piwik no script img

Landtagswahlkampf in BayernSPD stibitzt Söders Slogan

Die SPD hat sich die Webdomain zum CSU-Wahlspruch „Söder macht's“ gesichert. Doch die Partei bräuchte mehr als nur einen guten Gag.

Schreckliche SPD-Strategie: Anti-Werbung für andere statt Eigenwerbung Foto: dpa

In Bayern blicken wieder haufenweise ernste Gesichter von den Wahlplakaten. Auf einem umringen vier weiße Menschen, in Trachten gekleidet, den bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Darunter steht: „Heimat – unsere bayrische Lebensart erhalten. SÖDER MACHT'S!“ Mit dem Slogan in Großbuchstaben will die CSU bei den Landtagswahlen am 14. Oktober ihre absolute Mehrheit verteidigen.

Ins Neuland wollen sich die sogenannten Christ-Sozialen mit ihrem Wahlkampf anscheinend nicht wagen, zumindest hatten sie vergessen sich die dazugehörige Webdomain zu sichern. Freundlicherweise hat das nun die bayrische SPD übernommen, die sich auch gleich die dazugehörigen Accounts bei Twitter und Facebook schnappte.

Wer also nun auf soeder-machts.de klickt, findet zwar ein für die CSU typisches blau-weißes Design vor, doch der Inhalt klingt dann doch zu ehrlich, als dass er von der Regierungspartei kommen könnte: „Söder macht's: ertrinkende Menschen im Mittelmeer als Asyl-Touristen bezeichnen“ oder „Söder macht's: ein Psychiatriegesetz vorlegen, das psychisch kranke Menschen pauschal kriminalisiert“.

Unter den 10 Punkten „was Söder macht“, findet sich das Gesicht von SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen und eine Replik, die überschrieben ist mit „Was Bayern wirklich braucht“. Im Impressum wird das Verwechselungsspiel dann endgültig aufgeklärt. Rainer Glaab, Kampagnenleiter des bayrischen Landesverbandes der SPD, ist Verantwortlicher für die Website.

Nicht mehr als ein guter Gag

Lustig von der CSU, dass sie noch nicht verstanden haben, dass Wahlkampf auch online stattfinden muss. Und eine ungewohnt freche Idee von der SPD. Doch das alles ist nur ein guter Gag, der am Ende nach hinten losgeht. Reden jetzt doch alle wieder nur über Söder.

Anti-Werbung für die CSU scheint eine beliebte Strategie der bayrischen Sozialdemokrat*innen zu sein. So zeigte ihr erstes Wahlplakat im diesjährigen Mai Markus Söder, verkleidet als Shrek. Versehen mit dem Spruch „Ach, du Schreck – jetzt regiert er“ und einem Hinweis auf das Polizeiaufgabengesetz, dem Psychatriegesetz und die Kreuz-Pflicht. Doch anstatt negatives Campaigning gegen die CSU zu betreiben, sollte die Oppositionspartei sich darauf konzentrieren, den rechten Themen und Thesen eine wählbare Alternative entgegenzusetzen. Doch das scheint ihnen nicht zu gelingen.

Den zehn Punkten, warum man die CSU nicht wählen sollte, können sie nur sechs Versprechungen entgegensetzen, warum die Bayer*innen bei der SPD ihr Kreuz machen sollten. Und diese bleiben schwamming. Heißt es da, beispielsweise „Zusammenhalt statt Spaltung“ oder „Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik mit Menschlichkeit und Pragmatismus“. Konkreter wird es nicht.

Und wer kämpft jetzt für die SPD?

Seit Jahrzehnten tut sich die SPD in Bayern schwer, eine starke Opposition zur Regierungspartei zu bieten. Zwei Monate vor der Wahl können sie die Wähler*innen der Mitte mit ihren Schwerpunktthemen, bezahlbarer Wohnraum, Unterstützung für Familien und Fairness auf dem Arbeitsmarkt, nicht erreichen. Den Wähler*innen fehlt ein guter Grund zu geben, sie zu wählen. Denn, wem die CSU zu rechts wird, der wählt jetzt die Grünen. Haben diese bei der letzten Wahl noch knapp 9 Prozent erreicht, liegen sie jetzt laut Forsa-Umfragen bei 15 – während die SPD auf 12 abrutscht.

