LSBTIQ+ Aktionsplan vorgestellt: Den Regenbogen stärker machen
Bei der Auftaktveranstaltung zum „Berliner LSBTIQ+ Aktionsplan 2023“ wird dieser gefeiert. Und einige der insgesamt 340 Maßnahmen vorgestellt.
Bei dem Aktionsplan geht es um Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Mit diesem Maßnahmenkatalog sollen alle in Berlin lebenden Menschen, „unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrem Geschlechtsausdruck die Chance auf gleichberechtigte gesellschaftliche und demokratische Teilhabe“ erhalten.
Max Landero, Staatssekretär für Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, würdigt die Rolle, die die Vorgängerregierung in der Realisierung des Aktionsplanes spielte. Passenderweise sitzt Klaus Lederer von der Linken im Publikum, „einer der Gründungsväter“, wie Landero ihn bezeichnet. Der ehemalige Kultursenator ist heute queerpolitischer Sprecher der Linken und deshalb eingeladen. Mit ihm im Kinosaal der Eventlocation in Prenzlauer Berg versammelt sind Vertreter:innen der queeren Community, von Projekten und Vereinen, aber auch Mitarbeitende der zuständigen Senatsverwaltungen und Kommunalpolitiker:innen.
Die Auftaktveranstaltung dient gewissermaßen der Selbstbestätigung. Sie soll den Rahmen bieten, um den Aktionsplan zu reflektieren, sich bei allen Beteiligten zu bedanken, natürlich das Ergebnis zu feiern, sich zu vernetzen und über die Umsetzung zu sprechen – Letzteres bei Sekt, Saft und Häppchen. Beim Empfang wird deutlich: Man kennt sich, und ist längst im Gespräch, die Berliner queeren Projekte sind gut vernetzt.
Dritte aktualisierte und erweiterte Auflage
Der Aktionsplan 2023 ist die dritte aktualisierte und erweiterte Auflage des LSBTIQ+ Aktionsplans, den der Senat im Jahr 2010 erstmals beschlossen hat – damals bundesweit einmalig. Inzwischen haben andere Bundesländern nachgezogen; demnächst wird das sogar Bayern tun. 2019 wurde der Plan in zweiter Auflage mit 92 Maßnahmen und zahlreichen Untermaßnahmen erneut verabschiedet.
Nun also die dritte Auflage mit „mehr Maßnahmen als je zuvor“, betont Kiziltepe. Mit dem Aktionsplan solle die „Regenbogenhauptstadt Berlin als weltoffene Metropole und pulsierende Großstadt weiter gestärkt werden“. Deshalb finden sich insgesamt 340 (!) Maßnahmen in einem 61 Seiten starken Papier beziehungsweise PDF. Diese Maßnahmen „in 11 queerpolitischen Handlungsfeldern“ stellen, so formuliert es Kiziltepe, „Richtlinien der Regierungspolitik“ dar.
Aber was bedeutet das konkret? Das machen einzelne Beispiele aus dem schier überbordenden Katalog deutlich. Da ist zum Beispiel Maßnahme 127 aus dem Bereich „Altern und Pflege“. Die für LSBTIQ+ Belange und Soziales zuständige Senatsverwaltung, heißt es dort, „geht auf die Bezirke zu und regt an, in den Publikationen, die sich an die ältere Bevölkerung richten, auch berlinweit ausgerichtete Informationen zu Angeboten für queere Senior*innen grundsätzlich aufzunehmen, um diese insbesondere in den Außenbezirken breiter bekannt zu machen“.
Sperrig klingt so etwas – typisch Verwaltung eben, könnte man meinen. Aber diese Zeilen sind, wie der gesamte Aktionsplan, das Ergebnis eines langen Prozesses von anderthalb Jahren voller Abstimmungen, wie immer wieder von verschiedener Seite betont wird.
Ein Plan für die Zukunft
Andere Einzelmaßnahmen decken die Bereiche „Gesundheit“, „Bildung, Jugend und Familie“ oder „Prekäre Lebenslagen und Wohnungslosigkeit“ ab. Dass Themen wie Armut und Einsamkeit in so einem Maßnahmenkatalog eine Rolle spielen, ist neu.
Vanessa Krah, Queerbeauftragte des Bezirks Marzahn-Hellersdorf
Das gilt auch für die verstärkte Aufmerksamkeit, die auf die Außenbezirke gelenkt werden soll. Denn auch dort leben queere Menschen – und nicht nur in den szenerelevanten Innenstadtbezirken. Vanessa Krah, Queerbeauftragte des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, begrüßt das Ansinnen auf einem Panel über LSBTIQ+ Personen in prekären Lebenslagen, und sie berichtet von den Bedarfen queerer Menschen in ihrem Bezirk: Dort gebe es kaum entsprechende Angebote und Treffpunkte, sagt sie, das müsse geändert werden. „Wir haben ein Problem mit der Sichtbarkeit.“ Der Aktionsplan, so ihre Hoffnung und die von vielen im Saal, könnte das ändern.
„Nicht heute oder morgen werden wir alles umsetzen können“, sagt Lydia Malmedie, die das Ganze koordiniert hat, bei der Vorstellung des Aktionsplans. „Das ist ein Plan für die Zukunft, für die kommenden Jahre.“
Und was meint Ed Greve vom Migrationsrat Berlin? „Das ist am Ende ein bisschen wie beim Tauziehen“, sagt er der taz. „Die Bildungsverwaltung will zum Beispiel in einer Maßnahme alle Erzieher:innen und Lehrer:innen fürs LSBTIQ+Thema sensibilisieren. Aber das macht sie ja nicht selbst, dafür braucht die Verwaltung Träger wie uns, die vom Senat beauftragt mit Workshops zum Beispiel an Schulen gehen.“ Das sei am Ende auch eine Frage des Geldes, sagt er – und macht sich auf zum Buffet.
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