Landwirte schüchtern Journalisten ein: Bauernverband distanziert sich
„Das geht gar nicht“, sagt Verbandspräsident Rukwied über Aktionen von Landwirten vor Privathäusern von Journalisten und Politikern.
Bauern hatten am vergangenen Sonntag einen Zeitungsjournalisten und eine Kommunalpolitikerin in Niedersachsen mit Protesten vor deren Privathäusern bedrängt. So wollten die Landwirte gegen Äußerungen der Betroffenen zur Agrarpolitik vorgehen. Verantwortlich war die Gruppe „3 vor 12“, die sich auch an den bundesweiten Protesten tausender Bauern Ende Oktober beteiligt hatte. Diese waren von der Initiative „Land schafft Verbindung“ organisiert worden.
Etwa 20 Bauern zogen am Sonntagmorgen vor das Haus eines Redakteurs der Braunschweiger Zeitung, wie das Blatt selbst und das Internetportal Regional Braunschweig berichten. Demnach fuhren die Landwirte mit einer Schubkarre voller Mist vor. Sie hätten dem Journalisten vorgeworfen, er habe „polemisch und fachlich sehr mangelhaft“ über die Bauern geschrieben, hieß es in der Zeitung. Auf dem Fußweg vor seiner Einfahrt hätten sie Tische und Bierbänke aufgebaut.
Selbst als der Journalist zum Sonntagsdienst in die Redaktion musste, blieben sie sitzen. „Die Familie des Kollegen empfindet die Lage zunehmend als bedrohlich, wie eine Belagerung“, schrieb das Blatt.
Wut über einen Zeitungskommentar
Eine ähnliche Aktion fand gleichzeitig vor dem Privathaus einer Kommunalpolitikerin der Grünen im Landkreis Wolfenbüttel statt, die in einer Pressemitteilung Proteste der Bauern gegen Umweltauflagen kritisiert hatte. Das berichteten Medien und der Gemeindeverband Cremlingen der Partei.
Der von den Bauern monierte Meinungstext des Redakteurs sei fair mit den Landwirten umgegangen, erklärte die Braunschweiger Zeitung. Tatsächlich hieß es in dem Kommentar zu den Demonstrationen von Bauern Ende Oktober: „Man kann das sehr gut verstehen, dass die Landwirte auf die Barrikaden gehen.“ Er riet ihnen aber auch: „Nicht nur klagen über Verbote und Verluste, sondern Lösungsvorschläge machen.“ Die Bauern seien nicht allein schuld an Umweltproblemen wie dem Insektensterben, der Verschmutzung des Grundwassers und dem Klimawandel, „aber unbeteiligt eben auch nicht“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“