Kulturbranche verteidigt Peng-Kollektiv: Kunst ist kein Terror

Berlins LKA stuft seine Ermittlungen wegen einer antikolonialen Karte als Terrorabwehr ein. Künst­le­r*in­nen widersprechen in einem Offenen Brief.

Polizist begutachtet beschmiertes Bismarck-Denkmal

Terror? Really?

BERLIN taz | Das Kunst- und Politikkollektiv Peng, das zurzeit mit Ermittlungen des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) konfrontiert ist, erhält prominente Unterstützung aus der Kulturlandschaft. Am Dienstag richtete der Verein Die Vielen, ein Zusammenschluss aus Kulturinstitutionen aus ganz Deutschland, einen Offenen Brief an Berlins Senatoren für Inneres, Kultur und Justiz – überschrieben mit dem Titel: „Kunstfreiheit darf nicht auf die Terrorliste“.

Genau das war nämlich passiert. Aufgrund einer von Peng veröffentlichten und gemeinsam mit der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland gestalteten Webseite, die auf einer Karte Orte und Denkmäler mit kolonialer Vergangenheit zusammenträgt, hatte das Berliner Landeskriminalamt (LKA) Ermittlungen aufgenommen.

Mitte Juli wurden die Räume des Kollektivs sowie die Privatwohnungen zweier ihrer Mitglieder durchsucht. Es kam heraus, dass das LKA eine Meldung, die Peng für die Beschädigung einiger Kolonialdenkmäler verantwortlich macht, an das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern richtete. Die Ermittler sollen darum gebeten haben, Peng auf die bundesweite Terrorliste aufzunehmen, heißt es in dem Offenen Brief.

Dieses Vorgehen kritisieren die Un­ter­zeich­ne­r*in­nen des Solidaritätsschreibens nun vehement: „Wir erkennen hierin einen grenzüberschreitenden, beispiellosen Vorgang, der die Freiheit der Kunst gefährdet und Künst­le­r*in­nen mit extremistischen Gruppen wie etwa der Al-Nusra Front oder potenziellen NSU-Attentätern in Verbindung bringt und formal sogar gleichsetzt.“ Weiterhin heißt es, dass die Liste dazu dient, terroristische Personen und Organisationen mit restriktiven Maßnahmen bekämpfen zu können. Die Aufnahme von Künst­le­r*in­nen „erscheint nicht nur unverhältnismäßig, sie führt den Sinn und Zwecke der bundesweiten Liste zur Bekämpfung von Terrorismus völlig ad absurdum.“

Auch Berlin Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hält die Ermittlungen für übertrieben. Auf Anfrage der taz sagte er: „Die Einstufung als Terrorismus durch das LKA ist überzogen. Mit dem Innensenator habe ich darüber bereits gesprochen.“

Innensenator soll intervenieren

Dem Brief der Vielen haben sich unter anderem das Berliner Ensemble, die Berliner Festspiele, der Chaos Computer Club, der Friedrichstadtpalast und das Gorki angeschlossen. Sie schreiben: „Als Zivilgesellschaft werden wir immer wieder benennen, wenn die Exekutive ihr Gewaltmonopol entgegen der Gewaltenteilung etwa in der Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden missbraucht oder zumindest deutlich überzieht und dadurch Künst­le­r*in­nen zur Zielscheibe von demokratiefeindlichen, denunzierenden Bestrebungen und Vorverurteilungen werden.“

Gefordert wird, dass eine „fachliche Expertise“ zur Einordnung der künstlerischer Arbeit eingeholt wird, „bevor Künst­le­r*in­nen als Terroristen eingestuft werden“. Innensenator Andreas Geisel (SPD) wird aufgefordert, derartige Vorgänge „auszuschließen und das entsprechende Verfahren zu korrigieren“.

Das Peng-Kollektiv selbst teilte mit: „Das ist schon peinlich, wenn dem LKA handfeste Nazis entwischen und sie deshalb anfangen müssen, unsere Kuschelpopkunst in ihren Berichten an das Extremismus- und Terrorabwehrzentrum zu schreiben, damit sie kein leeres Blatt Papier abgeben.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.