Landtagswahlen in Wien: Wien bleibt Österreichs Sonderfall
Bei den Landtagswahlen in der österreichischen Hauptstadt Wien verliert die SPÖ nur leicht. Es dürfte zur Fortsetzung der Koalition mit den liberalen Neos kommen.

Daran änderte auch die Landtagswahl vom Sonntag nichts, mit der ein recht inhaltsleerer Wahlkampf zu Ende ging. Der alte und auch neue Bürgermeister Michael Ludwig verlor nur leicht und holte für die SPÖ 39,5 Prozent.
Die rechtsradikale FPÖ konnte sich auf 20,4 Prozent fast verdreifachen, blieb aber unter einstigen Höhenflügen. Die Grünen kamen auf Platz drei (14,5 Prozent), die liberalen Neos (9,9 Prozent), zuletzt Juniorpartner im Rathaus, erzielten ein leichtes Plus. Sie holten sogar die in Wien traditionell schwache Kanzlerpartei ÖVP (9,7 Prozent) ein. Die KPÖ hingegen scheiterte knapp an der Fünfprozenthürde.
Damit ist Ludwig in der bequemen Ausgangsposition, seinen Koalitionspartner aussuchen zu können. Rechnerisch möglich sind alle Konstellationen. Am wahrscheinlichsten gilt eine Fortsetzung der sogenannten „Punschkrapferl-Koalition“ zwischen SPÖ (Parteifarbe Rot) und Neos (Pink). Sie hat die letzten fünf Jahre ohne erkennbare Dissonanzen, mit punktuellen Reformen, aber auch ohne große Würfe regiert.
Besonders schlecht schnitt die ÖVP ab
Neos treten seit ihrer Gründung 2012 glaubhaft für Verbesserungen im Bildungsbereich ein. Ebenso fordern sie eine transparentere Verwaltung – das ist aber mit der machtbewussten SPÖ kaum möglich.
Besonders schlecht schnitt diesmal die ÖVP ab, die sich mehr als halbierte. Sie hatte einmal mehr erfolglos versucht, mit einem Law-and-Order-Kurs die FPÖ rechts außen einzuholen. Spitzenkandidat Karl Mahrer, 70 Jahre und früherer Wiener Polizeipräsident, trat Montagvormittag zurück.
In Wien lebt zwar fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung, dennoch sind keine Auswirkungen auf die Bundespolitik zu erwarten. Die noch junge Bundesregierung von ÖVP, SPÖ und Neos gibt sich betont harmonisch. Dies könnte sich ändern, wenn SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer im Mai sein Doppelbudget 2025/26 vorlegt. Klar ist schon jetzt: Ohne schmerzhafte Sparpakete wird es nicht gehen. Dafür ist nun aber ein günstiges Zeitfenster, denn bis Herbst 2027 stehen keine Wahlen und Wahlkämpfe mehr an.
Die FPÖ gab sich erfreut über das große Plus, ist aber von einstigen Erfolgen weit entfernt. Unter dem charismatischen Bundesparteichef Heinz-Christian Strache, stark in Wien verwurzelt, kam die Partei vor zehn Jahren auf 30,5 Prozent. 2019 fiel der über den Ibiza-Skandal, die FPÖ verlor daraufhin alle Wahlen, die ÖVP profitierte – so auch in Wien. Nun „normalisierte“ sich die Lage gewissermaßen, die FPÖ erholte sich ein Stück weit.
All das kann Bürgermeister Ludwig egal sein – eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schloss er bereits im Vorfeld aus. Auch eine Koalition mit der ÖVP gilt als unwahrscheinlich, wenngleich Ludwig dem rechts-pragmatischen SPÖ-Parteiflügel angehört. Mit den Grünen könnte er sich einen grünen Anstrich geben, doch wahrscheinlicher ist eine Fortsetzung mit Neos.
So oder so: Der Kurs der im Wesentlichen gut verwalteten Stadt wird sich nicht ändern. Auch nötige Reformen dürften weiter ausbleiben. Der von manchen als „Teflon-Bürgermeister“ titulierte Ludwig vermied es im Wahlkampf tunlichst, Angriffsflächen zu bieten – die Strategie ging auf.
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