EFI-Kommission über Forschungspolitik: Neue Strukturen gesucht

Die Forschungspolitik müsse breiter aufgestellt werden, fordern die EFI-Experten. Die Zivilgesellschaft soll eingebunden werden.

Bundeskanzlerin Merkel sitzt mit anderen Personen in einer Videoschalte.

Bundeskanzlerin Merkel bei der Annahme des Gutachtens zur Forschungspolitik am 25. Februar Foto: Sean Gallup/Getty Images/Pool/dpa

BERLIN taz | Die deutsche Forschungspolitik sollte stärker auf die Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen – wie die Klimakrise oder den demografischen Wandel – ausgerichtet werden und dabei den Ansatz einer „neuen Missionsorientierung“ verfolgen. Das hat die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in ihrem neuen Jahresgutachten vorgeschlagen, das am Mittwoch an Bundeskanzlerin Merkel übergeben wurde. Weitere Themenschwerpunkte des Berichts sind die Folgen der Coranapandemie für das Innovationssystem, die Digitalisierung der beruflichen Bildung und die Vermarktung der Genschere Crispr/Cas.

Nach Einschätzung der EFI-Kommission belastet die Covid-19-Krise nicht nur aktuell die Innovationsaktivitäten der deutschen Unternehmen, sondern sie kann langfristig das gesamte Forschungs- und Innovationssystem gefährden.

Vom Staat erwartet die Kommission mehr Reaktionsschnelligkeit sowohl in der Krisenbewältigung als auch in der Zukunftsgestaltung. Die heutigen Probleme in Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft seien in der Regel komplex und verlangten neue Lösungsansätze. Die „missionsorientierte Forschungspolitik“ solle deshalb neben der Wissenschaft auch die Zivilgesellschaft einbinden, erklärte EFI-Mitglied Katharina Hölzle vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam.

Dies verlange etwa Änderungen in der Regierungsbürokratie. Um die Vielfalt der Herausforderungen besser zu koordinieren, „sollte für jede Mission eine eigene interministerielle Taskforce mit Entscheidungskompetenzen und eigenem Budget aufgesetzt werden“, lautet ein Vorschlag. Bei besonders komplexen Missionen könnten auch die Ministerien neu zugeschnitten „oder sogar ein eigenes Ministerium dafür eingerichtet“ werden.

Die Tragfähigkeit dieser Expertenanregung wird sich auf Bundesebene Ende des Jahres bei den Koalitionsverhandlungen für die neue Regierung erweisen.

Es ist höchste Zeit

Die Sprecher der grünen Bundestagsfraktion für Forschung und Innovation, Kai Gehring und Anna Christmann, begrüßten den EFI-Vorschlag für eine „missionsorientierte Forschungspolitik“, der mit Perspektiven aus der Praxis gebündelt werden müsse.

Es sei „höchste Zeit, dass dieser Appell auch in der Bundesregierung gehört“ werde, erklärten sie. „Ob klimaneutrale Industrien, eine Kreislaufwirtschaft ohne Müll oder eine pestizidfreie Landwirtschaft – nur mit ambitionierten Missionen und mit neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien werden wir die großen gesellschaftlichen Herausforderungen lösen.“ Das gegenwärtige BMBF fokussiere dagegen zu einseitig auf technische Innovation.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.