Kultur-Investor in der Klemme: Wieder kein Gebot
Nach der gescheiterten Zwangsversteigerung seiner Riverkasematten wollte Klausmartin Kretschmer auch den Brandshof niemand abkaufen.
In den Saal vier des Harburger Amtsgerichts drängen sich Dienstagfrüh InteressentInnen, JournalistInnen und Neugierige aneinander. Gleich soll hier Klausmartin Kretschmers Brandshof unter den Hammer kommen. Doch bevor es dazu kommt, tritt Gert Baer von der Firma „Baer & Baer Consulting“ vor, der den Eigentümer Kretschmer vertritt, und will die Versteigerung im letzten Augenblick abwenden. Es habe sich ein Käufer gefunden, sagt er.
„Mit dem Verkauf anderer Immobilien sind die meisten Gläubiger nun ausbezahlt und zufrieden“, sagt er später auf taz-Anfrage. Kurz vor dem Versteigerungstermin ist beim Amtsgericht noch ein Antrag eingegangen, die Zwangsversteigerung abzublasen.
Doch nicht alle Gläubiger haben ihren Vollstreckungsantrag zurückgezogen. Der Antrag wird vom Gericht als unzulässig zurückgestellt. Eine Stellungnahme von Kretschmer zur überraschenden Wende war für die taz am Dienstag nicht zu bekommen.
Der denkmalgeschützte Gebäude-Komplex hat heute einen erheblichen Sanierungsstau, es bestehen nach wie vor Mietverträge. Das Mindestgebot liegt bei 1,77 Millionen Euro, der offizielle Verkehrswert der Immobilie bei 1,75 Millionen Euro.
Die Geschäftspraktiken des Immobilienbesitzers und Event-Manager Klausmartin Kretschmer sind verworren und schwer zu durchschauen. Er sorgt gerne mit spektakulären Immobilienkäufen für Aufsehen.
Die Riverkasematten kaufte er von der Stadt 2001. Die veranstaltete dort kurz nach dem Verkauf während des Kongresses "Hamburger Dialog" die prunkvolle und umstrittene "Media-Night" für Prominenz und Politik .
Die Rote Flora übernahm Kretschmer fast parallel für 370.000 Mark. Damit nahm der dem rot- grünen Senat vor dem Wahlkampf ein Problem ab, da die CDU die Räumung forderte.
Die Pläne zur Errichtung einer "Oberhafencity" mit Künstlermeile durch den Kauf des Brandshof 2008 - die historische Oberhafenkantine gehörte ihm schon - scheiterten schnell. Die Hafen City GmbH wollte ihm keine weiteren Areale am Klostertor verkaufen, weil sie ihm nicht traute.
Klausmartin Kretschmer, der selbst ernannte Kultur-Investor und offizieller Besitzer der Roten Flora wollte noch 2009 zwischen dem Brandshof und der Oberhafenkantine am Klostertor ein blühendes Künstlerquartier entstehen lassen.
Das Wohn- und Geschäftshaus mit der riesigen Lagerhalle aus den 1920er Jahren, das einmal die Reederei „Schlesische Dampfer-Compagnie Berliner Lloyd A.-G.“ beherbergte, sollte das Aushängeschild der neuen „Oberhafencity“ für die Kreativen werden. Doch Kretschmer und seine „Vitruv Verwaltungs GmbH“, die als offizieller Eigentümer des Brandshof läuft, sind in finanziellen Turbulenzen.
Als der Amtsrichter erklärt, dass die Immobilie im Grundbuch mit drei Millionen Euro Grundschuld und Nebenleistungen der Sparkasse Holstein belastet ist, ziehen die KaufinteressentInnen lange Gesichter. „Haben Sie alle verstanden, was das bedeutet“, fragt der Richter.
Eine junge Frau im Steppmantel schnappt sich die Mietverträge, die mit dem Gutachten zur Immobilie und dem Grundbuch zur Einsicht bereit liegen. Sie blättert die Verträge durch, fotografiert mit ihrem Smartphone Seite für Seite ab. Zu einem Gebot, dass automatisch weitere drei Millionen Euro an Kosten bedeutet, konnte auch sie sich nicht durchringen.
Ob die Vitruv tatsächlich die Grundschuld an die Sparkasse Holstein getilgt hat, wollte eine Sprecherin mit Hinweis auf das Bankgeheimnis nicht sagen.
Nicht nur mit dem Brandshof hat Kretschmer zurzeit Ärger. Auch sein Restaurant Riverkasematten zwischen Hafen- und Balduinstreppe auf St. Pauli steht zur Zwangsversteigerung. Ein erster Versuch scheiterte im Januar, weil niemand 800.000 Euro für ein Mindestangebot aufbringen wollte.
Kretschmer hatte die denkmalgeschützte Immobilie, in dessen Club-Katakomben in den 1950er Jahren Jazz-Größen wie Ella Fitzgerald, Duke Ellington, Louis Armstrong auftraten, 2001 von der Stadt gekauft. Auch für diesen Komplex existiert ein Sanierungsstau.
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