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Landtag schließt AfD-Fraktionschef ausHolocaust-Gedenken ohne Höcke

Der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke wurde von einer Gedenkstunde im thüringischen Landtag ausgeschlossen. Auch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald ließ ihn nicht ein.

In der KZ-Gedenkstätte Buchenwald wurde am Freitag an die Opfer der Nazis erinnert (Archivbild) Foto: dpa

Erfurt afp | Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke ist von einer Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag ausgeschlossen worden. Auch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald erteilte Höcke am Freitag Hausverbot und verwehrte ihm die Teilnahme an einer Kranzniederlegung in dem ehemaligen Konzentrationslager. Hintergrund sind Äußerungen des AfD-Politikers zum Berliner Holocaust-Mahnmal und zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit.

Mit der Gedenkstunde im Erfurter Landtag, an der auch mehrere KZ-Überlebende teilnahmen, wurde an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Vor Beginn der Veranstaltung machte Landtagspräsident Christian Carius (CDU) Höcke gegenüber deutlich, dass dessen Teilnahme von den Holocaust-Überlebenden als „Provokation“ empfunden würde und dass er die Gedenkstunde in Anwesenheit von Höcke nicht eröffnen werde.

Wenige Stunden später scheiterte Höcke mit dem Versuch, an einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar teilzunehmen. Die Gedenkstätte erteilte dem AfD-Politiker Hausverbot und ließ ihn nicht auf das Gelände, wie Philipp Neumann-Thein von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sagte.

Die Gedenkstätte hatte Höcke zuvor demonstrativ ausgeladen, um ein angemessenes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen. Höcke kündigte aber ungeachtet dessen sein Kommen an.

AfD-Fraktion sprach schäbiger Inszenierung

Der stellvertretende Stiftungsdirektor Rikola-Gunnar Lüttgenau sagte bei der Kranzniederlegung, es solle mit den Überlebenden getrauert werden und „nicht mit Herrn Höcke“. Er mahnte zugleich, gerade in der Gegenwart, wo „völkischer Nationalismus“ wieder propagiert werde, sei es wichtig, sich zu erinnern.

Nach Höckes Ausschluss von der Gedenkstunde im Landtag sprach die AfD-Fraktion von einer „schäbigen Inszenierung“ und warf Landtagspräsident Carius einen „gravierenden Verstoß gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten“ vor. Höcke sei zum Verlassen des Plenarsaals „genötigt“ worden mit der Drohung, die Gedenkstunde werde ansonsten nicht beginnen.

Rückendeckung erhielt Carius von Thüringens SPD-Fraktionschef Matthias Hey. „Er hat hier absolut richtig gehandelt“, erklärte Hey. „Es ist unser historisches Erbe und unsere Verpflichtung, an das Grauen des Nationalsozialismus und all der Opfer respektvoll und mit Würde zu erinnern.“

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte im Landtag, nur durch bewusste Erinnerung, durch öffentliches Eingestehen von Fehlern werde Versöhnung möglich. „Diese Verantwortung verjährt nicht, mögen auch Jahrzehnte oder Jahrhunderte vergehen.“

Beobachtung durch Verfassungsschutz denkbar

Auf einer Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative in der vergangenen Woche in Dresden hatte Höcke offensichtlich unter Anspielung auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem „Denkmal der Schande“ gesprochen. Zudem sprach er von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Mit seinen Äußerungen löste er bundesweit Empörung aus.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält eine Beobachtung Höckes durch den Verfassungsschutz indes für denkbar. „Die AfD als Ganzes ist kein Beobachtungsobjekt des Bundesamts“, sagte de Maizière dem Hamburger Magazin Spiegel. Das schließe aber „nicht aus, wenn sich einzelne Personen verfassungsfeindlich verhalten, dass sie dann auch Gegenstand von Beobachtungen sein können“.

Die Zuständigkeit für Höcke sieht de Maizière aber offenbar nicht beim Bund, denn dieser wohne in Thüringen. „Dort gibt es ein Landesamt für Verfassungsschutz“, sagte der Bundesinnenminister.

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6 Kommentare

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  • Mir ist nicht ganz klar, weshalb Höcke eigentlich in Buchenwald dabei sein wollte? Das ist eine ernstgemeinte Frage. Reine Provokation oder war das was geplant?

  • Alles Gedenken an den Holocaust ist völlig überflüssig, wenn nicht begriffen wird, dass der Antisemitismus Bestandteil unserer Kultur war und ist. Antisemitische Ausfälle politischer Außenseiter sind nicht nur als solche übel, sie sind auch deshalb ärgerlich, weil damit verschleiert werden kann, dass der Antisemitismus nach wie vor eine in breiten gesellschaftlichen Schichten akzeptierte Einstellung ist. Erinnert sei an den Ausfällen von Norbert Blüm im Stern oder an eine kleine Anfrage der Grünen, in der die Kennzeichnung von Juden produzierter Waren gutgeheißen wird http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/133/1713339.pdf

  • 3G
    36120 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Redaktion

  • Gute Reaktion von Carius und der Stätte Buchenwald. Alles andere wäre ein Hohn für alle Opfer gewesen.

     

    Auch Ramelows Worte bedürfen keiner Ergänzung, genau so ist es.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Das nenne ich mal einen vorbildlichen Umgang mit dem Nazi Höcke!

  • Was regt sich der Höcke denn auch so auf? Er hat sich doch selbst darüber empört, dass Deutschland sich immer noch mit dem Holocaust beschäftigt. Da war es doch nur nett, ihn aus seiner Pflicht zu entbinden, wenn er selbst nichts damit zu tun haben möchte