Landesparteitag der Linken in Hamburg: Wie zahm darf’s sein?
Die Hamburger Linke hat zwei neue SprecherInnen. Beide stehen für einen klaren Oppositionskurs. Wie weit links soll Die Linke stehen?
Gleich beide Landessprecher*innenposten standen am Wochenende zur Wahl. Olga Fritzsche und David Stoop, die den Posten innehatten, waren im Februar in die Bürgerschaft eingezogen und kandidierten nicht mehr. Denn noch immer gilt bei den Linken: Es darf keine Postenüberschneidung geben, die Landesführung kontrolliert die Fraktion. Und das wird eine der zentralen künftigen Aufgaben für Nastić und Taheri.
Nastić sitzt seit 2017 mit einem Mandat über die Landesliste im Bundestag. Zuvor war sie vor allem auf Bezirksebene in Eimsbüttel aktiv. Taheri dagegen ist, vor allem außerhalb der Partei, noch ein unbekanntes Blatt. Er hat ein Möbelgeschäft und sitzt seit ein paar Jahren in der Bezirksversammlung Nord.
Ihr im Vergleich zu 2016 schwächeres Abschneiden beim Landesparteitag am Sonntag ist für Nastić „keine große Überraschung“. Schließlich seien klare innerparteiliche Wahlergebnisse in der vergangenen Zeit selten gewesen. Zur Bürgerschaftswahl im Februar dieses Jahres wählten die Mitglieder auch Cansu Özdemir, David Stoop und Sabine Boeddinghaus nur knapp an die Spitze der Liste – jeweils mit gerade einmal 60 Prozent.
Keyvan Taheri, Neuer Landessprecher
Mit Nastić und Taheri stehen zwei Linke an der Landesparteispitze, die für einen klaren Oppositionskurs der Partei stehen. Umstritten ist in der Partei jedoch, ob sie sich zu sehr auf die parlamentarische Arbeit konzentriert. So steht Andreas Grünwald, der sich ebenfalls um den Posten des Landessprechers beworben hatte, für einen klaren Fokus auf die außerparlamentarische Arbeit.
„Die Vorstellung, allein mit parlamentarischer Arbeit Verbesserungen zu erreichen, ist ein Irrtum“, teilte er in seinem Bewerbungsschreiben mit. Das lässt sich durchaus als Kritik an der Fraktion lesen. Denn auch manch andere Genoss*innen halten die Fraktion mitunter für zu zahm.
Genau von dort, besonders vom Bürgerschaftsabgeordneten Norbert Hackbusch, wurde wiederum während des Parteitags denn auch Kritik an Grünwald laut. Taheri wiederum, der sich gegen Grünwald durchsetzte, will so weit nicht gehen. „Wir brauchen beides: eine klare Oppositionspolitik und die aktive Beteiligung in Initiativen auf der Straße.“
Auch Nastić hält sich zurück: „Wir wollen eng und harmonisch mit der Bürgerschaftsfraktion zusammenarbeiten.“ Gleichzeitig hat sie sich im Bundestag nicht als besonders zahme Oppositionspolitikerin gezeigt: Im Frühjahr hatten sie und sieben weitere Abgeordnete Anzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel erstattet, weil diese den Angriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani durch eine US-Drohne nicht unterbunden hat. Sowohl die Partei- als auch die Fraktionsspitze im Bund distanzierten sich.
In parlamentarischer Hinsicht wird sich die Partei in den kommenden Monaten vor allem um die Bundestagswahl im kommenden Herbst kümmern müssen. Dort will Nastić, das hat sie bereits erklärt, unbedingt wieder einziehen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?