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Landesparteitag der Berliner LinkenDie Linke macht Ernst

Beim Parteitag am Wochenende will die Linke nichts weniger als die Enteignung der großen Immobilienkonzerne auf den Weg bringen.

Stellt sich am Samstag zur Wiederwahl: Die Berliner Linken-Parteichefin Katina Schubert Foto: picture alliance / Maurizio Gambarini/dpa

Geht es nach der Anzahl der Anträge, wird ein Thema den Landesparteitag der Berliner Linken an diesem Wochenende in Adlershof dominieren: die Enteignung der Deutschen Wohnen und aller Wohnungskonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin. Gleich drei Bezirksverbände fordern die Unterstützung für das ab nächstem Frühjahr geplante Volksbegehren, das, so formulieren es die Genossen aus Spandau, schon jetzt „Neugier und Vorfreude unter den Mitgliedern“ erzeuge.

Der Landesvorstand hat sich dieses Bedürfnisses der Basis angenommen und fordert selbst nicht nur eine Unterstützung der Unterschriftensammlung, sondern das aktive Einbringen in die Arbeit der Initiative. Das Volksbegehren bringe die „Wut und Entschlossenheit“ der BerlinerInnen zum Ausdruck und ist ein „wichtiger gesellschaftlicher Impuls“, heißt es in dem Antrag.

Parteichefin Katina Schubert, die sich am Samstag ohne GegenkandidatIn zur Wiederwahl stellen wird, rechnet mit „immenser Zustimmung“ für die Forderung auf dem Parteitag. Ihr zufolge solle die Partei konzeptionell daran mitarbeiten, wie ein Gesetz zur Vergesellschaftung nach Artikel 15 Grundgesetz aussehen könne – ein einmaliges Vorhaben in der Geschichte der Bundesrepublik.

Schubert hatte 2016 die Nachfolge von Klaus Lederer an der Spitze der Berliner Linken angetreten und spricht von „zwei erfolgreichen Jahren“. Die Partei habe „trotz oder wegen der Regierungsbeteiligung ihr stadtpolitisches Profil schärfen können“, so ihre Überzeugung.

Der Leitantrag der Parteiführung fordert eine „solidarische Stadtpolitik“. Gemeint ist damit sowohl die Rekommunalisierung von Wohnungen, Grund und Boden als auch eine Stadt, die ein „sicherer Hafen“ für Geflüchtete ist. Als konkrete sozialpolitische Forderung steht die Erhöhung des Landes-Mindestlohns auf 12,63 Euro in dem Papier.

Ein Wink in Richtung Wagenknecht

Allzu kontrovers dürfte die Debatte nicht werden; auch bei Partei-Linken stößt der Antrag auf Zustimmung. So spricht Katalin Gennburg, stadtentwicklungspoltische Sprecherin der Fraktion, anerkennend davon, dass sich die Partei „aus der Regierung heraus radikalisiert“. Die Ausrichtung in Richtung einer sozialen Einwanderungsgesellschaft sei „auch angesichts der Alleingänge einer Vorsitzenden der Bundestagsfraktion keine Kleinigkeit“, so Gennburg mit Wink in Richtung Sahra Wagenknecht.

Parteichefin Katina Schubert rechnet mit immenser Zustimmung

Parteichefin Schubert kündigte an, den Beitritt Berlins zum Netzwerk „Solidarity Cities“ voranzutreiben. Ein entsprechender Antrag liegt seit Monaten in der Senatskanzlei. Nun solle per Parlamentsantrag Druck gemacht werden, um dem Bund aus 14 europäischen Städten beizutreten, der bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen vorangehen will.

Schuberts Wiederwahl darf ebenso wie jene des Landesgeschäftsführers Sebastian Koch als sicher gelten. Neu gewählt wird auch der Landesvorstand, aus dem 9 von 20 bisherigen Mitgliedern nicht erneut kandieren. Als neuer stellvertretender Vorsitzender bewirbt sich der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser.

Seine Motivation ist es, so Meiser gegenüber der taz, die Linke „über alle inhaltlichen Differenzen hinweg gemeinsam zu stärken, statt sie öffentlich schlecht zu reden“. Einsetzen wolle er sich insbesondere dafür, dass die Partei im „Kampf um gute Arbeit“ auf die Umsetzung des Koalitionsvertrages dränge.

Auf den Vertrag setzt die Partei auch beim Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz. Jeglichen Verschärfungen, wie sie derzeit vor allem die SPD diskutiert, erteilt der Landesvorstand eine Absage. Berlin dürfe nicht anderen Ländern mit „sinnlosen, neuen Grundrechts­eingriffen“ folgen. Abgelehnt werden „insbesondere die immer umfassenderen Überwachungskompetenzen“.

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1 Kommentar

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  • Na, bei der Überschrift dachte ich schon: "Was ist denn mit der taz los?"



    Sie berichtet darüber, dass die LINKE sich tatsächlich um ein Problem kümmert, dass die Menschen wirklich interessiert anstatt wie sonst üblich über die böse, böse Wagenknecht und ihre lieben, armen, geschändeten Kritikern.

    Aber im Verlaufe des Artikels kommt dann doch wieder alles wieder ins Lot.



    Interessant ist dabei allerdings, dass die Kritiker von Wagenknechts Äußerungen innerhalb der Flüchtlingspolitik jetzt als "Parteilinke" bezeichnet werden. Früher alt die Einteilung "Wagenknecht-fundamentalistisch-kommunistisch" und "Bartsch-reformistisch-Realpolitiker". Angesischts einer offenbar immer komplizierter werdenden Welt, auch für tazler, wird jetzt wieder auf links und rechts zurückgegriffen, was dann eine Formulierung bedingt, dass doch tatsächlich auch "Linke" in der Partei für Enteignungen sind. (Offenbar verwunderlich für die taz, wo doch sonst der Ruf nach Vergesellschaftung der Produktionsmittel und von Grund und Boden offenbar nach taz-Meinung nur von der Rechten gefordert wurde.)

    Inhaltlich bin leider zu wenig bewandert, um den Antrag der Enteignung zu beurteilen, aber alleine schon, dass sowas gefordert wird, zeigt imo, dass sich da etwas tut, was wirklich gesellschaftlichen Fortschritt mit Verbesserungen für die Menschen geben könnte.