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Gedenkveranstaltungen in BuchenwaldAfD-Politiker*innen nicht willkommen

In zwei ehemaligen Konzentrationslagern dürfen keine AfD-Abgeordneten zu Gedenkveranstaltungen. Sie sollen sich erst von rechtsextremen Positionen distanzieren.

Kein Gedenken für AfD-Politiker*innen: Die Gedenkstätte will NS-Verharmlosern keinen Raum geben Foto: dpa

Weimar/München/Berlin dpa/epd/taz | Die Politiker*innen der rechtspopulistischen AfD sind in den ehemaligen Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora bei Gedenkveranstaltungen nicht willkommen. Die Stiftung halte es für geboten, „dass Vertreter der AfD an einer Gedenkveranstaltung an diesen Orten nicht teilnehmen, solange sie sich nicht glaubhaft von den antidemokratischen, menschenrechtsfeindlichen und geschichtsrevisionistischen Positionen in ihrer Partei distanzieren“, hieß es in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Stellungnahme der Stiftung.

Am Freitag soll in der Gedenkstätte mit Überlebenden und Vertretern der Thüringer Landesregierung ein Kranz für die Opfer niedergelegt werden. An diesem Sonntag ist der internationale Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

Im Konzentrationslager (KZ) Buchenwald in der Nähe von Weimar starben bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 56.000 Menschen an Folter, medizinischen Experimenten oder Hunger und Krankheit. In speziellen Einrichtungen wurden mehr als 8.000 sowjetische Kriegsgefangene erschossen. Es war eines der größten KZ auf deutschem Boden. Von 1937 bis April 1945 verschleppten die Nationalsozialisten rund 270.000 Menschen aus ganz Europa hierhin.

Anfang 2017 hatte die Gedenkstätte dem Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke ein Hausverbot erteilt. Höcke hatte zuvor in einer Rede in Dresden unter anderem mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin gesagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Auf diese Rede bezog sich die Gedenkstätte erneut. Ihr Stiftungsdirektor Volkhard Knigge schrieb in einem Brief an die Mitglieder der AfD-Fraktion im Landtag, Höcke halte bis heute an seiner im Januar 2017 geäußerten Meinung zur Erinnerungskultur fest. Das vor zwei Jahren von der AfD-Bundesführung gegen Höcke eingeleitete Parteiausschlussverfahren sei mittlerweile eingestellt. „Auch aus Ihrer Fraktion ist uns keinerlei Distanzierung von seinen Positionen bekannt geworden“, hieß es weiter in dem Schreiben. Heute könne konstatiert werden: „Wer sich innerhalb der AfD nicht glaubhaft gegen solche Positionen und das damit verbundene verharmlosende, relativierende Geschichtsbild wendet, unterstützt sie.“

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Eklat im bayerischen Landtag

Als Erklärung für den Ausschluss der AfD-Politiker*innen führte die Stiftung zudem an, dass der Bundesvorsitzende Alexander Gauland am vergangenen Wochenede bei einer Tagung des rechtsextremen „Flügels“ der AfD auftrat. Den „Flügel“ stuft der Verfassungsschutz ebenso wie die „Junge Alternative“ als Verdachtsfall ein.

Im August 2018 habe die Stiftungsleitung auf Bitten des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner ein Gespräch mit ihm geführt. Es war dabei mit den „antidemokratischen, rassistischen und antisemitischen Positionen in seiner Partei konfrontiert“, so die Stiftung. Brandner habe sich nicht von diesen distanziert, sodass das Gespräch abgebrochen wurde.

Nach einem AfD-Eklat im bayerischen Landtag beim Gedenken an NS-Opfer ist die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, nach eigener Aussage Ziel massiver Bedrohungen. „Seitdem erreichen mich beinahe im Minutentakt wüste Beschimpfungen, Drohungen und Beleidigungen per E-Mail und Telefon“, zitierte die Augsburger Allgemeine Knobloch am Donnerstag. „Die Gefahr, die von der Partei und ihren Anhängern für unsere freiheitliche Demokratie ausgeht, wird so überdeutlich und zeigt nur noch mehr, dass die Demokraten in unserem Land gegen sie zusammenstehen müssen“, unterstrich die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München mit Blick auf die AfD.

Knobloch hatte die AfD bei einem Gedenkakt für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag als verfassungsfeindlich kritisiert. Daraufhin verließ der Großteil der AfD-Fraktion noch während Knoblochs Rede unter Protest den Plenarsaal. „Dass die AfD auch den Bayerischen Landtag für eine Selbstinszenierung nutzen würde, wusste ich“, sagte Knobloch der Augsburger Allgemeinen. „Den Eklat hatte ich in dieser Form dennoch nicht erwartet“, fügte sie hinzu.

