Kulturkampf von rechts: Nazis raus aus Bibliotheken

Die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin veröffentlicht eine Broschüre zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken.

Zerstörte Bücher, die sich mit rechter Thematik aber auch linken Themen beschäftigen, liegen in der Bezirkszentralbibliothek im Eva-Maria-Buch-Haus.

Rechte Angriffe auf Bibliotheken, wie hier in Tempelhof-Schönefeld, sind keine Seltenheit Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | Neonazis beschädigen in der Stadtbibliothek Tempelhof-Schöneberg Bücher, die sich kritisch mit Rechtsextremismus befassen und legen rechte Broschüren aus, in Grunewald brennt eine Bücherbox mit Literatur zur Judenverfolgung und die AfD versucht, mit parlamentarischen Anfragen Bibliotheken mit Lesungen von queeren Publikationen einzuschüchtern: „Das ist nicht nur Ausdruck eines allgemeinen Rechtsrucks, sondern eines gezielten rechten Kulturkampfes“, sagt Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) am Montag. „Bibliotheken sind dabei ein wichtiges Kampffeld.“

Um dem Phänomen zu begegnen, hat die MBR gemeinsam mit Menschen aus dem Bibliothekswesen eine 60-seitige Broschüre mit dem Titel „Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken“ erstellt, die am Montag in der Staatsbibliothek vorgestellt wurde. Neben Aufklärung zum Thema sind darin auch zahlreiche Praxistipps für Beschäftigte enthalten.

Bianca Klose, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin

„Bibliotheken sind ein wichtiges Kampffeld im Kulturkampf von rechts“

Denn die sind auf den rechten Kulturkampf oft nicht vorbereitet. In den vergangenen Jahren habe die MBR verstärkt Anfragen von Bibliotheken bekommen, sagt Klose. Dabei geht es um Fragen wie: Was tun bei Anfeindungen und Störungen von Veranstaltungen durch Rechtsextreme? Wie umgehen mit Anmietungen von Räumen? Aber auch: Können rechtsextreme Publikationen aus dem Bestand gestrichen werden oder ist das schon Zensur?

Denn die landen über Bestsellerlisten oft automatisch in den Bibliotheken. Oder „getarnt unter einem rechtskonservativen Anstrich“, wie bei dem Verleger Götz Kubitschek, prominenter Rechtsextremist und politischer Aktivist der Neuen Rechten. Deren zentrale Strategie sei es, „antidemokratische Inhalte vor allem über publizistische Inhalte in die Gesellschaft hineinzutragen und die Grenzen dessen zu verschieben, was gelesen und gesagt werden kann“, heißt es in der Broschüre.

Bibliotheken keine wertneutralen Orte

„Wichtig ist, den Kulturkampf von rechts überhaupt anzuerkennen“, sagt Klose. Und dann klar Haltung dagegen zu beziehen. Der erste Schritt sei dabei die Formulierung eines demokratischen Leitbildes. Denn Bibliotheken seien kein wertfreier Ort.

„Politische Neutralität bedeutet nicht Wertneutralität“, bekräftigt Cansel Kiziltepe, Senatorin für Antidiskriminierung bei der Vorstellung der Broschüre. „Bibliotheken sind Orte der gelebten Demokratie“, so die SPD-Politikerin. Und diese Orte müssten geschützt werden. Denn rechtsextremes Gedankengut nehme nicht nur im Internet immer mehr Raum ein. Auch in Bibliotheken, Schulen und Kultureinrichtungen würden rechtsextreme Kräfte versuchen, ihre menschenfeindlichen Ideen zu verbreiten. „Und immer häufiger bekommen sie dafür Unterstützung und Beifall.“

Der Leiter der Stadtbibliothek Tempelhof-Schöneberg, Boryano Rickum, kennt sich aus mit rechten Angriffen. Über Monate habe es dort Vorfälle gegeben, rechtsextreme Lesezeichen in Büchern, rechte Broschüren und Schmierereien. Anfangs habe man die Schäden lediglich beseitigt und zur Anzeige gebracht. Bis bei ihnen Bücher zerschnitten wurden. „Dann haben wir uns überlegt, wie wir die Intention der Täter, eine kritische Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus zu verhindern, ins Gegenteil verkehren können.“ Rickert und seine Kol­le­g*in­nen riefen eine Veranstaltungsreihe ins Leben, bei der die Au­to­r*in­nen der beschädigten Werke zu Wort kommen.

Für ihn ist klar, dass sich Bibliotheken strategisch auf den rechten Kulturkampf einstellen müssen. „Das ist kein Randphänomen, sondern wir haben ein rechtsextremes Problem in der Mitte der Gesellschaft.“

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