft unter sich ausgekungelt würden.
„Diese Beteiligung der Zivilgesellschaft war eine Bereicherung, die neue Elemente und Themen in unseren Diskurs eingebracht haben“, sagte der Präsident des Stifterverbandes, Andreas Barner. Der Pharmaunternehmer hatte zusammen mit dem Chef der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neugebauer, das Gremium geleitet. 400 weitere Fachleute waren in 60 Sitzungen des Forums gehört worden. „Einen solchen intensiven Dialog kenne ich aus anderen Ländern nicht“, bemerkte Neugebauer.
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, war mit der Beteiligung der Zivilgesellschaft zufrieden. „Ich stand dem Prozess anfangs skeptisch gegenüber, bin aber zum Schluss eines Besseren belehrt worden“, sagte Hannack gegenüber der taz. Vor allem die für die Arbeitnehmervertreter wichtigen Vorschläge zur Modernisierung der beruflichen Bildung und besseren Ausstattung der Berufsschulen seien vom Forum voll übernommen worden.
Heraus kamen zwei Empfehlungshefte zu „innovationspolitischen Leitlinien“ und „Umsetzungsimpulsen“, die Bundesforschungsministerin Johanna Wanka überreicht wurden. Deren lyrische Titel „Gemeinsam besser“ und „Gute Ideen zur Wirkung bringen“ verbalisieren das derzeitige Problem deutscher Innovationspolitik: Zu sehr wird von den Kreativ-Akteuren nebeneinander her innoviert, zu wenig wird auf die praktische Anwendung gedrängt. Wanka berichtete, dass die Basistechnologie für das autonome Fahren schon 2008 in der deutschen Wissenschaft vorhanden gewesen sei. „Das Interesse der Autoindustrie daran war gleich null“, hatte der betroffene Professor der Politikerin geklagt.
Experimentierräume und Bürgerbeteiligung
Neuen Schwung sollen nun Vernetzung und offene Innovationsprozesse bringen. „Reallabore“ war der Begriff des Tages: „Experimentierräume, in denen unter Bürgerbeteiligung neue Techniken erlebbar gemacht werden“, beschrieb Neugebauer die vermeintlich neue „soziale Innovation“, die freilich in Baden-Württemberg schon seit Jahren in zwei Reallabor-Programmen gefördert wird. Auf diese Weise solle auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für neue Technologien verbessert werden, hoffte neben dem Technikforscher auch der Staatssekretär aus dem Bundeswirtschaftsministerium, Matthias Machnig.
Eine Position, der von anderen Forumsmitgliedern dagegen offen widersprochen wurde. Bei „Open Innovation“, so die Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt, Birgitta Wolff, „muss es um Partizipation gehen und nicht um Akzeptanz“.
Der Bundesregierung werde es nicht gelingen, mit den Empfehlungen des Hightech-Forums aus ihrer „innovationspolitischen Endlosschleife“ herauszukommen, bemängelte der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring. Beispiel sei die seit zwölf Jahren erhobene Forderung nach einer steuerlichen Forschungsförderung. Auch die Verengung auf rein technologische Innovationen sei „längst überholt“, so der Oppositionspolitiker. „Es ist höchste Zeit, auf sozialökologische Innovationen zu fokussieren“.
In der Summe seien die Empfehlungen wenig innovativ, urteilte Gehring: „Ein großer Mehrwert des Forums gegenüber der seit vielen Jahren kontinuierlich arbeitenden Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) ist kaum erkennbar.“
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