Kürzungen im Kulturhaushalt: Berliner Senat will sparen
Der Berliner Senat plant mit Kürzungen im Kulturetat. Nicht nur Theaterhäuser sind bedroht, sondern auch diejenigen, die Kunst als Ausgleich brauchen.
H arte Zeiten für Kunstliebende und Theaterfans: Der Berliner Senat hat enorme Kürzungen im Kulturhaushalt angekündigt. Im Raum steht eine Einsparung von etwa 10 Prozent. Wer wissen will, was diese Zahl wirtschaftlich und organisatorisch für die Berliner Bühnen bedeutet, kann das in der „Nachtkritik“ nachlesen. Das Theaterportal hat Stimmen der prägenden Berliner Bühnen dazu gesammelt.
Deutlich wird, dass die Kürzungen zu Lasten des Programms gehen. Weniger Aufführungen, weniger Neuproduktionen, weniger Angebot fürs Publikum. Je nachdem, wie die Kürzungen nun konkret aussehen werden, sind die Theater gezwungen, den Spielbetrieb einzuschränken. Manche befürchten, die Arbeit ganz einstellen zu müssen.
Kürzungen dieses Ausmaßes bedeuten auch für mich mehr berufliche Unsicherheit, weniger mögliche Aufträge und geringere Förderungen. Diese Aussichten nagen an meiner finanziellen Sicherheit, meiner künstlerischen Freiheit und Unabhängigkeit. Die Ausführungen der Theaterhäuser zeigen mir jedoch: Ich bin – wie viele – von den Kürzungen doppelt betroffen. Als Künstlerin und als Zuschauerin.
Theater hat auch ganz privat eine besondere Bedeutung für mich. Ich bin auch – vielleicht sogar meistens – Publikum. Und bei all den beruflichen Sorgen kommt meine Publikumsperspektive häufig zu kurz. Theater ist wichtig für meine Freizeitgestaltung und mein Wohlbefinden.
Kultur, die Retterin in der Not
Ich verstehe, dass Kunst, bei allen Nöten im sozialen und im Gesundheitsbereich, eher als Luxus angesehen wird. Doch die Kultur war mir schon oft Retterin in der Not. Wenn mir als Studentin im beschaulichen Hildesheim alles etwas zu eng und vertraut wurde, oder wenn mir Inspiration und Antrieb für das Studium fehlten, wusste ich: Ich muss nach Berlin.
Ich nannte diese Wochenenden Theater-Tanken. Aus den Spielplänen stellte ich mir mein ganz persönliches Festival zusammen. Dabei habe ich einen Sport daraus gemacht, möglichst viel Theater, in möglichst wenig Zeit zu packen.
Der Tag beginnt mit einer Matinee, Kindertheater am Nachmittag und für den Abend am besten in ein Haus, an dem man zwei Inszenierungen hintereinander schauen kann. Das war oft am HAU möglich und ich erinnere mich an lange Abende an der Volksbühne: Erst einen Pollesch und danach Gob Squad.
Das „Life“ in der Work-Life-Balance
Als ich einige Jahre später in die Hauptstadt gezogen bin und noch nicht so viele Menschen kannte, bewahrten mich vor allem die Berliner Museen vor Einsamkeit. Heute besuche ich Konzerte, immer wenn mir der Alltag zu viel wird und ich nicht weiß, wie ich abschalten kann. Bei Liebeskummer tröstet mich das Schauspiel. Ich denke, ich gehe häufig ins Theater, um mich zu spüren.
Um herauszufinden, wer ich bin und wer die anderen sind und wie wir zueinander stehen. Dabei kann ich einiges an Reibung aushalten, für das ich draußen keinen Nerv habe. Das Surren der Scheinwerfer beruhigt mich.
Die angekündigten Kürzungen gehen zu Lasten von uns – dem Publikum. Als Zuschauerin werde ich weniger Angebot und weniger Vielfalt haben. Ich werde Produktionen sehen, die unter großem Zeit- und Konkurrenzdruck entstanden sind. Das wird uns einige magische Momente kosten. Einiges an Trost und Freude wird ausbleiben. Dabei können wir genau davon in Krisenzeiten besonders viel gebrauchen. Kunst und Kultur sind für viele vollkommen unterschiedliche Menschen das „Life“ in der Work-Life-Balance. Darum: Wer Kunst kürzt, kürzt Lebensqualität.
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