Landfrauenpräsidentin über Frauenquoten: „Wir können das einfach auch“
Petra Bentkämper sitzt in der Zukunftskommission Landwirtschaft – neben Bauernpräsident Rukwied. Was unterscheidet beide?
taz: Frau Bentkämper, Sie fordern eine Frauenquote für den Deutschen Bauernverband – wie kommt das an?
Petra Bentkämper: Das war ungefähr das erste, womit ich mich aus dem Fenster gelehnt habe…
…als Sie vor knapp zwei Jahren Präsidentin des Landfrauenverbandes wurden…
59 Jahre, ist seit 2019 Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbands mit knapp 500.000 Mitgliedern. Die ausgebildete Industriekauffrau und Agrarbürofachfrau bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb in Bielefeld. Mittlerweile ist sie nur noch selten im Stall. „Mein Ehrenamt gibt das nicht her“, sagt sie.
…und heute höre ich: Meinst Du nicht, dass es jetzt mal gut ist? Aber ich muss dran bleiben. Joachim Rukwied, der Bauernpräsident, sagt zwar, dass sein Verband jünger und weiblicher werden soll. Aber die meisten Gremien sind noch immer Männerclubs, bisher steht bei keinem der Landesverbände eine Frau an der Spitze.
Es heißt, es gebe keine qualifizierten Kandidatinnen?
Das stimmt wirklich nicht. Aber es reicht eben nicht, nur zu sagen, die Türen stünden offen. Wer mehr Frauen dabei haben will, muss eingefahrene Verbandsrituale ändern, auch Sitzungstermine überdenken, sich zum Beispiel erst treffen, wenn die Kinder im Bett sind.
Sie sitzen auch in der von der Regierung berufenen Zukunftskommission Landwirtschaft, die Brücken bauen soll zwischen den Bauern und den Naturschützern, dem Handel sowie den Verbrauchern. Was sind da Ihre Ideen?
Vor zwanzig Jahren konnten Sie von 60 Kühen eine Familie ernähren. Das ist heute undenkbar. Ich befürchte, dass wir nicht alle kleinen Betriebe werden halten können. Aber es muss uns gelingen, Vielfalt in der Landwirtschaft in Deutschland zu erhalten. Die Landwirtschaft hat zu lange versucht, sich weg zu ducken, die Menschen, die mehr Tierwohl, mehr Umweltschutz wollen, nicht ernst genug genommen. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir umdenken müssen, damit Landwirtschaft eine Zukunft hat. Da sind sich in der Kommission allerdings alle einig.
Was heißt das für den Insektenschutz in der Landwirtschaft?
Dass wir derzeit Millimeter für Millimeter miteinander ringen und uns in kleinen Arbeitsgruppen dazu austauschen. Da sitzen Landwirte, die sagen: Wir wissen nicht mehr weiter, der Klimawandel, der Preisdruck. Da sitzen aber auch Menschen, die mit Leib und Seele dafür kämpfen, dass unsere Natur wieder intakt kommt. Ich habe gelernt, die andere Seite zu sehen.
Tier- und Umweltschutzverbände der Zukunftskommission Landwirtschaft haben bei der Vorstellung ihres Zwischenberichts am Dienstag darauf gedrungen, die Bereiche Klimaschutz und Tierwohl in den Vordergrund zu rücken. Der Deutsche Bauernverband kritisierte „unrealistische Maximalforderungen“ einiger Organisationen. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission arbeitet seit vergangenem Herbst. Die rund 30 Kommissionsmitglieder aus Landwirtschaft, Wirtschaft und Verbraucher, Umwelt und Tierschutz sowie Wissenschaft sollen die Politik bei einer gemeinsamen Strategie für eine zukunftsfähige und gesellschaftlich breit akzeptierte Landwirtschaft beraten. (afp)
Die andere Seite sehen – können Frauen das besser?
Sie versetzen sich vielleicht eher in die Lage der anderen. Auf den Höfen sind es auch oft die Frauen, die neue Ideen entwickeln. Sie sind offener für Neues. Und diplomatischer. Die Mischung ist entscheidend, sie verändert den Tonfall sofort.
Warum gibt es überhaupt einen Landfrauen- und einen Bauernverband?
Wir haben eine unterschiedliche Historie und durchaus verschiedene Ziele, eine andere Bandbreite an Themen. Einer unserer Schwerpunkte ist zur Zeit, die Demokratie im ländlichen Raum zu stärken. Wir haben gerade einen Ratgeber dazu veröffentlicht: Wie wehre ich mich gegen rechtsextreme Parolen, wie umgehen mit Populismus, wie entwickele ich eine Haltung gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit. Das ist keine leichte Kost.
Und es ist auch nicht mit einem Ratgeber getan, oder?.
Darum arbeiten wir jetzt daran, wie wir bundesweit Frauen in Dörfern stärken können, auch Grenzen zu ziehen. Dafür braucht man Gesprächstechniken. Wir werden für die Landfrauen Trainings dazu anbieten. Ich kann zum Beispiel entscheiden, dass ich die AfD nicht zum Kreislandfrauentag einlade, auch wenn deren Abgeordnete demokratisch gewählt sind.
Das Bild von Landfrauen, die Rezepte austauschen, leckeren Kuchen backen und schöne Hofgärten pflegen, hat mit Ihrer Arbeit nicht mehr viel zu tun?
Es gab sogar Zeiten, da drehten die Frauen ab, wenn jemand das Kuchenbacken nur erwähnt hat. Mittlerweile sagen wir, wir haben diese Alltagskompetenzen. Wir können das einfach auch.
Wann werden Sie Präsidentin des Bauernverbandes?
Das ist nicht mein Weg. Der Verband soll ja auch jünger werden, Herr Rukwied und ich sind ein Alter.
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