Landtagswahl in Thüringen: Linke erstmals Nr. 1
Bodo Ramelow bringt seiner Partei in Thüringen den Wahlsieg. Die Koalitionsbildung könnte mehr als schwierig werden. Klarer Verlierer: die CDU.
Die rot-rot-grüne Koalition hat ihre bisherige Mehrheit von einem Sitz im Landtag aber offenbar eingebüßt. Die SPD, die schon 2014 stark verloren hatte, konnte sich als Juniorpartner der Linken nicht erholen und sackte weiter ab. Die Partei von Spitzenkandidat Wolfgang Tiefensee landete deutlich unter 10 Prozent. Die Grünen, die es beim letzten Mal nur knapp in den Landtag geschafft hatten, konnten sich entgegen dem Bundestrend nicht verbessern. Ihr Wiedereinzug war bei Redaktionsschluss sogar noch unklar.
Empfohlener externer Inhalt
Ramelow sagte am Wahlabend dennoch, er werde den „Regierungsauftrag annehmen“. Realistische Koalitionsoptionen neben Rot-Rot-Grün hat er aber nicht. Sowohl FDP (deren Einzug zunächst auch noch unklar war) als auch CDU lehnten ein Regierungsbündnis mit der Linkspartei am Sonntag ab. CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring sagte aber, die demokratischen Parteien müssten „in Ruhe bereden, wie man miteinander umgeht“.
Denkbar ist eine Minderheitsregierung. Ohnehin könnte Ramelow als Ministerpräsident im Amt bleiben, selbst wenn er im Landtag keine neue Mehrheit findet. Die Landesverfassung sieht keine Frist vor, innerhalb der das Parlament eine neue Regierung wählen muss. Die bisherigen MinisterInnen könnten also geschäftsführend im Amt bleiben und müssten sich für Gesetzesvorhaben und den Haushalt jeweils Stimmen aus der Opposition organisieren.
In Deutschland ist so ein Modell ungewöhnlich. Allerdings gibt es im neuen Landtag auch für Koalitionen jenseits des linken Lagers wohl keine Mehrheit. Die CDU, die im Freistaat von 1990 bis 2014 ununterbrochen die MinisterpräsidentInnen stellte, ist erstmals nicht mehr stärkste Partei. Sie hat über 10 Prozentpunkte verloren und liegt laut Hochrechnungen nur noch bei rund 22 Prozent. Noch nicht mal in einem Vierer-Bündnis mit SPD, Grünen und FDP hätte die Union eine Mehrheit. Auch für eine Koalition mit der AfD würde es wohl nicht mal rechnerisch reichen. Ohnehin hatte Mohring solch ein Bündnis schon vor der Wahl entschieden ausgeschlossen.
Die AfD des extrem rechten Spitzenkandidaten Björn Höcke hat im Vergleich zur Landtagswahl 2014 stark zugelegt, bleibt gegenüber der Bundestagswahl 2017 aber relativ konstant bei über 23 Prozent der Stimmen. Sie ist zweitstärkste Partei.
Empfohlener externer Inhalt
Gestiegen ist die Wahlbeteiligung: Sie lag bei rund 65 Prozent (2014: 52,7).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?