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Landtagswahl in NiedersachsenHannoveraner Hängepartie

Die Wahl in Niedersachsen ist immer noch nicht entschieden. Hochrechnungen ergeben Pattsituationen oder knappe Ein-Sitz-Mehrheiten für Rot-Grün und Schwarz-Gelb im Landtag.

Sonntagabend in Lüneburg: Es wird gezählt und gezählt und gezählt… Bild: dapd

BERLIN taz/dpa | David McAllister ist beliebt, die CDU die erfolgreichste Partei in Niedersachsen: Der bisherige Ministerpräsident holte bei der Landtagswahl am Sonntag knapp 37 Prozent. Möglich, dass er Regierungschef seiner Wunschkoalition bleibt. Die FDP kommt auf über 9 Prozent. Doch für Schwarz-Gelb wird es knapp, laut einer aktuellen Hochrechnungen gibt es ein Patt oder eine knappe Ein-Sitz-Mehrheit.

Die Wahl der 6,1 Millionen Wahlberechtigten zwischen Harz und Nordsee interessiert nicht nur in Niedersachsen. Das Ergebnis gibt die Stimmung vor für die Bundestagswahl im Herbst. Zuvor wird nur noch in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Zudem könnte die Bundesregierung kaum noch ein Gesetz durch den Bundesrat bringen, wenn es in Hannover zum Machtwechsel kommt.

Im Wahlkampf hatte es lange so ausgesehen, als würde die FDP klar an der Fünfprozenthürde scheitern und als könne Rot-Grün die Macht im Leineschloss übernehmen – nachdem Schwarz-Gelb zehn Jahre regiert hat. Erinnerungen an 1998 kamen auf, als Gerhard Schröder nach gewonnener Wahl in Hannover später Helmut Kohl das Kanzleramt abnahm.

Die Hochrechnung

CDU: 36,4 % (LTW 2008: 42,5 %)

SPD: 32,5 % (30,3 %)

Grüne: 13,7 % (8,0 %)

FDP: 9,7 % (8,2 %)

Die Linke: 3,2 % (7,1 %)

Sonstige: 4,5 % (3,9 %)

Sitze:

CDU: 57 Sitze

SPD: 51 Sitze

Grüne: 21 Sitze

FDP: 15 Sitze

(ZDF, 20.09 Uhr)

Doch am Schluss haben sich genügend CDU-Anhänger gefunden, die ihre Zweitstimme den Liberalen gaben. Der Vorsprung von Rot-Grün ist geschmolzen. Die Sozialdemokraten landeten mit ihrem unaufgeregten Spitzenkandidaten Stephan Weil, bisher Oberbürgermeister von Hannover, bei 33 Prozent. Die Grünen kamen mit ihrem Spitzenduo Anja Piel und Stefan Wenzel (Slogan: „Schwarz-Gelb sicher entsorgen“) indes auf 13 Prozent – ein Ergebnis, das den Erwartungen entspricht.

Wagenknecht kann nicht punkten

Die Linkspartei hatte zuletzt versucht, sich mit Sahra Wagenknecht, der Vizevorsitzenden der Bundespartei, und mit Koalitionsangeboten an Rot-Grün noch mal ins Gespräch zu bringen. Das kam bei den Wählern nicht gut an: Die Linkspartei ist raus, sie kam mit dem bekennenden Marxisten Manfred Sohn an der Spitze nur auf 3 Prozent.

Im vergangenen Jahr verpasste sie den Wiedereinzug in die Landtage von Schleswig-Holstein (2,2 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (2,5 Prozent). 2011 war die Linke schon in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erfolglos geblieben. Stark ist sie damit nur noch in Ostdeutschland und im Saarland.

Für die Piratenpartei war Niedersachsen der erste schwere Dämpfer nach einer Erfolgsserie. Diese brachte die junge Partei in die Landesparlamente Berlins, des Saarlands, Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens. In Niedersachsen lagen sie im Mai vergangenen Jahres in Umfragen auch noch bei 8 Prozent.

Theoretisch ist in dem Land, bei dem die meisten an Bauern, Atomkraftgegner oder die Maschsee-Connection denken, Schwarz-Grün möglich. Beiden Parteien ist das aber nicht recht. Denkbar wäre schon eher eine große Koalition. Im Wahlkampf taten sich David McAllister und Stephan Weil jedenfalls nicht weh.

