LNG-Lieferungen nach Europa: Vor Spanien stauen sich die Tanker

Schiffe mit Flüssiggas können ihre Ladung nicht an Land bringen. Die Speicher an Land sind fast vollständig gefüllt.

Gasspeicher und ein Gastanker in der Dämmerung

Gasspeicher im Hafen von Bilbao, Archivbild vom 10. März 2022 Foto: Vincent West/reuters

MADRID taz | Rund ein Dutzend Tanker mit Flüssiggas liegen derzeit vor Spaniens Atlantikküste unweit der andalusischen Hafenstadt Cádiz vor Anker. Andere kreuzen weiter draußen auf dem Meer. Wieder andere liegen jenseits der Meerenge von Gibraltar an der Einfahrt zum Mittelmeer. Sie finden keinen Anlegeplatz, um ihre Ladung zu löschen.

Andere europäische Länder anzulaufen, ist nur bedingt eine Lösung. 6 der 23 Anlagen in der Europäischen Union zur Umwandlung von Flüssiggas zu normalem Gas für Endverbraucher stehen in Spanien. Sie decken rund 40 Prozent der europäischen Kapazität. Doch Spanien weiß nicht so recht, wohin mit noch mehr Gas. In den vergangenen Monaten sind so viele Flüssiggasschiffe in Spanien angekommen wie noch nie. Von Januar bis Ende September wurden in Spanien mehr als 250 Riesentanker gelöscht, so viele wie im gesamten Vorjahr.

Die spanischen Speicher – mit die größten in Europa – sind zu 93 Prozent gefüllt. Und die Iberische Halbinsel ist nur dürftig an das europäische Gasnetz angeschlossen. Trotz des Staus sind weitere Gastanker auf dem Weg, vor allem aus den USA nach Europa. Von den über 260 Gas­tankern, die derzeit auf den Weltmeeren unterwegs sind, befinden sich rund ein Fünftel in der Nähe von Europa. Spanien wurde zum Flaschenhals.

Der Markt hat sich geändert. Der eindeutige Gewinner der durch den Ukraine-Krieg verursachten Energiekrise sind die USA mit ihren Flüssiggaslieferungen, die zu einem nicht unerheblichen Teil das Gas aus Russland ersetzen. Europa hat im ersten halben Jahr fast dreimal so viel Flüssiggas aus den USA importiert wie vor dem Ukraine-Krieg.

Europa zahlt so gut wie sonst keiner

Auch in Spanien sind die USA mittlerweile Marktführer. Noch vor wenigen Monaten kam der Großteil des Gases in Spanien per Pipelines aus Algerien. Doch aufgrund diplomatischer Probleme zwischen Madrid und Algier hat sich das geändert. Die Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez erkannte überraschend die Souveränität Marokkos über die seit den 1970er Jahren besetzte ehemalige spanische Kolonie Westsahara an. Algerien unterstützt die dortige Befreiungsbewegung Polisario. Der Konflikt wirkt sich auf die Gaslieferungen aus.

„Europa hat gekauft, was nur irgendwie ging“, sagt die Professorin und Spezialistin für Energie an der Madrider Universität Comillas-Icai, Yolanda Moratilla. Dass die Schiffe vor Spanien Schlange stehen, statt andere Häfen etwa außerhalb Europas anzufahren, hat einen Grund. Europa zahlt so gut wie sonst keiner. Die Tanker nach Asien oder Afrika umzuleiten, würde Verluste bedeuten.

„Einige Schiffe könnten mit der Löschung gar bis zum Winter warten“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Samuel Good von Argus, einer der führenden Agenturen für Warenpreise. Laut Reuters will so manche Gesellschaft – selbst wenn sie jetzt einen Entladeplatz haben könnte – die Ladung nicht löschen. Denn in den vergangenen Wochen ist der Gaspreis um 28 Prozent eingebrochen und damit so niedrig wie seit Juni nicht mehr.

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