Leih-E-Scooter in Hamburg: Abstellflächen statt Wildwuchs
Mehr Abstellflächen für E-Scooter sollen in Hamburg den Stadtverkehr befrieden. Kontrolliert wird das richtige Abstellen von den E-Scooter-Anbietern.
Anders als das städtische Angebot an Leihfahrrädern ist die Ausleihe und Rückgabe von E-Scootern nicht auf festgelegte Stationen begrenzt. Die Fahrt kann, vereinzelte Sperrzonen ausgenommen, im gesamten Geschäftsgebiet des jeweiligen Anbieters beendet werden.
Das Free-Floating-Sharing ist für Nutzer:innen komfortabel, sorgt bei Anwohner:innen, Fußgänger:innen und mobilitätseingeschränkten Menschen jedoch für Ärger, wenn E-Scooter mitten auf dem Gehweg abgestellt werden oder als Stolperfallen auf dem Boden liegen. Eine Beschränkung der Nutzung des öffentlichen Raumes für private E-Scooter-Anbieter ist jetzt jedoch auch in Hamburg absehbar.
Mehr als 5.300 Behinderungen durch abgestellte E-Scooter auf Geh- und Radwegen wurden 2022 in Hamburg registriert. Zusätzlich gefährdeten geparkte E-Scooter auf Geh- und Radwegen in 1.200 Fällen andere Verkehrsteilnehmer:innen. Für falsch geparkte E-Scooter kann das Ordnungsamt Bußgelder verhängen, die von den Anbietern an die Kund:innen weitergeleitet werden.
Stadtreinigungs-Team gegen Rollerchaos
Um dem Rollerchaos Herr zu werden, kümmerte sich ein extra für diesen Einsatz abgestelltes Team der Stadtreinigung in einem Pilotprojekt von Oktober 2022 bis Januar 2023 um das Umparken der falsch abgestellten Leihroller. Da die Stadt und die Betreiber sich nicht über die Kostenverteilung einigen konnten, lief das Projekt nach nur vier Monaten wieder aus.
Einen kostengünstigeren Lösungsansatz fordern nun die Abgeordneten der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in einem Antrag, der am 31. Januar in der Bürgerschaft zur Debatte stand. Für die Leihroller, so der Plan, soll es mehr speziell gekennzeichnete Abstellflächen geben, die ähnlich wie die Stationen der Hamburger Stadträder an S- und U-Bahnhöfen, Bushaltestellen und HVV-Switch-Punkten eingerichtet werden sollen.
Dass die E-Scooter tatsächlich auf den eingerichteten Parkplätzen abgestellt werden, kontrollieren die Anbieter per GPS: In sogenannten No-Parking-Zonen, dem unmittelbaren Bereich um die Stellflächen, kann die Ausleihe nicht beendet werden.
In Hamburg existieren bereits 34 solcher gekennzeichneten Abstellflächen für E-Scooter, die Kapazität liegt bei etwa 10–20 Fahrzeugen pro Station. „Die Abstellflächen werden nach Eindruck von Anbietern, Behörde und Polizei sehr gut angenommen“, teilt die SPD-Fraktion im Hinblick auf den Antrag mit.
Die von SPD und Grünen vorgeschlagene Ausweitung des Abstellflächen-Konzepts soll auch berücksichtigen, in welchen Quartieren bislang die meisten Konflikte mit geparkten E-Scootern registriert wurden. An diesen Stellen soll das Free-Floating-Sharing durch die Einführung von Sperrzonen und Parkflächen beschränkt werden.
Zunehmende Regulierung
Auch in anderen Städten werden E-Scooter zunehmend reguliert. Erst im September 2023 hat Paris als Ergebnis einer Volksabstimmung alle Leihroller-Anbieter aus dem öffentlichen Straßenraum verbannt. Kopenhagen hat die Auflagen für Anbieter verschärft, Köln und Berlin setzten ebenfalls auf Abstellflächen in der Innenstadt.
Für eine ökologische Verkehrswende sind E-Scooter in Großstädten mit gut ausgebautem öffentlichem Nahverkehrsnetz (ÖPNV) ohnehin eher kontraproduktiv. Dem Umweltbundesamt zufolge ersetzt nur jede 20. Rollerfahrt eine Fahrt mit dem Auto. Alle anderen Rollerfahrten ersetzten Fuß- und Radverkehr oder Fahrten mit dem ÖPNV.
Der Free-Floating-Bereich ist bisher ein entscheidendes Argument zur Nutzung von E-Scootern gegenüber anderen Mobilitätsangeboten. Von den neuen Parkflächen könnte auch das Stadtrad als günstigere und umweltfreundliche Alternative indirekt profitieren.
Geplant ist, die Anzahl der Leihstationen für das Stadtrad auf 350 und die Anzahl der Räder auf 4.500 Stück zu erhöhen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml