Künftiger CDU-Chef Friedrich Merz: Gefährliche Projektionsfläche

Die Aufgaben, die vor Merz liegen, sind gewaltig. Wenn er floppt, könnte es mit dem Hype schnell vorbei sein.

Friedrich Merz im Gespräch

Friedrich Merz soll am Samstag auf dem Parteitag zum Bundesvorsitzenden der CDU gewählt werden Foto: Michael Kappele/ dpa

Friedrich Merz wird an diesem Samstag mit einem guten Ergebnis zum CDU-Chef gewählt werden, vermutlich sogar mit einem sehr guten. Die allermeisten Parteitagsdelegierten werden sich an das Votum der Mitglieder halten, und die hatten sich klar für den Sauerländer ausgesprochen. Damit wird die Fallhöhe für Merz weiter steigen – und sie liegt ohnehin ziemlich hoch.

Jahrelang haben ihn seine An­hän­ge­r:in­nen zu einer Art Heilsbringer stilisiert, der die CDU zu alter Klarheit und Stärke bringen kann – wobei es die ersehnte alte Klarheit in Wahrheit nie gab. Merz war auch immer eine Projektionsfläche – auch für seine Geg­ne­r:in­nen. Doch selbst die setzen jetzt Hoffnungen in den neuen Parteichef: dass nun, da Merz es im dritten Anlauf geschafft hat, seine An­hän­ge­r:in­nen endlich Ruhe geben. Und dass Merz sein Versprechen einlöst, Parteichef aller Christ­de­mo­kra­t:in­nen zu sein – und nicht nur seiner wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Fans.

Doch jetzt muss er liefern – und der Realitätsabgleich könnte ernüchternd ausfallen. Denn die Herausforderungen, vor denen der neue Parteichef steht, sind gigantisch. Er muss die Partei inhaltlich neu aufstellen und sie strukturell modernisieren. Er muss die Flügel einen und der CDU ein neues Image verpassen – weg von der zerstrittenen Altherrenpartei. Dabei steht unmittelbar ein neuer Konflikt an: um den Fraktionsvorsitz, den Amtsinhaber Ralph Brinkhaus behalten will. Und natürlich wird Markus Söder mit Blick auf die Landtagswahl im kommenden Jahr in Bayern vor allem seine eigene Profilierung und die CSU im Blick haben.

In der CDU wird jetzt stets betont, dass man auch wegen der Größe der Herausforderungen ein Team aufstellen will. Doch als Teamplayer ist Merz bislang nicht bekannt. Ob er auch anders kann, wird er unter Beweis stellen müssen.

Nagelprobe Landtagswahlen

Die erste Nagelprobe werden die drei Landtagswahlen im Frühjahr sein – allen Umfragen nach ist es völlig offen, ob die CDU die Ministerpräsidentenposten im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen wird verteidigen können. Sollte das – besonders in Merz’ eigenem Bundesland NRW – schiefgehen, wird das auch dem neuen Parteichef angekreidet werden. Wahlerfolge sind eben das, mit dem erfolgreiche Parteipolitik gemessen wird. Schlimmstenfalls könnte die Union sogar ihren Einfluss im Bundesrat verlieren. Merz wäre dann für einen weiteren Bedeutungsverlust seiner Partei mitverantwortlich.

Die Begeisterung für den neuen Parteichef könnte der Ernüchterung weichen und mancher Anhänger dann die Überhöhung des alten Idols verfluchen. Aus großer Höhe kann man eben auch leicht abstürzen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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