Mit dem Heimat-Plakat der CSU wird klar, worum es den Christsozialen geht: Seit Monaten diskutieren sie über Flüchtlinge, Anker-Zentren und Obergrenzen und versuchen damit der AfD die Wahlkampfthemen streitig zu machen. Doch stattdessen sind sie damit Wahlkampfhelfer der rechtspopulistischen Partei. Während Söders Partei auf 37 Prozent abrutscht, pendelt sich die AfD, die zum ersten Mal in Bayern kandidiert, bei knapp 15 Prozent ein.

In Bayern übernimmt also die CSU den Wahlkampf für die AfD und die SPD den der CSU. Fehlt nur noch jemand, der jetzt für die SPD um die Wähler*innengunst kämpft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Eigenwerbung?



    1. Die CSU regiert dieses Bundesland gefühlt seit der Steinzeit.



    2. Dadurch ist "Eigenwerbung" für diese Partei relativ einfach, sie kann dem Wähler aufzeigen, was sie alles 'gemacht' hat.



    3. Die restlichen Parteien regieren diese Land nicht und können somit dem Wähler auch nicht aufzeigen, was sie bisher 'gemacht' haben.



    Deshalb finde ich die Idee der SPD gar nicht so schlecht, dem Wähler aufzeigen, welchen Mist die CSU, vor allem unter Söder, so von sich absondert.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Entscheidend wird sein, was bei dieser Art Wahlkampf Messbares herauskommt. Ich vermute eher ein Schuss nach hinten für die SPD.

  • Die Grünen sind in Bayern derzeit alleine wegen Seehofers Aktivitäten im Sommer sehr stark. Fällt der Seehofer-Effekt weg, dann kann der Fall der Grünen sehr schmerzhaft werden.

  • Am lustigsten fand ich die einstigen Wahlkampfplakate der Linken in meiner Wohnstraße.

    Erst das Plakat mit der Forderung "Reichtum für alle!".

    100 Meter weiter das nächste Plakat der Linken mit der Forderung "Reichtum besteuern!"

    So schließt sich der Kreis.



    😃

    Intelligenz ist sehr ungerecht verteilt, könnte man sagen.

    😂

    • @Karavanserai:

      Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe. - Descartes

      • @R. R.:

        Bei der Frage der Intelligenz zählt am Ende immer nur, was an Messbarem hinten raus kommt und nicht die persönliche Eitelkeit.

        • @Karavanserai:

          Also meins war so 8 cm lang heute

          • @Vodka Satana:

            Sie haben also den größeren Knopf?

  • Klar, dass die Grünen aufholen. Die haben wirklich die besseren Plakate: Der "ich will..." Präfix regt zum nachdenken an und die Alternativen zur CSU sind klar formuliert. Umweltschutz/Lohngleichheit/Vielfalt etc...



    Dagegen die SPD mit Frau auf dem Plakat und Spruch "Das neue Gesicht im Landtag"...Direkt dahinter ihr männlicher Kollege mit dem Spruch "...ihre starke Stimme im Landtag". Ich habe selten so unglückliche und nichtssagende Wahlwerbung gesehen.

  • Wenn Söder schlau ist, dann rettet ihm dieses Foto noch den Wahlsieg.

  • Die überforderte SPD Führung macht jetzt Wahlkampf für Söder.

  • Als ich das Wahlkampfbild der SPD von Söder sah, musste ich an ein Foto der NSDAP denken, auf dem die Worte standen: Der ewige Jude. Ob diese Strategie heute noch wirkt?

    • @Karavanserai:

      Müsste das nich heißen:“... . Ob die Strategie heute noch SCHRECKT?“ 😬

      • @Andi S:

        Das berühmte CSU-Mitglied Roberto Blanco wurde einst mit den Worten an Edmund Stoiber zitiert:

        "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten."

        😂

  • Die nächste Landtagswahl ist in 8 Wochen in Bayern. Die SPD hatte dort bei der letzten Wahl 20%. Wiederholt die SPD ihr Ergebnis von 2013, dann hat die Führung um Natascha Kohnen, Andrea Nahles und Olaf Scholz alles richtig gemacht. Ich halte aber ein Ergebnis von 9% für wahrscheinlicher als eines von 17% und schon gar nicht 20%. Denn die SPD Führung spielt in Sachen strategische Fähigkeiten eher in der Kreisliga als in der Bundesliga. Fachliche Überforderung ist das Schlüsselproblem.