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9 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...nein, dieser Partei, der sog. AfD, geht es einzig und allein darum, möglichst vielen Menschen in Deutschland den 'Nazi-Virus' einzupflanzen: "Ihr seid die Opfer einer linken Erinnerungskultur", "ihr seid die Opfer der Merkelschen Migrationspolitik", "ihr seid die Opfer einer 'volksverachtenden' Wohnungspolitik", "euer Leid, eure Arbeitslosigkeit, eure Perspektivlosigkeit verdankt ihr dem links-grün-versifften Politikbetrieb in Berlin".

  • Gute Entscheidung. Auch wenn die derzeitige Diskussionskultur anderes verspricht, der Holocaust ist nicht verhandelbar und es wäre ein Schlag ins Gesicht für alle Überlebenden, wenn zum Gedanktag Menschen erscheinen, die Geschichte gerne umetikettieren möchten und die deutsche Verantwortung in frage stellen.



    Ein Hoffnungsschimmer, dass zumindest die Gedenkstätte noch Rückgrat beweist.

  • Ist es nicht besonders wichtig, gerade die Menschen die "Schwierigkeiten" damit haben die Verbrechen der NS Zeit als Verbrechen zu erkennen in Gedenkstätten u.ä. einzuladen und zu bilden, damit es ihnen leichter fällt, das offensichtliche zu erkennen?

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Franz Georg:

      Ihr Ansinnen in allen Ehren, aber ich fürchte das interessiert diese Leute nicht.

      Entweder finden sie gut, was damals geschah oder sie leugnen, dass es so passierte. Oder sie sagen dass auch einmal gut sein muss mit dem Erinnern.

      Die nennen so etwas "Schuldkult". Oder eben "Fliegenschiss", "Mahnmal der Schande".

      Man sollte sie ernst nehmen mit dem was sie denken und sagen. Die haben keine Schwierigkeiten.

      Ihr Vorschlag ist so, als würde man die Grünen in ein Atomkraftwerk einladen um ihnen zu zeigen, was es mit dieser wunderbaren Art der Energiegewinnung wirklich auf sich hat.

    • @Franz Georg:

      Man hat gesehen, wie sich Weidels handverlesene AfD-Mitglieder in Sachsenhausen aufgeführt haben

      www.tagesspiegel.d...ette/22976378.html

      Das die Gedenkstätte Buchenwald nicht scharf auf eine Wiederholung ist, dürfte nachvollziehbar sein.

      • 8G
        87233 (Profil gelöscht)
        @Kaboom:

        So ist es Kaboom. Danke.

    • @Franz Georg:

      Joa, kann man machen. Aber zum einen: Wer das offensichtliche nicht erkennt, der will es vielleicht auch nicht erkennen. Insofern ist es eine schwierige Taktik, dem anderen die Erkenntnis unentwegt anzutragen: 'Nein, ich esse meine Suppe nicht!' wird die sinngemäße Antwort bleiben.



      Ausserdem geht es hier um eine Gedenkveranstaltung und keine Informations- oder Diskussionsveranstaltung, d.h. ein Minimalkonsens sollte beim Gedenken bestehen.

    • 8G
      87233 (Profil gelöscht)
      @Franz Georg:

      Ja, da ist was dran Franz. Nur, das ist nicht der Grund warum die AFD-politiker dorthin wollen, sondern die wollen vielmehr die Gelegenheit nutzen um erneut zu provozieren.



      Wenn es - wie die beiden Rapper die nach Auschwitz ging und reformiert zurückkam - wäre es sicherlich Sinnvoll. Aber diese Braune-politiker wissen sehr genau was die wollen und deren Intentionen sind klar. Relativierung, Verharmlosung, Wahlkampveranstaltung usw.: das ist deren Taktik.

      • @87233 (Profil gelöscht):

        Ich glaube auch nicht, dass die AfD eine Lehrstunde braucht, dass es keine gute Idee ist Kriege vom Zaun zu brechen und Genozide durchzuführen. Es ist doch vielmehr eine moralische Frage, und dort versagt die AfD auf ganzer Linie. Sie weiß um den Holocaust und verharmlost ihn, zieht sich aus der Verantwortung und stellt sich damit ganz nah an die Tradition der ursprünglichen Täter. Da braucht es keine Aufklärung, da braucht es Ausschluss, denn unwissend ist da niemand.