Kundgebung zum Weltflüchtlingstag: Gegen Entrechtung und Rassismus

Migrant*innengruppen rufen zum Weltflüchtlingstag zu Solidarität auf. In Berlin versammeln sie sich am symbolträchtigen Oranienplatz.

Menschen tanzen auf dem Berliner Oranienplatz während eines Protestcamps gegen die deutsche Asylpolitik

Das Protestcamp am O-Platz in 2013. Der Ort der Hoffnung und des Widerstands lebt bis heute weiter Foto: Christian Mang

BERLIN taz | „Ich bin selbst Asylsuchende. Ich kämpfe zusammen mit den Asylsuchenden aber auch in Solidarität mit den Menschen, die von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hier in Deutschland betroffen sind“, sagt Napuli Langa. Mit ihrer Initiative „Wir sind O-Platz“ veranstaltet sie seit Freitag das Sommerfest „O-Platz lebt! You can’t evict a movement!“ auf dem Kreuzberger Oranienplatz – mit Aktionen, Diskussionen und Vernetzungsveranstaltungen.

Höhepunkt des Festes ist eine große Kundgebung am Dienstagabend ab 18 Uhr, zu der verschiedene Akteure der Geflüchteten- und Mi­gran­t*in­nen­be­we­gung zusammenkommen. Und dazu seien alle willkommen: „Wir müssen jetzt solidarisch sein. Was in Griechenland passiert ist oder gerade im Sudan passiert, ist schlimm. Aber wir dürfen nicht auf politische Ereignisse warten. Wir müssen uns organisieren und für Bewegungsfreiheit, die Rechte zu leben, zu arbeiten und zu studieren für alle einsetzen“, sagt Langa. „Und nicht nur die, die direkt von Rassismus und Entrechtung betroffen sind. Auch weiße Menschen mit deutschem Pass leiden unter den Folgen von Krieg und Vertreibung“, erklärt sie.

Neben Redebeiträgen von Gruppen wie International Women* Space, No Border Assembly und Sudan Uprising wird es ein musikalisches Programm und eine offene Bühne für spontane Rede- und Musikbeiträge geben. Die Kundgebung soll ein Aufruf zur Solidarität und ein Zeichen des Widerstands gegen die Entrechtung von geflüchteten und asylsuchenden Menschen sein.

Warum gerade am O-Platz? Der Oranienplatz ist seit mehr als elf Jahren ein symbolischer Ort für die Geflüchteten- und Mi­gran­t*in­nen­be­we­gung in Deutschland. Im Jahr 2012 endete hier ein tagelanger Marsch geflüchteter Menschen. Aus Würzburg hatten sie sich auf den Weg nach Berlin gemacht, um gegen ihre Entrechtung durch die deutsche Asylpolitik zu protestieren. Bei ihrer Ankunft besetzten sie gemeinsam mit Un­ter­stüt­ze­r*in­nen den Oranienplatz und erhielten ihn für eineinhalb Jahre als Camp.

Trotz Wortbruch des Senats: weitreichende politische Erfolge für die Bewegung

Ein politischer Kompromiss – mit dem Versprechen beschleunigter und wohlwollender Asylverfahren für die Be­set­ze­r*in­nen – führte zur Auflösung des Camps. Der Senat hielt seine Zusagen am Ende nicht ein – politisch gab es dennoch Erfolge. Beispielsweise wurden Essengutscheine abgeschafft, die damals bundesweit in Unterkünften für Geflüchtete üblich waren, stattdessen gab es nun Bargeld.

Und auch die weiterhin aktive Geflüchteten- und Mi­gran­t*in­nen­be­we­gung in Deutschland ist durchaus ein Erfolg der symbolisch eng mit dem Oranienplatz verbunden ist: „Die Bedeutung des O-Platzes für Menschen auf der Flucht kann nicht unterschätzt werden, denn er ist zu einem Ort der Solidarität, des Widerstands und der Hoffnung geworden“, schreibt die Initiative. Zwar habe sich die Struktur der Proteste weiterentwickelt und es seien verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten entstanden, jedoch hätten sie eines gemeinsam: „Sie sind weiterhin präsent und kämpfen gegen die Entrechtung durch den zunehmend autoritäreren deutschen Staat, das europäische Grenzregime und die tägliche rassistische Gewalt.“

Auch die Gruppe International Women* Space ist aus der Besetzung des O-Platzes entstanden. „Wir haben damals einen Safe Space für die Frauen in der Besetzung eingerichtet, einen eigenen Block“, beschreibt Jennifer Kamau die Entstehung. Mittlerweile haben sie sich zu einer festen Organisation entwickelt. „Wir geben Workshops, besuchen Frauen und Kinder in den Lagern in Brandenburg und versuchen die Perspektive der Frauen in die Öffentlichkeit zu tragen“, so Kamau. Der O-Platz sei der Startpunkt gewesen, die Arbeit gehe jedoch weiter, bis die Ungerechtigkeiten der deutschen Asylpolitik überwunden sind, sagt sie.

Besonderer Anlass der bevorstehenden Kundgebung ist der seit 2001 jährlich am 20. Juni stattfindende Weltflüchtlingstag, ausgerufen von den Vereinten Nationen.

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