David McAllister setzte allein auf seine Person, der Mann mit dem Vater aus Schottland unterlegte Spots mit Dudelsackmusik, seine Anhänger sangen „Unser Häuptling ist ein Schotte“. Weil klebte derweil Plakate wie „WEIL wir Studiengebühren abschaffen“. Im NDR-Fernsehduell hatten McAllister und Weil letzte Woche ruhig ihre Positionen ausgetauscht. Doch für viele Sozialdemokraten wäre dies eine Niederlage: Die SPD wäre nur Juniorpartner.

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17 Kommentare

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  • W
    willibald

    Och, @Annelies, nimms doch nicht so tragisch.

    Wenn sowohl "wählen gehen" als auch "nicht wählen gehen" nichts mehr zu nützen scheinen, schaffen sich die Menschen eben auf andere Weise Luft. Ist doch gut und es gibt was zu lachen. Kost nix und ist besser als immer nur fratzenbuch und schungelcamp. ;-)

  • A
    Annelies

    Wenn die Kommentarfunktion der taz zunehmend lediglich für wütende Beschimpfungen in die eine oder andere Richtung genutzt wird und nicht für eine kontroverse inhaltliche Diskussion und Auseinandersetzung mit Überlegungen und Analysen zu den Wahlen - und nicht nur zu Wahlen - , ist das nicht meinungsbildend, überhaupt nicht weiterbildend. Durch eine Qualitätszeitung möchte ich nicht nur möglichst umfassend informiert werden, sondern in gewisser Weise auch weitergebildet durch interessante und sogar neue Blickwinkel, eben auch durch inhaltlich sachliche Beiträge von Leserinnen und Lesern. So kann ich ablesen, inwieweit sich die Gesellschaft (weiter)entwickelt oder (resignierend) stehenbleibt.

  • A
    Annelies

    Wenn die Kommentarfunktion der taz zunehmend lediglich für wütende Beschimpfungen in die eine oder andere Richtung genutzt wird und nicht für eine kontroverse inhaltliche Diskussion und Auseinandersetzung mit Überlegungen und Analysen zu den Wahlen - und nicht nur zu Wahlen - , ist das nicht meinungsbildend, überhaupt nicht weiterbildend. Durch eine Qualitätszeitung möchte ich nicht nur möglichst umfassend informiert werden, sondern in gewisser Weise auch weitergebildet durch interessante und sogar neue Blickwinkel, eben auch durch inhaltlich sachliche Beiträge von Leserinnen und Lesern. So kann ich ablesen, inwieweit sich die Gesellschaft (weiter)entwickelt oder (resignierend) stehenbleibt.

  • UU
    ursinn und warheit

    diese niedersachsenwahl hat mal wieder gezeigt,dass auch in niersachsen zu wenig anständige menschen richtig wählen können.den meisten fehlt es anscheinend an ethischer vernunft.

    es sind ihnen die prioritäten selbstbereicherung,

    privilegienerhalt,amtsmißbrauch und klüngelplanung

    wesentlicher als vernunftgetragene gesellschaftsziele.niedertracht und perfidie scheinen manchen gar nicht mehr auffällig störend

    in ihrer entscheidungsfindung.

    so ist das ,wenn man sich bereicherung erhofft oder beibehalten will.

    gar nicht mal typisch deutsch oder niedersächsich.eben einfach nur widerwärtig.

  • N
    Neronimus

    Man muss schon sagen im direkten Vergleich CDU gegen SPD ist die CDU die Klügere. Währe die SPD genauso klug wie die CDU, dann hätte sie die Linke nicht bis aufs Blut bekämpft, sondern ihr sogar noch ein paar Stimmen geliehen, wie die CDU das mit der FDP gemacht hat. Dann hätte es eine linke Mehrheit von nahezu 50 %. gegeben.

  • P
    Pete

    Die FDP kommt auf über 9 Prozent. Wie blöde sind die deutschen Wähler ? Unglaublich wofür ? Für weiter Merkeln damit alles so bleibt wie es ist und beschissen für die Mehrheit der Bürger, die Bundestagswahl ist damit over und out, es wird weiter GeMerkelt, ach du Scheiße. Wer war das ?

  • P
    Peterlinkslastig

    Die Indianer haben General Custer gewählt. Was soll man noch sagen.

     

    Deutschland wird in den Untergang treiben. Vielleicht wcht dann einer auf.

  • A
    Annelies

    Das anfangs für mich überraschend hohe Wahlergebnis für die FDP - rd. 10 %! - ist geklärt: CDU-Wähler sollen ihre Zweitstimme der FDP gegeben haben, damit Schwarz-Gelb in Niedersachsen weiter regieren kann. So wird es dann wohl auch bei der Bundestagswahl ablaufen. Die CDU hat also genügend Stimmen, von denen sie strategisch einen Teil an die FDP abgeben kann, damit Schwarz-Gelb wieder die Bundesregierung bildet. Und der nächste Wirtschaftsminister wird wieder ein FDP-Politiker, der weiter daran arbeitet, den verfaßten Sozialstaat zu bekämpfen und letztendlich zu versenken. Das nennt sich Liberalität, pardon, "Freiheit". Freiheit für wen? Freiheit für alle?

  • T
    Thinktank

    Vielleicht wäre die erste Massnahme gegen die Politikverdrossenheit und zur Einführung von mehr gelebter Demokratie die konsequente Abschaffung von Umfragen vor den Wahlen.

     

    Solche Popanze wie die FDP würde es dann jedenfalls endlich nicht mehr geben!

  • DR
    Der rechtslastige Haufen CDU

    Die CDU ist die VerräterInnen-Partei schlechthin.

    Wer Merkel wählt, wählt den (Sozial)Krieg.

    Und an Hüppe, den Bundesbehindertenbeaufragten, eher Bundesbehindertenverräter, ist das deutlich zu sehen, wie der das geltende Recht mit Füßen tritt.

    FDP und CDU, geneigt die NPD zu wählen!

  • SE
    stephan ebel

    10% für diese gruseltruppe? ich kann gar nicht soviel fre.... wie ich ko.... möchte.

  • S
    SozialeGerecht

    In Niedersachsen laufen Wahlhuren rum, die einer Partei die Stimme gaben, die den Raubtierkapitalismus verkörpert. Ist das ekelerregend!

  • E
    exilant

    Eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten (Danke, Wischmeyer!)

    Selten machte ein Wahlergebnis so depressiv, nur Bekloppte und Bescheuerte da in Niedersachsen:

     

    SPD trotz Steinbrück rauf. Die Maschsee-Mafia lässt grüßen.

    Die Linke raus. Siehe oben.

    Und FDP dank massiver Leihstimmen natürlich drin. So ist selbst die korrupteste, antidemokratischste Pseudopartei nicht tot zu kriegen...solange "bürgerlich" gleichbedeutend mit "bekloppt" ist.

     

     

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    Biete gute Ausbildung und gesunden Menschenverstand!

    Alle Angebote willkommen!

  • D
    D.J.

    Bin zwar kein sonderlicher FDP-Freund, aber ein bissel schadenfroh bin ich schon - vor allem, wenn man im Spon-Forum (dort wo sich die schlecht gelaunten Alleswisser treffen) das Gekreische der ach so toleranten Linken durchliest, denen nichts als primitiv-arrogante Wählerbeschimpfung einfällt.

  • CN
    CDU Niedersachsen

    Die Christlich-Demokratische Union Deutschlands dankt Peer Steinbrück für seine großartige Hilfe! Ohne seinen unermüdlichen Einsatz hätten wir diese Wahlen in Bausch und Bogen verloren.

  • V
    Verdutzt

    Nur so mal zu Nachdenken: Wie hat es die FDP, die im Alltag keiner mehr ernst zu nehmen scheint, v. a. die Medien nicht (sogar bei D-Radio und MDR INFO gab es bei der Wahlkampfberichterstattung ironische Untertöne), auf fast 10% geschafft? Gibt es da eine größere Lobby für diese Lobbypartei, z. B. im Hannoverschen Sumpf (aka Wulff-Schlucht)?

  • J
    Jana

    Hoffentlich reicht es am Ende für Schwarz-Gelb. Meine Stimme ging an die CDU. Es wäre ein fatales Zeichen wenn der einzige Ministerpräsident mit Migrationshintergrund abgewählt werden würde!