Kurzstudie zu Auswanderung wegen AfD: Goodbye (Ost-)Deutschland
Der Erfolg der AfD macht vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst und sie überlegen, ab- oder auszuwandern. Was heißt das für Ostdeutschland?
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„Die Studie zeigt, dass die AfD keine breite ideologische Unterstützung hat“, sagte die DeZIM-Forscherin und Leiterin des Bereichs Konsens und Konflikt, Sabrina Zajak, bei der Vorstellung der Ergebnisse am Freitag in Berlin.
Der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick ergänzte, die Studie zeige aber auch eine Spaltung in der Gesellschaft. AfD-Sympathisant:innen stimmten dem rechtsradikalen Konzept einer Massenumsiedlung im klaren Gegensatz zu allen anderen Gruppen mehrheitlich zu. Diese Stimmung erzeuge Angst.
Fast ein Viertel der Befragten mit Migrationshintergrund denkt darüber nach, Deutschland zu verlassen. Zehn Prozent haben sogar konkrete Pläne. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, das Bundesland zu verlassen, wenn die AfD in Regierungsverantwortung kommt. 12,5 Prozent von ihnen haben dazu auch konkrete Pläne. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei Befragten ohne Migrationshintergrund. Die Zahlen sind zwar geringer, aber auch unter ihnen denken Menschen über Aus- oder Abwanderung nach.
Ostdeutschland wird unter der Abwanderung leiden
Fast alle Befragten lehnen die Remigrationspläne der AfD ab und 60 Prozent geben an, Angst davor zu haben – unabhängig vom eigenen Herkunftsland. Die meisten schätzen die Partei als extremistisch, demokratiefeindlich und rassistisch ein.
Eter Hachmann vom Dachverband der Migrant:innenorganisationen in Ostdeutschland (DaMost e.V.) wies auch auf die wirtschaftlichen Folgen hin. „Was wir erleben werden, ist, dass der Osten weiter schrumpft. Und die Kosten dafür tragen die Älteren und Schwächeren, die nicht weg können. Das erwähnt die AfD nie“, sagte Hachmann.
Keine Forschungseinrichtung und kein Krankenhaus funktioniere ohne ausländische Fachkräfte, aber gerade diese gut gebildeten und mehrsprachigen Migrant:innen würden abwandern.
Um diesem Abwanderungstrend entgegen zu wirken, forderte Hachmann unter anderem ein Wahlrecht für alle: „Das thematisieren migrantische Communities seit Jahren. 12 Millionen Menschen in Deutschland dürfen nicht wählen.“ Außerdem wirbt sie für das Ende der Schuldenbremse. Sparpolitik kürze zuerst bei Sozialem, Bildung und Kultur. Aber das sei, was Migrant:innen eine Stimme gebe und wichtig für sie sei.
Mit dieser Einschätzung ist Hachmann nicht allein. Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher, warnte vor Kurzem vor den wirtschaftlichen Folgen in Ostdeutschland durch den Erfolg der AfD. In einem Interview sagte er der taz: „Nicht nur ausländische Fachkräfte und Unternehmen meiden diese Regionen, auch viele gut ausgebildete Deutsche wollen dort nicht leben und arbeiten, weil ihnen die Stimmung zu intolerant und rassistisch ist.“
Elisa Calzolari vom Migranetz Thüringen drängte zudem auf ein Demokratiefördergesetz. Es brauche „Ressourcen, um migrantische Strukturen zu stärken.“ Eigentlich hatten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag auf ein Demokratieförderungsgesetz geeinigt. Es soll dem Bund ermöglichen, zivilgesellschaftliche Initiativen längerfristig zu fördern und nicht nur kurzfristig und projektbezogen. Doch dieses Gesetzesvorhaben wird seit Monaten von der FDP im Bundestag blockiert.
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