Kundgebung für ukrainischen Pazifisten: Für gewaltfreie Verteidigung

Der Wissenschaftler Juri Scheliaschenko wird wegen Rechtfertigung der russischen Aggression angeklagt. Unterstützer demonstrieren in Berlin.

Eine mit Strickware bedeckte Kanone eines Panzer

Kanonen unbrauchbar machen Foto: dpa

BERLIN taz | Mit einer Schalmei eröffnete Lothar Eberhardt die Kundgebung am Montagvormittag vor der ukrainischen Botschaft in Berlin. Der langjährige Friedensaktivist und Pazifist ist seit Jahren aktiv in der Initiative „Freiheit für Ruslan Kotsaba“. Der christliche Pazifist war wegen seiner Weigerung, mit Waffen zu kämpfen, schon vor dem russischen Einmarsch von der ukrainischen Justiz angeklagt worden und lebt mittlerweile im Ausland. Am Montag setzten sich Eberhardt und seine Gruppe für den in Kiew lebenden Wissenschaftler Juri Scheliaschenko ein.

Am 3. August 2023 durchsuchten Angehörige des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes die Wohnung des Geschäftsführers der kleinen Ukrainischen Pazifistischen Bewegung, beschlagnahmten Computer und Telefone. Zudem wurde Scheliaschenko mitgeteilt, dass er wegen Rechtfertigung der russischen Aggression angeklagt wird. Für die kleine Gruppe von Pazifist*innen, die sich vor der Botschaft versammelt hat, ist dieser Anklagepunkt besonders empörend. „Pazifismus ist kein Verbrechen“ lautete eine der Parolen, die skandiert wurde.

In mehreren Redebeiträgen wurde betont, dass man sich gegen alle Kriege wende und als Pa­zi­fis­t*in­nen nicht bereit sei, mit der Waffe zu kämpfen. Eine junge Ukrainerin nahm eines der Flugblätter entgegen, betonte aber, dass sie für die Selbstverteidigung ihres Landes sei. Von den Teil­neh­me­r:in­nen der Kundgebung hieß es dagegen in Reaktion darauf, dass das auch das Anliegen von Juri Scheliaschenko sei. Dieser setze sich seit Jahren mit der Theorie und Praxis gewaltfreier Verteidigung auseinander. „Pazifismus heißt eben nicht, wehrlos zu sein“, so einer der Demonstranten.

In den Reden wurde der ukrainische Pazifist immer wieder mit seinem Vornamen Yurii genannt. „Das liegt auch daran, dass wir ihn hier in Berlin schon lange kennen, obwohl wir uns noch nie begegnet sind“, sagte einer der Pazifisten. Mitte Mai war Juri Scheliaschenko bei einer Veranstaltung in Berlin aus Kiew zugeschaltet, auf der zum Tag der Kriegs- und Mi­li­tär­dienst­ver­wei­ge­rer Pa­zi­fis­t*in­nen aus Russland, Belorussland und der Ukraine diskutierten. Scheliaschenko kann wie alle Männer im wehrfähigen Alter nicht aus der Ukraine ausreisen.

Adbusting-Aktion

„Asyl für Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rer*in­nen jetzt“ stand auch auf zahlreichen Plakaten, die am Wochenende in Berlin zu sehen waren. Es war eine Adbusting-Aktion, bei der herkömmliche Werbeplakate für die neue Botschaft umgestaltet wurden. Die verantwortliche Kommunikationsguerilla-Gruppe fordert, dass Kriegs­dienst­ver­wei­ge­re­r*in­nen aus Russland, der Ukraine und Belarus einfacher Asyl bekommen.

„Die meisten Werbemotive sind derart platt, dass man sie sich einfach mit einer anderen Forderung wie der nach Asyl aneignen kann“, so ein Spre­che­r der Aktionsgruppe. Außerdem findet sich auf allen Plakaten ein Link und ein QR-Code, der zur Homepage der Kriegsdienstverweigerungsorganisation Connection e. V. führt.

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