Leistungen für Hartz IV-Empfänger: Sätze systematisch heruntergerechnet
Laut einem Bericht des TV-Magazins „Monitor“ spart die Bundesregierung jährlich rund 10 Milliarden Euro. Grund sei eine fragwürdige Berechnung des Existenzminimums.
Grund für den zu niedrigen Regelsatz seien fragwürdige Berechnungen des Existenzminimums, die bestimmte Ausgaben wie etwa für Alkohol, Tabak, Verkehrsmittel oder Reisen nicht vollständig berücksichtigten, hieß es. Außerdem gelten als Referenzgruppe seit 2011 nicht mehr die einkommensschwächsten 20 Prozent der Bevölkerung, sondern nur noch 15 Prozent.
Der Regelsatz soll „ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“ ermöglichen, wie es das Bundesverfassungsgericht fordert. „Das ist mit den Regelsätzen, die wir jetzt haben, mit Sicherheit nicht mehr der Fall“, sagt der ehemalige Vorsitzende am Landessozialgericht Hessen, Jürgen Borchert, in dem „Monitor“-Beitrag, der am Donnerstagabend in der ARD ausgestrahlt werden sollte. Viele Sozialexperten in Deutschland sehen das genauso.
Irene Becker, Expertin für Verteilungsforschung, nennt das Vorgehen der Regierung „methodisch unsauber“. Das Ziel, das Existenzminimum zu errechnen, werde durch die Kürzungen systematisch unterlaufen. Auch weil sogenannte „verdeckt Arme“ bei den Berechnungen nicht herausgerechnet werden.
Insgesamt belaufen sich die Einbußen für Hartz-IV-Empfänger und Rentner auf rund zehn Milliarden Euro jährlich, wenn man den Betrag von 571 Euro mit dem derzeit gültigen Satz von derzeit 416 Euro monatlich vergleicht, wie es weiter hieß. Die Bundesregierung räumte dazu den Angaben nach ein, die Frage der Höhe des Regelbedarfs und des soziokulturellen Existenzminimums sei „nicht vorrangig eine Frage des Berechnungsverfahrens, sie muss politisch beantwortet werden.“
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