Kurdische Bürgermeister freigelassen: Verhandlungen mit PKK-Führer
In der Türkei sind mehrere inhaftierte kurdische Bürgermeister freigelassen worden. Die Aktion erfolgte kurz vor neuen Gesprächen mit PKK-Führer Öcalan.
ISTANBUL afp | Die türkische Justiz hat am Dienstag mehrere inhaftierte kurdische Bürgermeister freigelassen. Die sechs Lokalpolitiker waren unter insgesamt zehn Untersuchungshäftlingen, die auf Beschluss eines Gerichts im südostanatolischen Diyarbakir das Gefängnis verlassen konnten, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
Die Freilassungen erfolgten kurz vor einem erwarteten Besuch mehrerer kurdischer Politiker bei dem inhaftierten Rebellenchef Abdullah Öcalan, der mit Ankara über ein Ende des Kurdenkonflikts verhandelt.
Die türkische Justiz geht seit Jahren gegen kurdische Aktivisten wegen Unterstützung von Öcalans verbotener Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor. Mehrere hundert Beschuldigte befinden sich teilweise seit Jahren in Untersuchungshaft.
Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will mit einem Reformpaket die Zahl der Fälle von Untersuchungshaft reduzieren. Unter den am Dienstag Freigelassenen waren die ehemaligen Bürgermeister der Städte Yenisehir, Sirnak, Hakkari, Batman, Dicle und Kiziltepe.
Der für die Kurdenfrage zuständige Vize-Regierungschef Besir Atalay erklärte, auf allen Seiten des Konflikts herrsche derzeit die Hoffnung auf eine Lösung. Öcalan verhandelt seit Dezember im Gefängnis Imrali bei Istanbul mit dem türkischen Geheimdienst über Wege zur Beilegung des Kurdenkonflikts, in dem seit 1984 mehr als 40.000 Menschen getötet wurden.
Laut Presseberichten könnte Öcalan den geplanten Besuch der Kurdenpolitiker in dieser Woche nutzen, um die PKK zu einer Waffenruhe aufzurufen.
Nach einer Umfrage unterstützen mehr als zwei Drittel der türkischen Wähler die Kurdenpolitik Erdogans. Es gibt aber auch Widerstand: Bei einem Besuch an der als Hochburg türkischer Nationalisten bekannten Schwarzmeerküste mussten Politiker der legalen Kurdenpartei BDP von der Polizei vor wütenden Demonstranten geschützt werden.
Nach Behördenangaben wurden bei Zusammenstößen zwischen Nationalisten und der Polizei 16 Menschen verletzt. Gegen 14 Kundgebungsteilnehmer werde ermittelt. Die Kurdenpolitiker warfen der Polizei vor, nicht energisch genug gegen die Menge eingeschritten zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück