Leerstand in Köln: Russische Geisterhäuser
Einer Firma des russischen Staats gehören drei leere Gebäude in Köln. Nun wird gefordert, dort Geflüchtete aus der Ukraine unterzubringen.
Bis zu 80 Wohnungen und etliche Büroräume finden sich in den drei großen Häusern an einer ruhigen Stichstraße. Wenige Meter entfernt sind eine Hauptstraße, eine Schule und der Zugang zur weitläufigen Erholungsanlage Grüngürtel. Beste Lage also. Aber in der Straße, die nach Friedrich Engels benannt ist, darf niemand wohnen: Da gammeln einfach russische Häuser vor sich hin.
Proteste von Mietaktivisten
„In den Kölner Messehallen müssen Menschen unter unwürdigen Bedingungen hausen, warum dürfen sie nicht diese Wohnungen hier nutzen?“, ärgert sich Rainer Kippe und fordert, in den leerstehenden Häusern Geflüchtete aus der Ukraine unterzubringen. Jeden Samstagmorgen steht der Sprecher der „Sozialistischen Selbsthilfe“ mit Unterstützern als Mahnwache vor Ort. Unter ihnen ist auch Kalle Gerigk, Mieter-Aktivist und Linken-Kandidat für den NRW-Landtag. Er war wegen der Kölner Geisterhäuser schon zur Berliner Botschaft gefahren, hat etliche Hausbesetzungen beobachtet: Ohne Erfolg.
Verwaltung der Stadt Köln
Die Geschichte, wie es dazu kommen konnte, beginnt im Kalten Krieg, als die Sülzer Gebäude von der Sowjetunion genutzt wurden. Vordergründig sollten in den Büros Wirtschaftskontakte vermittelt werden, von dort sollen aber auch Spione gewirkt haben. Das Eigentum an den Häusern war Russland zwischenzeitlich streitig gemacht worden. Es gab sogar eine Zwangsversteigerung, mit der ein Gläubiger Geld vom Russland eintrieb. Ein russisches Staatsunternehmen ersteigerte dann quasi die eigenen Gebäude erneut. Die Bebauung der Köln-Sülzer Stichstraße ist damit rechtlich gesehen so etwas wie Ausland.
Linke fordert Beschlagnahmung
In der Friedrich-Engels-Straße 7 wohnten bis 2018 aber noch Bürger, die ihren Mietvertrag nicht mit dem russischen Staat, sondern mit der städtischen Kölner Wohnungsgesellschaft GAG hatten. Es war gelungen, angesichts des damals schon angespannten Wohnungsmarkts mit der zuständigen Staatsfirma einen Vertrag auszuhandeln. Dann war plötzlich Schluss, und seitdem laufen alle diplomatischen Anfragen ins Leere. Auch eine Anfrage der taz bei dem zuständigen Unternehmen in Russland blieb unbeantwortet.
Die Linkspartei fordert jetzt im Kölner Stadtrat, die Häuser einfach zu beschlagnahmen. Die Verwaltung wehrt sich dagegen und verweist auf die Rechtslage. „Die Gebäude standen jedenfalls nie dem allgemeinen Wohnungsmarkt zur Verfügung“, heißt die bürokratisch-dialektische Begründung. Deshalb sei auch die Wohnungsraum-Schutzsatzung nicht anwendbar, die lange Leerstände verbietet. Im Übrigen, argumentiert die Stadt, seien die Häuser inzwischen so heruntergekommen, dass sie faktisch unbewohnbar seien.
Kritik gibt es längst auch von konservativer Seite aus der Kölner Stadtgesellschaft. Konrad Adenauer (CDU), Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins, wettert in der Verbandszeitschrift Haus und Grund über die Untätigkeit der kommunalen Behörden: „Man greift sich an den Kopf!“ Und der engagierte Journalist Jürgen Bremer hat im Internet eine Petition gestartet, die innerhalb von gut einer Woche rund 6.000 Unterzeichner fand. „Frau Oberbürgermeisterin, bitte handeln Sie jetzt, zögern Sie nicht länger!“, heißt es in dem Text. Wenn sich kein Verhandlungspartner finde, könne man wie in anderen Fällen eine „öffentliche Zustellung“ organisieren.
Das mit den fehlenden Ansprechpartnern und der mangelnden Verhandlungsbereitschaft bei Putin, seinen Behörden und seinen Staatsfirmen stößt bei einigen Aktivisten am Samstagmorgen bei der Mahnwache ebenfalls auf Missverständnis. Mehrfach war das Wohnhaus besetzt worden. Die Polizei räumte das Gebäude, der Staatsschutz ermittelt. Nun sind die Beteiligten gespannt, wer die entsprechenden Strafanzeigen gestellt hat. Es soll eine Verwaltungsfirma sein, die aber angeblich keinen verbindlichen Kontakt zu ihrem Auftraggeber in der Russischen Föderation herstellen kann. In den Akten der Ermittlungsbehörden hoffen die von den Strafanzeigen Betroffenen nun, Details darüber herauszufinden, damit endlich Bewegung in den Fall der Kölner „Geisterhäuser“ kommt.
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